Die Zukunft des Wohnungsbaus auf Mallorca: Kleiner, flexibler, höher

Die konservative Landesregierung hat ihr Maßnahmenpaket gegen die Wohnungsnot im Detail vorgestellt. Es sieht mehr Freiheiten bei den Bauvorschriften vor – aber nur dann, wenn gleichzeitig Kauf- und Mietpreise gedeckelt sind

Neue Wohnungen im Nobelviertel Son Vida.

Neue Wohnungen im Nobelviertel Son Vida. / Nele Bendgens

Die Mission lautet: neuen Wohnraum schaffen, der bezahlbar ist, ohne zusätzliche Fläche auf Mallorca oder den anderen Inseln zu zersiedeln oder die Immobilienspekulation zu befördern. Nach der Debatte um die Wohnungsnot auf den Inseln, die vor allem im Vorfeld der Regionalwahlen im Mai hohe Wellen geschlagen hatte, tritt nun die neue, konservative Landesregierung mit einem Lösungsvorschlag an. Er lautet: Wir geben mehr Spielraum bei den Bauvorschriften, erlauben auch kleinere Wohneinheiten oder zusätzliche Stockwerke – aber nur dann, wenn im Gegenzug die Preise für die neuen Wohnungen auch bezahlbar sind.

Es ist eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik auf den Inseln, nachdem die Linksregierung in den vergangenen acht Jahren vor allem auf den staatlichen Wohnungsbau gesetzt hatte. Es entstanden moderne, nachhaltige und architektonisch ausgezeichnete Gebäude – allerdings sehr langsam und viel zu wenige, um die weiter zunehmende Wohnungsnot effektiv zu lindern.

Eng mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten

Den neuen Ansatz haben nun die balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens und Wohnungsministerin Marta Vidal bei einem Treffen mit Vertretern der Bau- und Bauträgerbranche am Dienstag (5.9.) im Regierungssitz Consolat de Mar im Detail vorgestellt. Man wolle eng mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten, so Politikerin Prohens von der Volkspartei (PP), die sich damit vom öffentlichen Wohnungsbau der linken Vorgängerregierung distanzierte.

Marga Prohens (vorne) mit den Branchenvertretern am Dienstag (5.9.).

Marga Prohens (vorne) mit den Branchenvertretern am Dienstag (5.9.). / CAIB

Konkret geplant ist ein Maßnahmenpaket, das einerseits gelockerte Bauvorschriften vorsieht, andererseits aber genau definiert, in welchem Rahmen sich die Preise dieser neuen Wohnungen bewegen dürfen und wer als Käufer infrage kommt. Ausgeschlossen sind zum einen Personen, die bereits Eigentümer einer Wohnimmobilie sind. Zum anderen muss es sich bei der neuen Wohnung um den Hauptwohnsitz des Käufers handeln. Angekündigt wurde zudem, dass die gelockerten Bauvorschriften zeitlich begrenzt gelten werden.

Ab 60 Quadratmetern

Die Flexibilisierung der Bauvorschriften umfasst vor allem drei Aspekte. Zum einen soll es ermöglicht werden, Geschäftslokale oder auch Büroräumlichkeiten in Wohnungen umzuwandeln. Auch die Umwidmung von in die Jahre gekommenen Hotels werde erleichtert. Ein zweiter Aspekt betrifft die Größe der Wohneinheiten in Gebäuden. Seit Langem beklagen die Bauträger, dass viele Objekte auf dem Markt zu groß und damit zu teuer für die Zielgruppe etwa von Alleinerziehenden oder Singles seien.

Nun sollen mehr Wohneinheiten und zusätzliche Stockwerke zugelassen werden. Konkret ist die Rede von Apartments mit einer Mindestgröße von 60 Quadratmetern oder Reihenhäusern mit einer Mindestgröße von 90 Quadratmetern. Ein dritter Aspekt schließlich sind zusätzliche Stockwerke auf Wohngebäuden – allesamt Zugeständnisse, die nur im Fall gedeckelter Preise und limitierter Käufergruppe gelten.

Des Weiteren setzt die Landesregierung in ihrem Maßnahmenpaket darauf, Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand per Konzession privaten Bauträgern für Wohnungsbauprojekte zu überlassen. Die Dauer einer solchen Konzession werde von 50 auf 75 Jahre verlängert. Bei der Umsetzung dieser Möglichkeiten werde man den Gemeinden auf Mallorca freie Hand lassen.

