"Nicht jedes Haus auf Mallorca kann an Ausländer verkauft werden": Was Makler-Sprecher Hans Lenz zum Verkaufsrückgang bei Immobilien sagt

Die Transaktionen bei Wohnungen und Häusern auf den Balearen sind um fast ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Immobilienunternehmer Hans Lenz über die Gründe und die Folgen

Im Villenviertel Son Vida leben viele wohlhabende Deutsche.

Im Villenviertel Son Vida leben viele wohlhabende Deutsche. / Nele Bendgens

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Haben die Ausländer keine Lust mehr auf Mallorca? Die Zahlen der Immobilienverkäufe auf den Balearen sprechen eine eindeutige Sprache: 31 Prozent Verkaufsrückgang im ersten Quartal 2023, 28 Prozent Rückgang im zweiten Quartal. Die Vereinigung der Immobilienunternehmer ABINI schlug in einer Pressemitteilung Alarm. Die MZ sprach mit Hans Lenz, dem Präsidenten der Vereinigung ABINI.

Wie bewerten Sie den drastischen Rückgang der Immobilienverkäufe an Ausländer auf den Balearen?

Man muss sie vor allem in einem größeren Zusammenhang sehen. Mit der Corona-Pandemie 2020 gingen die Verkäufe erst einmal zurück. Man durfte ja nicht auf die Insel reisen. Danach explodierte der Markt. In einem Quartal gab es beispielsweise einen Anstieg von 180 Prozent. Jetzt befinden wir uns in einer Art Landung. Natürlich sind 28 und 31 Prozent Rückgang im Vergleich zum Vorjahr etwas beunruhigend. Wir vergleichen es aber mit einem extrem starken Vorjahr, zumindest im ersten Halbjahr. Die Zinserhöhung im Sommer 2022 brachte dann fast eine Vollbremsung im Markt mit sich, und das europaweit. Mallorca steht trotz allem viel besser da als Deutschland. Da läuft sehr wenig. Auf Mallorca ist extrem viel Eigenkapital im Markt.

Was sind die weiteren Gründe für den Rückgang der Verkäufe?

Die sind vor allem wirtschaftlicher Natur. Deutschland steht kurz vor der Rezession. Die Schweden kämpfen mit einem Wertverlust der Krone. Die Krone hat in zwei Jahren 20 Prozent an Wert verloren. England ist weiterhin mit den Problemen nach dem Brexit beschäftigt.

Hans Lenz ist Managing Director von Engel & Völkers im Südwesten von Mallorca und ABINI-Präsident.

Hans Lenz ist Managing Director von Engel & Völkers im Südwesten von Mallorca und ABINI-Präsident. / B. Ramon

Deutsche machen 60 Prozent der ausländischen Käufer aus. Sie scheinen der Insel weiterhin treu zu sein.

Die Deutschen lagen immer zwischen 50 und 60 Prozent. Das hat sich nicht verändert. Vor der Finanzkrise waren die Engländer sehr stark, aber mit der Krise verloren sie an Kaufkraft und sind mittlerweile auch an anderen Regionen interessiert. Denn spanienweit sind Engländer die führende Nationalität. Ich muss ein bisschen schmunzeln, wenn ständig über die US-Amerikaner gesprochen wird. Die 50 Deals im vergangenen Jahr werden nun nicht die Welt verändern.

ABINI hat stets die Debatte über eine Beschränkung der Immobilienverkäufe auf den Inseln kritisiert. Sehen Sie darin auch einen Grund für den Rückgang?

Die Negativkommunikation und -politik der Vorgängerregierung über fast 14 Monate hinweg hat natürlich einen Effekt. Ich würde den aber nicht überbewerten, und zum Glück hat sich die politische Debatte mit der neuen Regierung um 180 Grad gedreht. Diese Debatte ist vom Tisch. Es wird allerdings ein bisschen dauern, bis das bei den Menschen ankommt. Denn schlechte Nachrichten kommen immer früher an. Ein zweiter Grund auf regionaler Ebene ist steuerlicher Natur. Die Abhängigkeit des Haushalts auf den Balearen von Immobiliensteuern ist sehr hoch. Man hat fast eine Milliarde Euro mit Grunderwerbsteuern auf den Inseln eingenommen, das ist etwa ein Siebtel des gesamten Etats. Und diese Milliarde steht auch jetzt wieder im Haushalt für dieses Jahr, aber es ist nicht zu erwarten, dass dieser Betrag wieder erreicht wird.

