Beliebter als Fußball, aber kein Profiteam: Wie Altstars Mallorcas Basketball-Damen beflügeln sollen

Azul Marino kämpft mit prominenter Unterstützung um den Aufstieg

Gaby Ocete (li.) weiß wie kaum eine andere Spielerin in Spanien, wohin der Ball gehen muss.  | FOTO: NELE BENDGENS

Gaby Ocete (li.) weiß wie kaum eine andere Spielerin in Spanien, wohin der Ball gehen muss. | FOTO: NELE BENDGENS / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Es geht hektisch zu in der Sporthalle Antoni Pizà in Palmas Gewerbegebiet S’Indioteria. Zehn Frauen wuseln über das Parkett wie aufgescheuchte Hühner und kreischen sich Anweisungen zu. „Bei uns geht es chaotisch zu“, hatte Trainer Dani Rubio schon angekündigt. Der Drittligist Azul Marino bereitet sich auf die Play-offs vor, die von Donnerstag bis Sonntag (20. bis 23.4.) in der Halle in Inca ausgetragen werden. Mit dem Aufstieg wollen die mallorquinischen Basketballerinnen nach elf Jahren wieder eine Profimannschaft stellen. Dafür hat der Verein, der aus dem Schulsportteam San José Obrero entstand, mit Gaby Ocete sogar eine der besten Spielerinnen Spaniens verpflichtet.

Team wurde wegen Geldmangel aufgelöst

Für die heute 34-Jährige aus Palma ist es die Rückkehr auf die Insel. Sie lernte das Dribbeln in der Schule San José Obrero und wechselte 2007 zu Joventut Mariana nach Sóller. In der ersten Saison gelang der Aufstieg in die erste Liga, wo sich der Verein aus dem Orangendorf drei Jahre lang hielt. „Das waren die besten Jahre meines Lebens. Das Team hatte jedoch finanzielle Schwierigkeiten und löste sich 2012 auf. Für mich begann daraufhin eine kleine Odyssee“, sagt Ocete. Mal ging es nach Ecuador, mal nach Frankreich, mal nach Paraguay, mal zu anderen spanischen Clubs. Nie hielt es die Mallorquinerin länger als zwei Saisons bei einem Team. „Ich suchte nach einer zweiten Heimat, aber irgendwie wollte das nicht klappen. Es boten sich mir immer Gelegenheiten, die mir besser schienen.“

Dabei stimmte ihre Leistung. In Ecuador wurde sie 2012 zur besten Spielerin des Jahres gekürt, 2014 wurde sie mit Rivas Ecópolis, einem Team aus dem Madrider Vorort Rivas-Vaciamadrid, spanischer Meister. Die 1,70 Meter große Ocete ist als Aufbauspielerin dafür zuständig, den Ball in die gegnerische Hälfte zu tragen, Spielzüge einzuleiten und Körbe aufzulegen. Nur zwei Frauen haben in der Geschichte der ersten spanischen Basketballliga mehr Assists, wie die Vorlagen heißen, geliefert.

Auszeit auf Teneriffa

Im Sommer 2020 zog es die Mallorquinerin nach Teneriffa. Die Insellage schien ihr zu liegen. Dort ging sie in diesem Jahr erstmals in eine dritte Saison bei einem Verein. „Im Vorjahr waren wir in die zweite Liga abgestiegen, konnten uns aber einen Startplatz in der ersten Liga kaufen, da sich ein anderes Team auflöste“, sagt Ocete. Dann jedoch nagte die sportliche Abwärtsspirale an ihr. „Es ist hart, ständig zu verlieren. Da hatte ich keine Lust mehr drauf, ich bat den Verein um eine Auszeit.“ Dass auch Teneriffa finanzielle Schwierigkeiten hatte, dürfte die Entscheidung vereinfacht haben. Im vergangenen Dezember löste sie ihren Vertrag aus.

