Pralle Sonne statt klimatisierte Unterkunft: Wie Obdachlose auf Mallorca mit der Hitze umgehen

Obdachlose müssen die Rekordtemperaturen oft im Freien ertragen. Gesonderte Hilfe gibt es kaum

Ein Obdachloser an der Playa de Palma, auf einem Archivbild.  | FOTO: NELE BENDGENS

Ein Obdachloser an der Playa de Palma, auf einem Archivbild. | FOTO: NELE BENDGENS / Simone werner

Simone Werner

Simone Werner

Kein Ventilator, schon gar keine Klimaanlage, zumindest etwas Schatten, dennoch glüht die Luft bei Temperaturen von weit über 35 Grad im Hochsommer auf Mallorca. Dieser Tage kann kaum jemand an Obdachlosen wie dem alten Herren im Parc de Ses Estacions in Palma vorbeigehen, ohne sie doppelt zu bemitleiden. Während Touristen an der Haltestelle auf den nächsten klimatisierten Bus zum Hotel warten und Residenten nach der Mittagspause in die oft kühlen Büroräume zurückkehren, liegt der schätzungsweise 60 Jahre alte Obdachlose halbnackt und mit angewinkelten Beinen auf dem Pflaster neben dem überdachten Zugang zu Bus und Bahn.

Nicht alle Aufnahmezentren sind klimatisiert

Sich in eine zumindest halbwegs kühle Wohnung zurückziehen, können die sin techos nicht. Selbst in den acht Aufnahmezentren, die Mallorcas Sozialbehörde IMAS in Palma und Manacor verwaltet, gibt es längst nicht überall Klimaanlagen, meist nur Ventilatoren. „Es sind oft ältere Gebäude. Zudem will kaum ein Obdachloser im Sommer mit vielen anderen Menschen auf engem Raum zusammen sein“, sagt eine Sprecherin der dem Inselrat unterstehenden Behörde. Also schlagen sie nur sporadisch in den ambulanten Zentren auf, wo sie duschen und sich mit Wasser und dem Nötigsten versorgen können.

Besuch der mobilen Einheit während der Pandemie bei einigen Obdachlosen.

Besuch der mobilen Einheit während der Pandemie bei einigen Obdachlosen. / Cruz Roja

Keine verschärften Protokolle im Sommer

Im Winter ist das anders. Dann gelten wegen der vielen Niederschläge, Stürme und der Erfrierungsgefahr verschärfte Protokolle für den Schutz der Wohnungslosen. Dabei geht es etwa darum, sie dazu zu ermutigen, eines der Aufnahmezentren aufzusuchen. Zudem besuchen die Sozialarbeiter der Unidad Móvil de Emergencia Social (UMES) die Obdachlosen auch nachts und bringen ihnen dicke Decken, Kekse oder heiße Getränke. Die vom Roten Kreuz gestellte Einheit wird vom Inselrat finanziert.

Tipps für jedermann

Für den Sommer gibt es bislang keine gesonderten Protokolle, obwohl auch Hitze für die Wohnungslosen gefährlich werden kann. „Aber die Sozialarbeiter der UMES sind selbstverständlich auch derzeit rund um die Uhr für die Obdachlosen da“, versichert die Sprecherin. Die Mitarbeiter legten ihnen in den Übernachtungs- oder Tageszentren die Dinge ans Herz, die auch für den Rest der Bevölkerung gelten: viel trinken und sich vor allem während der Mittagsstunden nicht der Sonne aussetzen, sondern schattige Plätze suchen.

Kalte Getränke und dünne Decken

Die Sozialarbeiter versorgten die Wohnungslosen auf der Straße zudem mit kalten Getränken und extra dünnen Decken. „Manche legen sich auf sie drauf oder decken sich in den frühen Morgenstunden damit zu“, sagt die UMES-Koordinatorin Marga Plaza. Während die Notaufnahmen der Krankenhäuser auf der Insel wegen Hitzschlägen (oft in Kombination mit Alkohol) zuletzt überlastet waren, ist der UMES-Koordinatorin bei den von ihrer Einheit betreuten Wohnungslosen in diesem Jahr kein Hitzschlag-Fall bekannt.

Deutsche Obdachlose an der Playa de Palma

Rund die Hälfte der Obdachlosen seien Spanier. Unter den Ausländern seien, vor allem rund um die Playa de Palma, auch einige Deutsche. „Das Leben auf der Straße ist sowieso schon hart, die Lebenserwartung der Obdachlosen ist im Schnitt 20 Jahre niedriger als die der allgemeinen Bevölkerung. Herrschen dann noch extreme Temperaturen, spitzt sich die Lage für sie weiter zu. Ob Winter oder Sommer, ist dabei aber gleichgültig“, hält die UMES-Koordinatorin fest.

Hier gibt es Hilfe für Obdachlose:

Cruz Roja: Tel.: 971-29 50 00, zu manchen Einsätzen kommt eine deutschsprachige Freiwillige mit, nach 22 Uhr: Tel.: 112, imasmallorca.net

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