Neubauten in Son Vida.

Neubauten in Son Vida. / Nele Bendgens

Auf der anderen Seite wurde die Grunderwerbsteuer für günstige Immobilien deutlich gesenkt. Ist es nicht so, dass diejenigen, die mehr haben, auch mehr für die Gemeinschaft geben müssen?

Definitiv ist das so. In den Gesprächen mit der Vorgänger-Regierung haben wir auch den Fokus nicht darauf gesetzt, sondern eher darauf, den Zugang zu Wohnraum für junge Menschen zu erleichtern. Das war schon die richtige Priorisierung der Regierung. Die Steuern sind aber hoch und man sollte sich darüber Gedanken machen, ob man sie nicht wieder senkt.

Was folgt aus dem Einbruch der Verkaufszahlen?

Ich würde nicht von einem Einbruch sprechen. Wir reden über eine erwartbare Korrektur. Wir sind jetzt exakt da, wo der Durschschnitt der vergangenen fünf Jahre liegt. Wichtig ist, dass jede Immobilie ihre Zielgruppe hat. Man muss sehen, dass nicht jedes Haus auf Mallorca an Ausländer verkauft werden kann. Das müssen die einheimischen Immobilienverkäufer verstehen, aber auch an die Immobilienentwickler und Bauträger. Nicht jede Gegend, nicht jede Lage und nicht jede Immobilie ist für den Zweitwohnsitzmarkt geeignet.

Ist der Rückgang der Verkäufe auch durch surreale Preisvorstellungen bedingt?

Das ist ja eine normale Entwicklung, wenn die Nachfrage so stark ist. Häufig wurden Eigentümer von drei Kaufinteressenten überrumpelt, was die Preise ja nach oben treibt. Da kann es durchaus Preiskorrekturen geben. Es ist aber auch möglich, dass die Verkäufer die Situation aussitzen und mit dem Verkauf warten. Das ist ein auf Mallorca typisches Phänomen. Wir sehen eine sehr starke Nachfrage nach Langzeitmiet-Objekten. Da wo Menschen sich noch unsicher sind, ob sie direkt kaufen sollen, wird erst einmal gemietet. Das sind ja die Käufer von morgen.

Auch Dorfhäuser sind bei Ausländern beliebte Kaufobjekte.

Auch Dorfhäuser sind bei Ausländern beliebte Kaufobjekte. / Nele Bendgens

Stehen wir hier vor einer Zeitenwende? Stichwort digitale Nomaden und mobiles Arbeiten.

Ich denke schon. Die Balearen entwickeln sich immer stärker zum bevorzugten Hauptwohnsitz. Sicherlich hat die Pandemie diesen Trend beschleunigt, der sich festigen wird. Das wird nicht schlecht für die Insel sein. Denn die Häuser gibt es ja. Der Unterschied ist, dass sie nicht mehr nur noch wenige Wochen im Jahr genutzt werden, sondern dass Familien das ganze Jahr hier leben, dass die Kinder in die Schule gehen, die Eltern am Geschäftsleben teilnehmen. Das ist für Wirtschaft und die Insel-Gesellschaft eine positive Nachricht.

Kann der Rückgang der Verkäufe eine gute Nachricht für die Einheimischen sein, die gerade eine Wohnung suchen?

Es kann gut sein, dass sich die Erwartungen von vielen Eigentümern verändert. Dass sie feststellen, dass man auch an den heimischen Markt denken muss und die Preisvorstellung deshalb auch ein Stück weit zurückfahren müssen. Die Preise entsprachen ja kurz nach der Pandemie nicht der Realität. Diese Entwicklung kann positiv sein für den heimischen Markt.

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