Bauarbeiten in El Terreno in Palma.

Bauarbeiten in El Terreno in Palma. / Nele Bendgens

Erlaubte Preisspannen

Erstmals bekannt sind jetzt auch die konkreten Vorgaben für die Deckelung von Kauf- und Mietpreisen. So sind für Wohnungen zwischen 60 und 80 Quadratmetern in Abhängigkeit vom jeweiligen Standort und dem Energiezertifikat Preise zwischen 102.000 und 241.000 Euro möglich. Bei Mietwohnungen wird eine Preisspanne zwischen 385 und 905 Euro pro Monat genannt.

Die Regelung sieht Unterschiede je nach Gemeinde vor. In den größeren Kommunen auf der Insel gelten Preisspannen von 147.000 bis 181.000 Euro im Fall einer 60-Quadratmeter-Wohnung. In kleineren und weniger teuren Gemeinden bewegen sich die erlaubten Höchstpreise jeweils zwischen 102.000 und 150.000 Euro.

Ähnlich verhält es sich bei 80 Quadratmeter großen Wohnungen. Diese sollen in den größeren Gemeinden zwischen 197.000 und 241.000 Euro kosten dürfen, in den anderen Kommunen jeweils zwischen 137.000 und 201.000 Euro.

Im Fall von Mietwohnungen schlagen laut dem Maßnahmenpaket 60 Quadratmeter große Objekte in den meisten Gemeinden mit einer maximalen Monatsmiete jeweils zwischen 555 und 680 Euro pro Monat zu Buche, je nachdem welches Energiezertifikat sie aufweisen. In den kleinen Gemeinden bewegt sich die Preisspanne zwischen 385 und 565 Euro im Monat. Und bei 80 Quadratmeter großen Wohnungen sind es in den größeren Gemeinden zwischen 740 und 905 Euro, in den kleineren zwischen 515 und 755 Euro.

Neubauten in Portitxol.

Neubauten in Portitxol. / Nele Bendgens

Gemischte Reaktionen

Experten äußern sich abwartend optimistisch zu den Plänen der Balearen-Regierung, loben aber im Prinzip die Initiative. Vor allem, wenn man bedenke, dass „jedes Jahr rund 7.000 Neubauwohnungen fehlen“, wie Immobilienanalyst Pedro García gegenüber der Zeitung „Ara Balears“ sagt. Bernat Nadal, Dekan der Architektenkammer, hält den Ansatz, in der Höhe zu wachsen, für „eine gute Option“. Schließlich gebe es einen mehrheitlichen Konsens auf den Inseln, dass nicht mehr Fläche für Neubauten verbraucht werden dürfe.

Und auch aus ästhetischen Gründen sei mehr Höhe in vielen Gegenden ratsam, denn so könne man die teils sehr unterschiedlichen Gebäudehöhen in ein- und derselben Straße vereinheitlichen. Das Problem sei vor allem, dass nur wenige Mehrfamilienhäuser entstünden, weil es sich für die Bauträger nicht lohne. „Und die, die gebaut werden, fallen in die Kategorie Luxus.“ Man müsse sich an die Zeiten anpassen und nun kleinere Wohnungen bauen.

Bis zu 3.000 Wohnungen in vier Jahren

Bauträger halten die Initiative für einen Schritt in die richtige Richtung, der allerdings die Wohnungsnot nicht komplett beseitigen kann. Die Branche schätzt, dass in der laufenden Legislaturperiode dank der geplanten Maßnahmen zwischen 2.000 und 3.000 Wohnungen gebaut werden dürften. Hauptsächlich würden es Apartments in einer Größenordnung zwischen 60 und 70 Quadratmetern sein.

Der Verband nationaler und internationaler Immobilienunternehmer auf der Insel, Abini, applaudierte regelrecht. Es sei das „erste Mal“, dass sich die Politik für die Meinung des Verbandes interessiert und diese auch berücksichtigt habe.

Aus der Opposition kommt dagegen erwartungsgemäß Kritik. Iago Negueruela, Sprecher der Sozialisten, beklagte, dass die PP-Regierung den Wohnraum dem Kapitalmarkt überlasse und das Problem lediglich aus städtebaulicher Perspektive betrachte. Auch seien Maßnahmen vorgestellt worden, die es längst gebe, so etwa die Überlassung öffentlicher Flächen an private Bauträger oder die Möglichkeit, lediglich 60 Quadratmeter große Sozialwohnungen zu bauen.

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