Lange dauerte ihre Auszeit nicht. Denn schon drei Wochen später unterschrieb sie bei Azul Marino. „Mein Kopf schrie eigentlich nach einer Pause, aber ich konnte das Angebot einfach nicht ablehnen. Was gibt es Schöneres, als in der Heimat zu spielen? Vor elf Jahren hatte ich mir ein Haus auf Mallorca gekauft und kann nun endlich darin leben“, sagt Gaby Ocete, die aber noch Anpassungsschwierigkeiten hat. „Auch wenn ich von hier komme, muss ich mich erst einmal wieder daran gewöhnen, auf Mallorca zu sein. Ich bin ein Familienmensch, aber es fühlt sich seltsam an, das Wochenende mit den Eltern zu verbringen“, sagt sie.

Vor vier Jahren gegründet

Auch wenn Azul Marino in der dritten Liga spielt, ist der Verein schon professionell aufgestellt. Verantwortlich dafür ist Jordi Riera, der manchen MZ-Lesern aus seiner Zeit als Pressesprecher und späterer Sportdirektor des Männer-Basketballteams, das heute Fibwi Palma heißt, bekannt sein dürfte. „2019 wollten wir Mallorca als Marke im spanischen Basketball etablieren. Wir träumten von einem Erstligaclub der Männer. Dazu zählte aber auch, den Frauensport nicht zu vernachlässigen“, erzählt Riera. Mit San José Obrero fand er einen Kooperationspartner, doch dann stand wegen Corona erst einmal alles still. Riera beschloss zudem, das Männerteam zu verlassen.

Was blieb, war das neue Profiteam der Frauen. Hilfreich dürfte dabei gewesen sein, dass Riera hauptberuflich der Marketingleiter des mallorquinischen Reiseanbieters Azul Marino ist, also des Hauptsponsors. Auf der basketballbegeisterten Insel Mallorca ist das keine schlechte Marketing-Option. „Beim Basketballverband sind mehr Mädchen als Spielerinnen eingetragen als beim Fußballverband“, sagt Riera. Auch das Talent sei vorhanden, wie die Profis Alba Torrens, Nogaye Lo oder eben Gaby Ocete bewiesen hätten. „Leider mussten sie bislang ihr Glück fernab der Insel suchen. Unser Plan ist es, dass sie nun alle zurückkehren.“

Der Coup gelang zuvor bereits mit Alejandra Quirante, die in der vergangenen Saison noch für den FC Barcelona in der ersten Liga spielte. Die 30-Jährige war schon damals in Sóller Teampartnerin von Gaby Ocete. Beide müssen sich erst einmal an die Hektik in der dritten Liga gewöhnen. „In der ersten Liga ist der Basketball taktischer. Es gibt Tausende Spielzüge. In der dritten Liga geht es chaotisch auf und ab“, sagt Ocete. Dem stimmt Trainer Dani Rubio zu. „Gaby war nie die beste Werferin. Es gibt aber kaum eine Spielerin, die wie sie den Durchblick behält. Zudem ist sie eine der besten Verteidigerinnen überhaupt.“

Viertägiges Finale in Inca

In der regulären Saison hat Azul Marino über den vierten Platz die Play-offs erreicht. Zudem hat der Verband Inca als Austragungsort des Finalturniers ausgewählt. Die Basketballerinnen müssen an vier Tagen hintereinander spielen. In der Vierergruppe ist Azul Marino jeweils um 19.30 Uhr an der Reihe. Die zwei besten Teams aus der Gruppenphase spielen in einem Finale am Sonntag gegen zwei Teams aus der zweiten Vierergruppe die zwei Aufsteiger aus. „Wir haben den Vorteil, dass wir einen ausgeglichenen Kader haben. Alle unsere zehn Spielerinnen kommen zum Einsatz“, sagt Trainer Rubio. Selbst die Stars bekommen so ihre Pausen. „Im Endeffekt steigen aber diejenigen auf, die mit der Müdigkeit am besten umgehen können“, sagt Ocete.

Karten für das Finale gibt es unter basketmallorca.com. Der Verkauf war bei Redaktionsschluss noch nicht gestartet. Auch die Männer starten mit den Play-offs um den Aufstieg in die zweite Liga. Das System ist das klassische K. o.-Format in Hin- und Rückspiel. Im Achtelfinale trifft Palma auf Algeciras. Das Rückspiel am Sonntag (23.4.) ist in Palma.

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