Der Erfolg von Maler Gustavo dürfte zu einem nicht unwesentlichen Teil seinem einnehmenden Wesen geschuldet sein. Zwar kommt er zur Pressekonferenz in Palma an diesem Donnerstag (27.6.) eine Dreiviertelstunde zu spät. Doch schon beim Betreten des Cafés entschuldigt er sich vielsprachig nach allen Seiten. Und zieht die Journalisten, Politiker sowie Fans mit netten Sprüchen und Anekdoten schnell in seinen Bann.

Der Mann hat aber auch viel zu erzählen: Wie seine Franco-kritischen Bilder bei Ausstellungen in Madrid in den 70ern von Anhängern des Diktators zerstört wurden. Von den Problemen, die ihm seine „politisch-religiöse Phase" verschaffte. Von nächtlichen Drohanrufen, und wie einflussreiche Freunde ihn schließlich nach Berlin und so aus der Schusslinie brachten. Und wie er in der damals noch getrennten Stadt seine Liebe zu Deutschland und zu seiner deutschen Frau Regine entdeckte - und vor allem natürlich zu Berlin selbst. Hier begann, so formuliert er es selbst, seine internationale Karriere.

Fast 20 Jahre lebte der Maler in der heutigen Hauptstadt, gewann dort Freunde und Fans wie Klaus Wowereit oder den ehemaligen ZDF-Intendanten Dieter Stolte. Dann kehrte er zurück nach ­Mallorca. Dort hatte er schon als Siebenjähriger nach dem Wegzug aus seiner Geburtsstadt Cartagena ein neues Zuhause gefunden und im Alter von 24 Jahren seine allererste Ausstellung gezeigt.

Seine Bilder sind oft kritischer, als sich auf den ersten Blick erahnen lässt. Erst die Titel bringen es ans Tageslicht, sie heißen „Bankier als Transvestit und seine punkigen Söhne feiern die Baumspende in einem Immigranten-Stadtviertel" oder „Als Motte verkleideter junger kurzsichtiger Bankier bietet einem Busch einen Kredit an". Schon in den 80ern, lange vor der derzeitigen Reputationskrise der Finanz­branche, verspottete er die Banker mit seinen Bildern: „Ich mochte sie noch nie, weil sie keinen Humor und keine Fantasie haben".

Die Retrospektive zeigt nun über 30 seiner farbenfrohen und skurrilen Bilder, zehn Bronzeskulpturen, die Tür seines ehemaligen Ateliers in Berlin, Masken, Skizzen und weitere vom Künstler selbst ausgesuchte Stücke, die er seit 1964 angefertigt hat: beispielsweise Kaffeetassen, die er für die renommierte Porzellan­fabrik Rosenthal entwarf.

Allerdings durfte er nicht alle seine Werke zeigen: „Ich fragte bei einem Sammler an, ob er das von ihm gekaufte Bild für die Retrospektive zur Verfügung stellen würde. Aber er war leider so unsympathisch, dass nichts daraus wurde. Als hätte ich die Herausgabe eines Velázquez verlangt!", amüsiert sich der Maler.

Bei der Frage nach seiner künstlerischen Entwicklung scherzt er freundlich, dass er ja noch mitten drin stecke in seinem Werk. „Aber je älter man wird, desto langsamer ist diese Entwicklung." In jungen Jahren habe er sich von anderen Künstlern beeinflussen lassen. Diese Zeiten seien aber lange vorbei.

Seine Inspiration findet er nicht etwa in der Natur, die sein Atelier in den Hügeln zwischen Cala Ratjada und Capdepera umgibt: „Die wunderschöne Landschaft sehe ich jeden Tag, die brauche ich nicht zu kopieren." Gustavo lässt sich für neue Bilder von Musik inspirieren. Und zwar nicht etwa von klassischen Meistern, sondern von Chansonniers wie dem von ihm verehrten Jacques Brel oder Sänger Udo Lindenberg.

Die gerade angebrochene Jahres­zeit mag der Schaffer grotesker Fantasiefiguren übrigens gar nicht: „Wir führen derzeit wieder unseren täglichen Gardinenkrieg", sagt Ehefrau Regine, „er zieht das deutsche Klima vor". Der Künstler bestätigt: „Ich hasse den Sommer und die Hitze." Das überrascht ein wenig, schließlich ist der Strand auf vielen seiner Bilder zu sehen. Doch für ihn ist der sandige Uferstreifen nur ein „Ornament, eine unzusammenhängende Linie, die dem Bild unbewusst sein Gleichgewicht verleiht."

Nach den Vorbereitungen für seine 50-jährige Werkschau plant Gustavo schon das nächste Projekt: Im Hafen von Cala Ratjada wird er ein riesiges Wandbild aus mehreren tausend handbemalten Kacheln entstehen lassen. Die Keramikfliesen sind schon da, im Februar oder März kommenden Jahres will er das Werk vollendet haben - damit er dann im April in aller Ruhe seinen 75. Geburtstag feiern kann.

Can Pastilla Boogie-Woogie, Centre Cap Vermell (Cala Agulla, 50, Cala

Ratjada). 2.7. bis 29.9., täglich von 11 bis 13 und von 18 bis 21 Uhr.

Jeden Dienstag finden ab 11.30 Uhr geführte Ausstellungsbesuche auf Deutsch statt.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 4. Juli (Nummer 687) lesen Sie außerdem:

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