Wie sich die Arbeitsbedingungen im Tourismus auf Mallorca und in der Karibik unterscheiden

Die Unternehmen der Insel sind international aufgestellt. Wie es bei der Expansion um die Rechte der Arbeiter bestellt ist, untersucht eine neue Studie

Ein Koch in der Dominikanischen Republik und ein Zimmermädchen auf Mallorca arbeiten möglicherweise für denselben Konzern, haben aber unterschiedliche Rechte.

Ein Koch in der Dominikanischen Republik und ein Zimmermädchen auf Mallorca arbeiten möglicherweise für denselben Konzern, haben aber unterschiedliche Rechte. / Michael Juhran/dpa, Bernardo Arzayus

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Die Balearen und die Karibik mögen geografisch weit voneinander entfernt liegen, unternehmerisch sind sie eng verknüpft. Die Big Player der mallorquinischen Tourismusindustrie wie Meliá, Riu, Iberostar oder Piñero haben über den Atlantik expandiert und hier wie dort Hotels stehen. Das Geschäftsmodell, das Know-how, die Technologie, das Marketing, all das lässt sich übertragen und für die ganze Unternehmensgruppe anwenden – Urlaub, made in Mallorca. „Wir sind weltbekannt als Tourismusregion, im Guten wie im Schlechten, und das balearische Kapital hat transnationale Ausmaße angenommen“, sagt David Abril. „Das gilt allerdings nicht für das Bewusstsein der Arbeiter und ihre Rechte.“

Zu dieser Erkenntnis ist der Soziologe der Balearen-Universität (UIB) im Rahmen des Projekts Translabtur gekommen, das seit rund einem halben Jahr läuft. Abril und sein Team dokumentieren dabei zum einen die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung und der Fortschritte der Arbeitsrechte in der balearischen Tourismusindustrie – von den ersten Streiks über wegweisende Tarifverträge bis hin zur Bewegung der Zimmermädchen („Kellys“).

Zum anderen gehen die Forscher der Frage nach, wie es um die arbeitsrechtlichen Bedingungen in den Ländern jenseits des Atlantiks mit mallorquinischer Präsenz bestellt ist. „Wir wollen ein Netzwerk im wissenschaftlichen und sozialen Bereich aufbauen“, so Abril, der die Ergebnisse bei einem internationalen Seminar an der UIB am Donnerstag (14.12.) zur Debatte stellt. Am Projekt beteiligt sind auch die Gewerkschaft CCOO, Stiftungen sowie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO).

Drei Profile

Auch wenn die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die Welt der Arbeitnehmer hinter der Globalisierung der Unternehmen weit zurücksteht, haben sich doch drei grenzüberschreitende Profile von Angestellten herauskristallisiert. Das wären zum einen meist lateinamerikanische Zimmermädchen, die zunächst in ihrer Heimat arbeiteten, dann aber auf die Balearen übersiedelten. Ihre Befragung habe ergeben, dass sie in ihren Ländern zumeist ohne formellen Vertrag tätig gewesen seien – eine gängige Praxis im dortigen Tourismussektor, so Abril. Eine zweite Gruppe bilden Fachkräfte wie Köche, Techniker oder Informatiker, die nicht selten von Mallorca nach Süd- oder Mittelamerika entsandt werden, um dort die Eröffnung von neuen Häusern zu begleiten. Und dann gäbe es noch eine dritte Gruppe, zumeist junge Leute, die gerade mit Ausbildung oder Studium im Tourismus fertig seien und oft gegen Kost und Logis Auslandserfahrung sammelten.

Wie weit globalisiertes Business und nationale Arbeiterrechte auseinanderklaffen können, zeige sich auf Kreuzfahrtschiffen, wo in vielen Fällen Angestellte aus Billiglohnländern wie den Philippinen hinter den Kulissen den Betrieb am Laufen halten. Da in dem Bereich aber keine mallorquinischen Reedereien aktiv sind, sei der Kreuzfahrttourismus auch nicht Teil der Studie, so Abril.

Mallorca als Vorbild

Klar ist: Die arbeitsrechtlichen Standards sind auf Mallorca so hoch wie sonst kaum wo. Der Soziologe verweist auf das Verbot, die Zimmerreinigung an externe Firmen auszulagern, oder auf Bestimmungen zu höhenverstellbaren Betten, um die Rücken der „Kellys“ zu schonen. „Derlei Auflagen gibt es in Hotels in Madrid oder Barcelona nicht.“ Zudem sei man etwa im Fall von Riu und Melià auf Selbstverpflichtungen gestoßen, die für die Angestellten aller Destinationen gelten. Ob sie auch eingehalten werden, wolle man in einer zweiten Phase der Studie erforschen, bei der man auf die Kooperation der Unternehmen hoffe – nicht zuletzt auch bei der Finanzierung.

Arbeitsbedingungen verbessern

Dass ihn der eine oder andere Hotelier noch aus seiner Zeit als Politiker kennt, dürfe kein Problem sein, so Abril. Der Mallorquiner saß bis 2018 für die linksökologische und durchaus tourismuskritische Partei Més per Mallorca im Balearen-Parlament, war zwischendurch auch ihr Sprecher, bevor er in die Wissenschaft zurückging. Den Vorwurf eines ideologischen Blickwinkels weist Abril vorsorglich von sich, aber „in den Sozialwissenschaften wollen wir mit gewonnenen Erkenntnissen die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern“. Konkret heißt das: Die Bestandsaufnahme der Arbeitnehmerbewegung auf den Balearen rege hoffentlich das Bewusstsein dafür auch in anderen Destinationen an. Und die Konzerne schlössen in Zukunft noch weitere Abkommen zur Selbstverpflichtung ab. „Damit es ein Gleichgewicht zwischen Kapital und Arbeit gibt.“

Abonnieren, um zu lesen

THEMEN