150 Tage mit Extremtemperaturen: Das warme Meer rund um Mallorca alarmiert die Wissenschaft

Um die Balearen wurde bereits die sechste Hitzewelle in Sachen Wassertemperaturen 2023 festgestellt. Das Phänomen sollte eigentlich nur einmal im Jahr auftreten

Das Meer vor Mallorca ist viel zu warm.

Das Meer vor Mallorca ist viel zu warm. / WWF

Susana Lamata

Das Meer rund um Mallorca und die anderen Balearen-Inseln bricht im Jahr 2023 alle Temperaturrekorde. Deutlich erhöhte Wassertemperaturen waren bereits im Frühjahr festgestellt worden. Im Laufe des Sommers hat sich diese Tendenz weiter verstärkt, so dass es im Jahr 2023 bereits 150 Tage mit extremen Oberflächentemperaturen gab.

"Und das Jahr ist noch nicht zu Ende, es liegen noch rund 100 Tage vor uns", warnt die Forscherin Mélanie Juza vom Meeresforschungsinstitut SOCIB im Parc Bit in Palma. Extreme Wassertemperaturen würden zum Normalfall: "Dass dies alltäglich wird, ist eine sehr schlechte Nachricht". Schuld daran ist vor allem die globale Erwärmung in Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Alles in diesem Jahr 2023 ist zu warm

Die von SOCIB analysierten Satellitendaten zeigen, dass bereits das Jahr 2022 ein Rekordjahr im Hinblick auf die Temperatur an der Wasseroberfläche rund um die Balearen war. Im Winter 2022/2023 wurde die zweithöchste Wassertemperatur seit 1982 registriert.

Daten aus dem Jahr 2022, als es ebenfalls viel zu heiß war.

Daten aus dem Jahr 2022, als es ebenfalls viel zu heiß war. / Puertos del Estado

Und es ging so weiter: Der Frühling 2023 war "der wärmste auf den Balearen seit 40 Jahren", erklärt Juza. Und weiter: "Der Juli 2023 war eindeutig der Monat mit der höchsten jemals gemessenen Oberflächentemperatur der Balearen - einem Durchschnitt von 27 Grad Celsius, was 2,6 Grad über dem Normalwert bedeutet."

Drittwärmster August seit Beginn der Aufzeichnungen

Der August 2023 war der drittwärmste August seit Beginn der Aufzeichnungen, mit einer durchschnittlichen Wassertemperatur an der Oberfläche von 27,5 Grad Celsius - 1,7 Grad mehr als das langjährige Mittel.

In diesem Monat wurden extreme Temperaturanstiege verzeichnet, wie der Höchstwert von durchschnittlich 29 Grad Celsius, den die Meeresoberfläche rund um die Balearen am 25. August erreichte. Nur am 13. August 2022 mit 29,2 Grad Celsius und im August 2003 mit 29,1°C, war das Meer im Durchschnitt noch wärmer.

Einzelne Bojen rund um Mallorca verzeichneten im Sommer 2023 Temperaturen von über 30 Grad, wie etwa die Boje von Dragonera. Dort stieg die Wassertemperatur an der Oberfläche im Sommer bis auf 31,2 Grad Celsius.

"Nicht nur ein bisschen über dem Normalwert"

Juza warnt vor der Dimension dieser Daten: "Man muss verstehen, dass die Temperaturen nicht nur ein bisschen über dem Normalwert liegen, sondern dass die Meerestemperaturen seit Wochen und Monaten extrem sind".

Die Erwärmung hat zu einem Phänomen geführt, das als Meeres-Hitzewelle bekannt ist. "Eine Hitzewelle im Meer bedeutet nicht nur, dass die Temperatur über dem Normalwert liegt, sondern auch, dass sie 90 Prozent der bisher gemessenen Durchschnittstemperaturen übersteigt, wir haben also extreme Temperaturen." Das bedeute eine große Belastung für die Meeresökosysteme.

Die Seegraswiesen leiden sehr unter der Erwärmung des Meeres.

Die Seegraswiesen leiden sehr unter der Erwärmung des Meeres. / Miquel Gomila

Die Folgen der Hitzewellen

Mehrere wissenschaftliche Studien haben die verheerenden Folgen von Hitzewellen im Meer aufgezeigt, die sich sowohl auf die Artenvielfalt im Meer als auch auf die Lebensräume an der Meeresoberfläche und der Tiefsee auswirken.

Zu diesen Schäden gehören die Korallenbleiche und die Zerstörung von Seegraswiesen, die Invasion schädlicher Algen, das Massensterben von Organismen, Veränderungen im Verhalten und in der Verbreitung verschiedener Arten. Daraus ergeben sich auch Auswirkungen auf Fischerei und Tourismus.

Extreme Wetterereignisse

Auf den Balearen wird es nach Ansicht von Juza besonders wichtig sein, die Auswirkungen des warmen Meeres in diesem Sommer auf das Seegras, die Posidona, zu analysieren, da es sich dabei um eine sehr temperaturempfindliche Pflanze handelt. Sie bietet Lebensraum für andere Arten, schützt Jungfische und absorbiert einen großen Teil des vom Menschen verursachten CO2-Ausstoßes.

Warmes Meerwasser kann darüber hinaus extreme Ereignisse wie Herbststürme mit sintflutartigen Regenfällen verstärken, erklärt Mélanie Juza. Und Mitte September war das Meer weiterhin deutlich wärmer als normal - mit einer Wassertemperatur von 26 Grad Celsius, eine Abweichung von 1,4 Grad. Damit befindet sich das Mittelmeer in der sechsten Hitzewelle 2023. Eigentlich sollten solche Extremereignisse nur einmal im Jahr oder gar nur alle paar Jahre auftreten.

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