Spaniens Hoteliers klagen bei Kongress auf Mallorca über fehlende Unterstützung

Beim ersten jährlichen Aufeinandertreffen in Palma ging es um die harten Fakten und Milliardenbeträge. Gerade die großen Player der Branche wünschen sich mehr Aufmerksamkeit auf Landesebene und beäugen den Eingriff durch ausländische Firmen kritisch

Spaniens Hoteliers versammelten sich beim 19. Kongress erstmalig auf Mallorca.

Spaniens Hoteliers versammelten sich beim 19. Kongress erstmalig auf Mallorca. / Guillem Bosch

Diana Serbe

Diana Serbe

Ganze 19 Jahre hat es gedauert, bis Mallorca am Donnerstag (23.11.) und Freitag endlich einen spanischen Hotelier-Kongress beherbergen durfte. Dabei steht die Insel doch in den Köpfen von Millionen Urlaubern für Sonne, Strand und Meer – folglich also auch für Urlaub und Hotel. Umso bezeichnender, dass sich die spanische Hotelbranche noch nie auf einer Insel versammelt hatte, deren Bruttoinlandsprodukt zu fast der Hälfte aus Tourismuseinnahmen besteht.

Carmen Riu, eine der prominentesten Geladenen während der zweitägigen Versammlung, zeichnet ein ähnliches Bild, was die politische Anerkennung innerhalb des Landes betrifft: „Wir gehören zu den Weltmarktführern, und niemand sieht das, weder die Balearen-Regierung noch die Zentralregierung“, sagt die Chefin der gleichnamigen mallorquinischen Hotelkette. Sie meint damit die Hotelbranche in Spanien im Allgemeinen und die Hoteliers auf Mallorca im Speziellen. Der international agierende Konzern Riu, den Carmen gemeinsam mit ihrem Bruder Luis führt, erzielte 2022 einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro.

Hotelsektor zu Unrecht beschuldigt?

In der Gesprächsrunde „Die Vision der CEOs“, eines der Highlights des Kongresses, macht die Mallorquinerin klar, dass Hoteliers den Rückhalt der Regierung brauchen, um massive Investitionen zu tätigen und damit Tausende in die Jahre gekommene Urlaubsdestinationen an die heutigen Standards anzupassen. Der in der Runde vertretene Mitbewerber Simón Pedro Barceló, Co-Präsident der Barceló-Gruppe, schlägt in die gleiche Kerbe: „Der Sektor ist der Wirtschaftsmotor des Landes. Es beginnt eine neue Legislaturperiode und wir hoffen, dass sie besser sein wird als die vorherige.“ In der Branche sei man gespannt, wie die neue Regierung in Madrid mit dem Tourismus umgehen wird, bestätigt auch der Präsident des spanischen Hotelverbands CEHAT, Jorge Marichal, der den Kongress gemeinsam mit den Verbänden FEHM und ITH ausrichtet. Er mahnt zudem, der Hotelbranche nicht die Schuld an allen negativen Auswirkungen des Tourismus zu geben.

Zumindest bei der neuen Balearen-Regierung finden die Hoteliers schon jetzt Gehör. Sie hat einen strikten Kurs gegen die illegale Ferienvermietung angekündigt und will die von der Vorgängerregierung beschlossene Begrenzung der Gästebetten wieder zurückschrauben. Die am Abschlusstag anwesende balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens sicherte zu: „Wir arbeiten an einem Gesetz zur Aufhebung dieses Moratoriums und zur Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs.“

Mehr Qualität als Quantität

Unter dem Motto „De más a mejor“, frei übersetzt „Von Quantität zu Qualität“, geht es in Palmas Kongresszentrum um die Zukunft der Branche. Unter den 50 „Talkgästen“ auf der wie ein Wohnzimmer gestalteten Bühne ist man sich einig, dass „Klasse statt Masse“ das einzige Erfolg versprechende Rezept ist. Geladene Finanzexperten, darunter etwa Jaume Masana von der Caixabank, sehen eine Entwicklung hin zu einem Gästemarkt, der bereit ist, viel mehr Geld für seinen Mallorca-Aufenthalt zu bezahlen. In der vergangenen Saison hätten zum Beispiel die US-Amerikaner und Australier 500 bis 600 Euro pro Übernachtung auf der Insel investiert. Auch für 2024 erwarte man weiteres kräftiges Wachstum auf dem amerikanischen und asiatischen Markt. Hingegen gehörten die Auswirkungen der Inflation und die schwache Lage der deutschen und britischen Wirtschaft zu den größten Herausforderungen für den spanischen Tourismussektor.

Priorität Kreislaufwirtschaft

Für die Branche habe Priorität, „Tag für Tag“ die Kreislaufwirtschaft weiter auszubauen, unterstrich indes Simón Pedro Barceló. Nachhaltiger mit den Ressourcen umzugehen, hielt auch Javier Aguilar für „grundlegend“: „Wir müssen den Reisezielen, in denen wir tätig sind, sowohl den großen als auch den kleinen, etwas Positives zurückgeben“, so der Hyatt-Verantwortliche für Europa, Afrika und den Mittleren Osten. Zudem geben Urlauber laut der Analyse der Caixabank mehr aus, wenn die Unterkunft nachhaltig betrieben wird. Besonders die Altersgruppe zwischen 35 und 40 Jahre würden zunehmend Wert auf diese Aspekte legen.

