Haben Sie schon einmal versucht, einem Bayern eine mit Zuckerkugeln bestreute Breze zu verkaufen? Oder seine Weißwurst gar mit Ketchup zu servieren? Wahrscheinlich nicht, denn die Überlebenschancen sind bei einer solchen Aktion gering. Und was dem Bayern die Weißwurst, ist nun einmal dem Mallorquiner seine Ensaimada. Dementsprechend entrüstet war der mallorquinische Schauspieler Joan Carles Bestard, als er am Flughafen von Palma eine Hühnchen-Ensaimada vorfand. "Wo soll das noch alles hinführen?", fragte er auf Facebook unter einem Foto des kriminellen Gebäckstücks für ebenfalls kriminelle 10,60 Euro.

Denn eine Ensaimada ist ein süßes Gebäck, mit Puderzucker bestreut und kann entweder pur oder mit süßer Füllung genossen werden. Eine klassische Füllung wäre cabello de ángel, wörtlich übersetzt Engelshaar, das eine Art Kürbismarmelade ist. Andere Optionen sind Creme-, Sahne- oder Schokofüllungen.

Düstere Zukunft für die Ensaimada

Mallorquiner sind also durchaus kompromissfähig, was ihr liebstes Gebäck angeht. Aber Hühnchen? Das geht dann doch zu weit. "Bald wird es Kebab-Ensaimadas geben oder welche mit Cus-Cus, Lamm und Hummus", prophezeit ein Nutzer unter Bestards Foto düstere Zeiten. Ein anderer schreibt: "Innovative Köche haben eine Menge Schaden angerichtet."

Doch nicht jeder sieht im Hühnchen-Belag direkt das Ende der Welt, wie wir sie kennen. So schreibt der Journalist Pep Córcoles, dass es Präzedenzfälle gibt. "Ich habe vor Jahren in der Fira d'Alcúdia eine Sepien-Ensaimada probiert", gibt der Mallorquiner ohne Scham zu. "Mir wurde damals erklärt, dass der Ensaimada-Teig an sich neutral ist und dass die Süße erst später hinzugefügt wird", sagt er.

Daher könne eine Ensaimada auch mit salzigem Belag genossen werden. Córcoles schwärmt von Ensaimadas mit Kabeljau und Paprika, oder weihnachtlicher Ensaimada mit escaldums, einem (und hier schließt sich der Kreis) deftigen Hühnchen-Eintopf. So bleibt am Ende offen, ob die Flughafen-Bar nicht vielleicht sogar einer Tradition gefolgt ist, die die meisten Mallorquiner nicht mehr kennen.

Wer übrigens möglichst viele Lokalpatrioten auf einmal beleidigen will, dem sei von der Redaktion folgendes Gericht empfohlen: Eine Weißwurst-Ensaimada, mit traditionellem Puderzucker und einer ordentlichen Portion Ketchup. Lecker!