Mallorca Zeitung

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Altes Korn, gute Böden, neue Mühlen: Hier entsteht Öko-Mehl von Mallorca

Sylvia Pons und Stefan Carayon säen, ernten und mahlen verschiedene Getreidesorten so, dass sie reich an Mineralien bleiben. Das Öko-Mehl liefern sie Restaurants und Bäckereien

Das mit einem Bürstensystem gereinigte und vom „Spelz“ befreite Korn erreicht auf einer Metallschiene das Mahlwerk. Nele Bendgens

Die Felder liegen gegenüber dem Landgut Bellver Ric bei Sant Llorenç des Cardassar auf einem sanft ansteigenden Hügel. Dass hier verschiedene Getreidesorten wachsen, ist an den unterschiedlichen Grüntönen der Felder zu erkennen. Stefan Carayon bewirtschaftet das 60 Hektar große Öko-Land gemeinsam mit Sylvia Pons, seit Langem besitzen sie das Öko-Zertifikat des Inselrats auf Mallorca.

Dem französisch-mallorquinischen Paar geht es konsequent um biologischen Anbau. Es versorgt sich und den dreijährigen Sohn aus dem Gemüsegarten, heizt mit Holz aus dem eigenen Wald und kocht mit selbst produziertem Biogas. Doch Experten sind sie beide, wenn es um gutes Mehl geht. „Brot ist nur dann gesund, wenn das Korn auf gesunder Erde wächst“, unterstreicht Carayon.

Stefan Carayon, Sylvia Pons und Sohn Edan im Eingang zur Mühle auf ihrer Öko-Finca Bellver Ric in  der Nähe von Sant Llorenç des Cardassar.

Stefan Carayon, Sylvia Pons und Sohn Edan im Eingang zur Mühle auf ihrer Öko-Finca Bellver Ric in der Nähe von Sant Llorenç des Cardassar. Nele Bendgens

Die Böden

Dabei helfen zehn einheimische Kühe mit braunem Fell – sie sind an karges Leben gewöhnt. Sie beweiden das Land und düngen es, wenn ein Feld wegen des Rotationsprinzips brachliegt. Denn hier wird niemals zwei Jahre in Folge Getreide ausgesät. Auf die Weide der Kühe folgt die Aussaat der Ackerbohne als Stickstoffkur für den Boden.

In dem Tal zwischen den Feldern und dem Landgut finden sich Zeugnisse einer frühen Besiedelung. „Die Steine erzählen uns viele Geschichten“, sagt der Öko-Landwirt. In der Talayot-Kultur wären dort neben Wohngebäuden auch Getreidelager gebaut worden. Bodenproben hätten außerdem gezeigt, dass die Erde hier derjenigen in Afghanistan, Irak und Syrien ähnelt, einem Gebiet, das als die „Wiege des Getreideanbaus“ gilt.

Das Korn

„Langfristig ist eine gesunde Bodenqualität ausschließlich mit ökologischem Anbau zu bewerkstelligen“, sagt Sylvia Pons. Dafür eigneten sich besonders alte Kornsorten. Pons und Carayon haben lange mit der Aussaat auf der Inselerde experimentiert, bis sie Sorten fanden, die hier gut gedeihen und resistent gegen Schädlinge und Krankheiten sind. Im vergangenen Herbst haben sie sieben verschiedene Getreidesorten ausgesät.

Dazu gehört das traditionelle Inselkorn Blat xeixa (Triticum compactum), im Deutschen Zwergweizen genannt, sowie das Florenci Aurora. Sie beide zählen zu den Weichweizensorten (Triticum aestivum), die Klassiker fürs Backen. Dieses Korn ist weicher und mehliger als der Hartweizen für Pasta, Pizza oder Grieß, etwa das Blat mort (Triticum durum leucurum) und das an Enzymen reiche Blat barba (Triticum durum leucomelam). Zu dem Hartweizen zählt ebenfalls ein altes Korn, das Senatore Cappelli aus Sizilien. Espelta, deutsch Dinkel (Triticum spelta), ist mit dem Hart- und Weichweizen verwandt. Dessen Körner sind in einen für den Menschen unverdaulichen „Spelz“ gehüllt, spezielle Mühlen trennen ihn vom Korn.

Die Mühle

Nachdem das Korn mit Bürstensystemen im Freien gereinigt worden ist, kommt es in einer Halle im Nebengebäude in eine Schälmühle. Sie stamme von den Brüdern Asterié in Frankreich und kombiniere alte Steinmühlen mit moderner Technologie, sagt Carayon. Auch die zweite Getreidemühle stammt aus Frankreich. Auf einem Stein wird das Korn zerstoßen. Danach bestimmen die Öffnungen in den sich längs drehenden Mahlwerken die Qualität des Mehls. Je größer sie sind, desto mehr verbleibt von der Schutzhülle des Korns erhalten und desto höher ist der Gehalt an Mineralien. Der verbliebene Rest, die „Kleie“, fermentiert in einer Biogasanlage auf der Finca und wird zum Kochen genutzt.

Nach der Besichtigung der Mühle wird es Zeit für das Foto. Carayon schleppt die 25-Kilogrammsäcke zur Tür, Sylvia Pons stellt sich dazu, dann kommt plötzlich der dreijährige Edan mit der Schubkarre um die Ecke, er hat Brokkoli für die Mulis geladen. Er lässt alles stehen und liegen und will unbedingt mit den Eltern aufs Foto. „Wir leben hier einem kleinen Paradies“, sagt Sylvia Pons.

Das Mehl „Farines Bellver Ric, Moulin Astrié a Mallorca“ wird an Großkunden wie Bäckereien und Restaurants verkauft. Santi Taura bezieht es ebenso wie die Hugo Bakery. Tel.: +33 787-33 92 80, auch WhatsApp, ein Internetauftritt ist in Vorbereitung.

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