Regierungsbildung in Spanien gescheitert –Neuwahl-Countdown läuft

Wenn innerhalb von zwei Monaten, bis zum 27. November also, kein Regierungschef gefunden wird, müssten die Spanier am 14. Januar erneut zu den Urnen

Alberto Nunez Feijoo (l), Vorsitzender der PP und Kandidat für das Amt des Regierungspräsidenten, verlässt die Amtseinführungsdebatte des Vorsitzenden der PP im spanischen Parlament in Madrid. Gut zwei Monate nach der Neuwahl des spanischen Parlaments ist der konservative Oppositionsführer Feijoo mit einem ersten Versuch zur Regierungsbildung gescheitert.

Alberto Nunez Feijoo (l), Vorsitzender der PP und Kandidat für das Amt des Regierungspräsidenten, verlässt die Amtseinführungsdebatte des Vorsitzenden der PP im spanischen Parlament in Madrid. Gut zwei Monate nach der Neuwahl des spanischen Parlaments ist der konservative Oppositionsführer Feijoo mit einem ersten Versuch zur Regierungsbildung gescheitert. / Foto: Paul White/AP

dpa

Die politische Ungewissheit in Spanien setzt sich gut zwei Monate nach der vorgezogenen Parlamentswahl fort. Der konservative Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo scheiterte am Mittwoch wie erwartet mit einem ersten Versuch zur Bildung einer neuen Regierung. Die Kandidatur des 62-Jährigen für das Amt des Ministerpräsidenten und die Nachfolge des seit Ende Juli nur noch geschäftsführend regierenden Sozialisten Pedro Sánchez wurde vom Unterhaus in Madrid wie rwartet mit 178 zu 172 Stimmen abgelehnte.

Die Pleite hat Folgen: Mit der ersten abgeschmetterten Bewerbung wurde gemäß Verfassung der Countdown zu Neuwahlen eingeläutet. Der Druck wächst. Wenn innerhalb von zwei Monaten, bis zum 27. November also, kein Regierungschef gefunden wird, müssten die Spanier am 14. Januar erneut zu den Urnen. Es droht nicht nur eine innenpolitische Blockade. Damit würde auch die gesamte EU-Ratspräsidentschaft Spaniens bis zum 31. Dezember von der politischen Ungewissheit in der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone überschattet.

Die Sozialisten und Vertreter anderer Parteien warfen Feijóo bei den Debatten vor, mit seiner als aussichtslos gewerteten Kandidatur Spanien in einer schwierigen Zeit mit Inflation sowie Krieg und Migrationskrise in Europa «wertvolle Zeit geraubt» zu haben.

"Unmögliche Kandidatur"

Feijóo hat am Freitag zwar eine neue Chance. Anders als bei der Abstimmung am Mittwoch, bei der er eine absolute Mehrheit von mindestens 176 Stimmen benötigt hätte, reicht dem Chef der konservativen Volkspartei PP dann eine einfache Mehrheit. Aber auch die ist für den Kandidaten nicht in Sicht. Der staatliche TV-Sender RTVE hatte von einer «unmöglichen Kandidatur» gesprochen. Es wird erwartet, dass nach Feijóo der seit 2018 regierende Sánchez im Oktober oder November ebenfalls einen Versuch unternimmt.

Die PP hatte bei der Wahl am 23. Juli vor Sánchez' Sozialisten (PSOE) die meisten Stimmen und die meisten Sitze im «Congreso de los Diputados» bekommen. Da aber keine der beiden Parteien zunächst ausreichende Unterstützung anderer Gruppierungen zur Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit bekam, hatte König Felipe VI. beschlossen, dass der Wahlsieger sich als erster bewerben darf.

Von Vox unterstützt

Feijóos Scheitern wurde vor allem auf die Tatsache zurückgeführt, dass er von den 33 Abgeordneten der rechtspopulistischen Partei Vox unterstützt wurde. Ohne die hätte er ohnehin keine Chance gehabt, da seine PP nur über 137 Sitze verfügt. Nur zwei kleine konservative Regionalparteien votierten ungeachtet der «gemeinsamen Sache» mit Vox mit je einer Stimme für Feijóo.

Eine «große Koalition» zwischen PP und PSOE gilt in Spanien als ausgeschlossen, da die beiden Traditionsparteien ideologisch viel weiter voneinander entfernt sind als etwa ihre deutschen Schwesterparteien CDU und SPD. Deshalb heißt es jetzt für Spanien wohl: Neuauflage Sánchez oder monatelange Blockade.

Dem Sozialisten werden zwar bessere Chancen als dem konservativen Rivalen eingeräumt. Außer den Stimmen des Linksbündnisses Sumar und kleinerer Regional-Parteien benötigt Sánchez aber auch Abkommen mit der linken ERC des katalanischen Regierungschefs Pere Aragonès sowie mit der Partei Junts des in Belgien im Exil lebenden Separatistenführers und spanischen Justizflüchtlings Carles Puigdemont. Sowohl ERC als auch Junts streben die Unabhängigkeit Kataloniens an. Für ihre Unterstützung einer linken Regierung fordern sie unter anderem eine Amnestie für jene «Catalanistas», die an dem gescheiterten Abspaltungsversuch von 2017 teilnahmen.