Mallorca ist ein Sammelsurium verschiedener Nationalitäten. Die Insel bietet vielen Kulturen eine neue Heimat. Stark vertreten sind die Latinos, Deutschen und Engländer. Aber auch die Holländer haben sich eine eigene Gemeinschaft in der Fremde aufgebaut. Und diese verlangt nach Informationen in der Landessprache. Allard van Gent bediente diese Marktlücke und brachte fünf Jahre lang die Monatszeitung „Mallorca Vandaag“ heraus. Heute lebt der Holländer in Berlin und hat in einem nun erschienenen Buch seine besten Interviews, Reportagen und Anekdoten von damals zusammengetragen.

Auf die Insel gekommen war Van Gent 1997. Seine Geschichte klingt wie die eines typischen Auswanderers. „Mein Vater lebte auf Mallorca. Ich war Anfang 30, hatte eine Ausbildung zum Journalisten in der Tasche und suchte nach einem neuen Abenteuer.“ Er kam seinen Vater besuchen. „Bei dem Urlaub bin ich einfach auf der Insel hängen geblieben.“ Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Tellerwäscher. Stück für Stück lernte er die Insel kennen und wollte über sie berichten.

Allard van Gent, der seit 2011 in Berlin wohnt, mit seinem Buch. | FOTO: PRIVAT Ralf Petzold

„Ich bin auf das deutsche Anzeigenblatt ‚El Aviso‘ aufmerksam geworden und habe dort mit einer holländischen Seite begonnen.“ Schnell wurde dem Journalisten klar, dass er mit seinen Inhalten auch selbst eine ganze Zeitung füllen könnte. „Das niederländische Konsulat in Palma sagte mir, dass die holländische Gemeinde etwa 4.000 bis 5.000 Personen umfasst.“ Hinzu kommen an die 6.000 Belgier, die der Sprache mächtig sind – die Flamen.

Startkapital im Möbelgeschäft verdient

„In einem Möbelgeschäft verdiente ich mir das Startkapital“, erzählt Van Gent. Halbtags schleppte und installierte der Holländer Betten und Schränke, in der anderen Tageshälfte füllte er Zeitungsseiten. „Damals lebte ich mit meiner deutschen Freundin Mangala Meiners in Campos. Sie hat die Gestaltung der Zeitung übernommen. Ich habe für die Inhalte gesorgt. 25 ehrenamtliche Kolumnisten haben geholfen.“

Einmal monatlich, zum 15., erschien das „Mallorca Vandaag“ – auf Deutsch in etwa „Mallorca heutzutage“ – kostenlos. „Wir hatten um die 30 Seiten. Die Auflage lag zwischen 1.500 bis 3.000 Exemplaren. Ich habe sie selbst auf der Insel verteilt und ausgelegt.“ Auch die Mallorca Zeitung wurde auf das deutsch-holländische Projekt aufmerksam und titelte im Sommer 2002 „Promis lieber in die Karibik“. In dem Artikel berichtete Van Gent, dass die Schönen und Reichen aus dem Land der Tulpen andere Inseln bevorzugen. „Im Vergleich zu den Deutschen kommen nur wenige holländische Promis auf die Insel.“ Sängerin Loona, Komiker Robert Kreis und Fußballer Arnold Bruggink, der damals für Real Mallorca spielte, zählten zu den bekanntesten Namen, die der Journalist interviewt hat.

Die MZ berichtete 2002 über das „Mallorca Vandaag“. | FOTO: MZ

Die MZ berichtete 2002 über das „Mallorca Vandaag“. | FOTO: MZ Ralf Petzold

Air Berlin einer der besten Kunden

Die Zeitung finanzierte sich allein über Anzeigen. „Air Berlin war einer unserer besten Kunden. Ich selbst konnte davon aber nicht leben.“ Thematisch ähnelte „Mallorca Vandaag“ der MZ. Van Gent legte den Fokus auf die Insel, berichtete über lokale News, Veranstaltungen, die Geschichten hinter den holländischen und belgischen Auswanderern und half der Gemeinde, das Alltagsleben zu meistern.

Da die sozialen Netzwerke damals noch nicht existierten oder in ihren Anfängen steckten, war es die holländische Zeitung, die die Menschen verband. Regelmäßig berichtete Van Gent über die niederländische Schule, die den Auswanderer-Kindern am Wochenende die Kultur näherbrachte. „Die gibt es zwar immer noch, heute sind die Leute aber in den Facebook-Gruppen organisiert.“

Viele Holländer sind bestens integriert

Für die Leser war das Blatt ein Stück Heimat. „Viele Holländer sind in die mallorquinische Gesellschaft bestens integriert, sprechen die Sprache und haben einen Partner von der Insel. Sie brauchen nicht regelmäßig einen Abend mit holländischen Freunden, haben aber trotzdem die Sehnsucht nach einer Zeitung in ihrer Muttersprache.“

Ende 2006 stellte der Holländer die Zeitung ein. „Meine Partnerin erkrankte und musste zur Dialyse. Ich musste mich um sie kümmern, und die Zeit hat nicht mehr für das ‚Mallorca Vandaag‘ gereicht. Wir beschlossen, noch die fünf Jahre vollzumachen und es danach sein zu lassen.“

Kaufangebote stets abgelehnt

So kam es auch. Die beiden Herausgeber verließen die Insel und trennten sich später. „Heute sind wir noch gute Freunde.“ Kaufngebote für seine Zeitung hat er stets abgelehnt, wie der Holländer sagt. „Eines davon war zwar lukrativ, doch das ‚Mallorca Vandaag‘ wäre zu einem Käseblatt verkommen. Das brachte ich nicht übers Herz, da mein Name weiter damit in Verbindung stand.“

Van Gent zog es über Amsterdam nach Berlin, wo er seit 2011 wohnt und als freiberuflicher Übersetzer und Journalist arbeitet, die alten Zeiten aber nicht vergessen hat – sie leben im Buch wieder auf. „Einige Artikel sind nicht mehr aktuell, da die Interviewpartner verstorben sind oder ihr Geschäft auf Mallorca aufgegeben haben. Ich sehe das aber als eine Art moderne Zeitgeschichte.“ Von den mehr als 200 Interviews, die er in den fünf Jahren verfasste, haben es 70 in das Buch geschafft.

Der Autor kommt auch heute noch regelmäßig im Urlaub auf die Insel, um die alten Kontakte zu pflegen. Kann er sich ein Comeback vorstellen? „Ich lasse es offen. Durch das Schreiben des Buches hat es auf jeden Fall wieder angefangen zu kribbeln.“

Das Buch ist für 19,95 Euro im Internet unter bit.ly/MallorcaVandaag erhältlich.