Mallorca Zeitung

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Die beste Sommelière Mallorcas im Interview: "Dahinter steckt viel harte Arbeit"

Juliana González hat als bisher einzige Frau den Titel „Bester Sommelier der Balearen“ gewonnen. Doch als Männerdomäne sieht sie die Weinwelt trotzdem nicht

Juliana González arbeitet als Sommelière im Es Fum. Nele Bendgens

Juliana González war 2020 die erste Frau, die den Titel der besten Sommeliere der Balearen gewann. Die 30-Jährige arbeitet im Sterne-Lokal Es Fum im Hotel St. Regis Mardavall in Costa d’en Blanes und gehört weiterhin zu den wenigen Frauen Mallorcas, die Gästen in den Top-Restaurants der Insel Weine empfehlen.

Ist die Welt der Weine eine Männerdomäne?

Nein, das kann man so auf keinen Fall sagen. Gerade hier auf Mallorca arbeiten in vielen wichtigen Bodegas Frauen als Önologinnen. Zum Beispiel bei Macià Batle, Ribas und Son Vic. Bei uns Sommeliers ist das wiederum etwas anderes. Mir fallen außer mir nur zwei weitere Sommelièren ein, die auf Mallorca in großen Restaurants arbeiten. Eine davon bei Ca Na Toneta in Caimari und eine bei Marc Fosh in Palma. Das war es, soweit ich weiß, tatsächlich schon.

Und wie kommt es, dass gerade unter Sommeliers nur wenige Frauen zu finden sind?

Das habe ich mich auch oft gefragt. Weltweit gibt es viele wichtige weibliche Sommeliers, da ist es nicht ganz so unausgeglichen wie auf Mallorca. Aber trotzdem sind wir unterrepräsentiert, auch in den weltweiten Wettbewerben finden sich nur wenige Frauen. Ich glaube nicht, dass es an fehlendem Interesse liegt. In meinem Sommelier-Kurs waren mindestens genauso viele Frauen wie Männer. Und unter den Gästen gibt es viele Frauen, die Wein lieben. Vielleicht versuchen zu wenige Frauen, wirklich einen Beruf daraus zu machen? Mir würde es sehr gefallen, mehr Frauen zu sehen. Ich kenne Kellnerinnen, die sich gut mit Weinen auskennen und in der Praxis schon als Sommelièren arbeiten, aber nicht die Chance ergreifen, sich weiterzubilden und auch offiziell den besser bezahlten Job zu machen.

Vielleicht schrecken auch die Arbeitszeiten in der Gastronomie viele der Frauen ab.

Die Gastronomie ist ein harter Job, das stimmt. Aber sowohl für Frauen als auch für Männer. Späte Arbeitsstunden und all die Wochenenddienste erschweren das Familienleben, als Sommelier ist man nun einmal nicht für Frühstücke zuständig. Allerdings ist es nicht der einzige Job, der solche Schwierigkeiten mit sich bringt. Ärztinnen zum Beispiel gibt es inzwischen viele, obwohl auch in einem Krankenhaus die Schichten sehr anstrengend sind. Nur weil man Kinder hat oder welche will, muss man als Frau nicht den Job der Sommelière meiden. Ich habe selbst noch keine Kinder, aber hoffe, danach auch weiter meinen Beruf ausüben zu können.

Wie wird man denn als Frau aufgenommen? Ist es ein geschlossener Männerzirkel?

In die Welt der hohen Gastronomie oder der Sommeliers reinzukommen, ist tatsächlich nicht unbedingt einfach. Aber wir sind generell eine verschlossene Gemeinschaft, das hat nichts mit Mann oder Frau zu tun. Man muss auch Glück haben. Mir wurde zum Beispiel sehr geholfen, und zwar von Männern.

Wie kamen Sie dazu, Sommelière zu werden?

Ich arbeitete 2017 als Kellnerin im Es Racó d’es Teix, einem Gourmet-Restaurant in Deià, als ich zum ersten Mal die Arbeit eines Sommeliers aus der Nähe betrachten konnte. Ich war von Anfang an fasziniert. Ich dachte mir: Das gefällt mir, das will ich machen.

Warum genau?

Das Verhältnis zu den Gästen ist ein anderes als zu Kellnern beispielsweise. Die Gäste hörten den Sommeliers ganz anders zu. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass mich auch der Wein selbst fasziniert und all das Wissen, was mit ihm einhergeht. Aber mein erster Eindruck hat sich bestätigt: Am meisten liebe ich den Moment, in dem ich den Gästen den Wein empfehle und zusammen mit meinen Kollegen ein Erlebnis für sie kreiere. Damals wusste ich das alles noch nicht, aber ich ging zu meiner Chefin und sagte, ich will Somme-lière werden.

Waren Sie damals schon passionierte Weintrinkerin?

Nein, ehrlich gesagt habe ich damals eher Bier getrunken. Ich hatte keine Ahnung von Wein. Javier Gómez und Davide Dellago waren damals die Sommeliers im Racó d’es Teix. Sie haben mich sehr unterstützt und mir viel beigebracht. Javier Gómez half mir, in den Kurs der Hotelfachschule zu kommen und brachte mich in Kontakt mit dem Sommeliers-Verband. Dadurch konnte ich auch bei Wettbewerben und anderen Aktivitäten des Verbands mitmachen. Ich habe mich damals extrem in die Arbeit gestürzt, viel gelernt, viel geübt. Es ging alles sehr schnell.

Nehmen die Gäste Sie genauso ernst wie Ihre männlichen Kollegen?

Ja, auf jeden Fall. Ich bekomme sehr positive Reaktionen. Gerade Frauen freuen sich häufig darüber, eine Frau auf diesem Posten zu sehen.

Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen der Arbeit von weiblichen und männlichen Sommeliers?

Ich habe einmal einen Artikel gelesen, der behauptet hat, Frauen hätten die feinere Nase. Aber selbst wenn dem so ist, gibt es sehr genaue Vorgaben, wie ein Wein beschrieben werden kann. Die Sprache eines Sommeliers muss verständlich sein. Du kannst nicht sagen, ein Wein duftet nach der Schublade deines Schrankes. Weil niemand außer dir weiß, wie diese Schublade riecht. Man muss seine Vokabeln kennen und den passenden Wein für den jeweiligen Gast wissen. Ein guter Sommelier zu sein ist keine Sache des Geschlechts, sondern der Arbeit, die man investiert.

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