Lösungen aus Österreich

Unter den Ausstellern im angrenzenden Saal finden sich verschiedene Start-ups und Unternehmer, die mit Lösungsansätzen aufwarten. Das österreichische Unternehmen Rabmer setzt sich unter anderem mit dem Wassermangel auf der Insel auseinander und arbeitet bereits mit namhaften Hotelketten der Insel wie Nixe Hotels, Castell Son Claret oder das Belmond La Residencia in Deià zusammen. Ihr Duschaufsatz „Ecowaterjet“ für die Hotellerie spare Wasser, ohne den Komfort für die Gäste einzuschränken.

Besonders im Norden Mallorcas sei das Wasser oft so knapp, dass die Hotels ihren Bedarf mit Wassertanks decken müssten, weiß Geschäftsführerin Ulrike Rabmer Koller. Im vergangenen Sommer waren die Anwohner in Deià sogar dazu aufgefordert worden, ihre Pools nicht mehr zu befüllen und nicht mehr zu duschen. Überhaupt brauche es in den Hotels oft Beratung, wie Carlos Vidal berichtet, der mit seiner Initiative „Enovam“ 2016 Unternehmer des Jahres auf Mallorca war und nun bei der Umgestaltung zur Nachhaltigkeit hilft. Auch die Industrie muss mitziehen. „Wasser ist ein wichtiges Thema für unser ganzes Land, und wir haben das noch längst nicht im Griff“, sagt Mercè Girbau, die Präsidentin des spanischen Industriewaschmaschinenherstellers Girbau, der unter anderem für die Hotellerie tätig ist und auf dem Kongress wassersparende Waschmaschinen präsentierte.

Die Mitarbeiter werden knapp

Dass zwei von drei spanischen Jugendlichen als Berufswunsch „Influencer“ angeben, mag in einer der Anmoderationen witzig daherkommen, bringt die Hotelbranche aber zu einer weiteren Herausforderung: Fachkräftemangel. Es ist eines der großen Schlagworte, das nicht nur auf der Bühne, sondern auch unter den mehr als 500 geladenen Gästen, die aus dem ganzen Land angereist sind, diskutiert wird. Das sei grundlegend ein Problem der Alterspyramide, das lange vorherzusehen war und nun Realität wird, weiß Nuria Montes, Tourismusministerin in Valencia. Die spanische Bevölkerung gehört zu den ältesten in Europa. Lag der Altersschnitt 1985 noch bei 30, wird er 2050 nach Schätzungen 53 Jahre betragen. Zusätzlich verschärft wird das Problem des Arbeitskräftemangels von der Abwerbung durch die internationale Konkurrenz. „US-Firmen nehmen spanische Hoteliers unter Vertrag, damit sie ihnen zeigen, wie Ferienunternehmen gemanagt werden. Da läuft doch etwas schief“, kritisierte Carmen Riu bereits am ersten Tag.

Noch sind zwei von drei Hotels auf Mallorca laut Hotelverbandschefin Maria Frontera (FEHM) in Familienhand. Nach und nach würden die vorherigen Generationen abgelöst. Die Nachfolger setzten auf neue Strategien und Technologien. Die Branche sei im Wandel, und man orientiere sich verstärkt an anderen Regionen und Ländern. Javier Aguilar von der Hyatt Group erwähnt unter anderem Destinationen wie Griechenland, die ihre Wirtschaft komplett umgestalten und ihren Fokus auf Tourismus legen. Als Positiv-Beispiel blickt man in der Runde auch aufs Festland: Destinationen wie Valencia hätten bereits geschafft, Tourismus an 365 Tagen zu bieten, indem man sich auf Kultur und Bildung stützt, argumentiert die Tourismusministerin Nuria Montes.

Für Marketing bleibt wenig Geld

Als es um Werbe-Strategien und zielgruppengerechte Kommunikation geht, ist auch der aus Capdepera bekannte Michelin-Sternekoch Andreu Genestra geladen, der oft für Mallorca-Werbung in Quellmärkten steht, in denen Urlauber Fine Dining und hohe Qualität suchen. Man müsse Besuchern den Aufenthalt durch Mehrwert buchstäblich „schmackhaft“ machen, so der Tenor der Runde aus Marketing-Experten. Mithilfe der Nutzerdaten, die man heute erheben kann, könnten so zum Beispiel Hotelaufenthalte mit Gastronomie und Ausflügen kombiniert werden.

Die Arbeit mit Zwischenhändlern wie booking.com ermögliche zwar Kooperationen, reduziere aber das Marketing-Budget, weil eine Kommission von bis zu zehn Prozent fällig werde. „Ein Hotel muss nicht mehr nur Produkt sein, sondern Nutzererlebnis bieten“, sagt Javier Guadiana von der Madrider Marketing-Firma „Reason Why“. Und Jaume Masana von der Caixabank ruft den Kern des Hotelgeschäfts in Erinnerung: „Sie sind die Industrie des Glücks, darauf sollten Sie sich besinnen.“

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