Mallorca Zeitung

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Vom Lonja-Viertel in Palma de Mallorca ins Industriegebiet: Kultlokal Bruselas ist umgezogen

Nicht weg, nur anders: das argentinische Kellerlokal ist vom Zentrum der Inselhauptstadt nach Son Castelló gezogen

José Luis Sánchez und seine Frau Andrea. Bendgens

Erinnern Sie sich noch an das Bruselas, dieses gemütlich verwinkelte Kellerlokal im Lonja-Viertel nahe des Borne mit seinen kuschligen kleinen Räumen? 18 Jahre lang war es unglaublich beliebt, vor allem bei Urlaubern und hier ganz oder teils lebenden ausländischen Residenten. Mallorquiner traf man seltener dort an. Das Lokal mit seiner Ausrichtung auf Qualitätsfleisch vom Grill und argentinische Spezialitäten lief bestens. Der Besitzer José Luis Sánchez Cabezuda und seine Frau Andrea, beide Argentinier, führten das Restaurant mit Leidenschaft. Man kannte seine Gäste, darunter viele Stammgäste, man richtete nette Events aus und empfing in der ehemaligen Piano-Bar lustige Runden.

Nur einer von mehreren Bereichen im Bruselas. Bendgens

Dann kam die Pandemie

Aber dann kam Corona. Erst musste alles geschlossen bleiben, dann durften nur Teile der Terrasse geöffnet werden. Ganz schlimm war dies natürlich für Lokale ohne Terrasse, ja gar ohne Fenster – wie das Bruselas. In dieser Situation durchstreiften Sánchez und seine Frau im Mai 2020 eines Tages Palmas Gewerbegebiet Son Castelló und kamen zu Fuß am Hochhaus Asima (Asociación de Industriales de Mallorca) vorbei. „Ich bemerkte, dass vor der Eingangstür jede Menge Post lag. Also kontaktierte ich den Besitzer Francisco Martorell – wir kannten uns – und befragte ihn zum Lokal. Dann ging alles ganz schnell“, sagt José Luis Sánchez.

Das Salat-Buffet. Bendgens

Neue Chance für altes Lokal

Der frühere Betreiber hatte aufgegeben, und Sánchez sah eine Chance für ihn und sein Team. „Wir haben nur kurz überlegt und dann beschlossen, das Bruselas mit anderem Konzept dort weiterzuführen.“ Den Ausschlag gaben die zwei großen Terrassen, zur damaligen Zeit quasi ein Sechser im Lotto. Insgesamt verfügt das Lokal über rund 150 Plätze.

Die meisten Gäste arbeiten in den Unternehmen des größten Gewerbegebiets. Bendgens

Anpassung an die neue Kundschaft

Konzeptionell hat sich das Lokal an seinen neuen Standort angepasst, was bedeutet, dass schon um sieben Uhr geöffnet wird, wenn die ersten Polígono-Beschäftigten ihr Frühstück wollen. Dann kommt die nächste Welle zur Merienda-Zeit am Vormittag, wo man sich einen belegten Toast oder ein kaltes oder warmes bocadillo gönnt (2,20–6,80 Euro). Es folgt der Mittagstisch mit wechselnden Tagesangeboten, vielen günstigen Gerichten sowie der klassischen Bruselas-Karte mit hochwertigem argentinischem und gereiftem galicischem Fleisch und den delikaten typischen Vorspeisen. So wie man es vom alten Bruselas her kennt. Auch gute Weine – etwa aus Mallorca und Argentinien – dürfen da nicht fehlen.

Die Mischung macht's

Diese Mischung macht das Lokal sowohl für Arbeitnehmer als auch für Firmenchefs beliebt. Um 18 Uhr ist Schluss, und geöffnet ist nur von Montag bis Freitag. „Das ist ein weiterer Vorteil – wir haben nun endlich abends und am Wochenende Zeit für die Familie, für uns als Paar. Immerhin bin ich schon 71, da muss man keine komplette traditionelle Restaurantwoche mit sechs Tagen und Nächten mehr durchstehen.“ Mehr Lebensqualität, also, und die hat sich das Paar nach all den Jahren mehr als verdient. Wobei: Ein wenig Heimweh nach dem alten Bruselas und seinen Gästen klingt schon durch, wenn man mit José Luis Sánchez spricht.

Im Bruselas gibt es auch Fleisch- und Huhn-Gerichte. Bendgens

Es lohnt sich

Wer nun sagt, um Gottes willen, in diesem polígono hab ich mich schon zig Mal verfahren, das tu ich mir nicht an, sollte sich das noch einmal überlegen. Das Lokal im höchsten Gebäude weit und breit ist gar nicht zu übersehen und liegt gleich an der Abfahrt von der Autobahn. Eine Schranke versperrt den Weg, aber die lässt sich mit Hinweis auf das Lokal überwinden. So ist ein Parkplatz schnell gefunden – ebenfalls ein enormer Vorteil im Vergleich zu Palmas Altstadt.

Kein Höhlenfeeling mehr

Das Lokal ist sehr groß und natürlich ganz anders als zuvor. Kein gemütliches Höhlenfeeling mehr, aber neben dem Hauptraum gibt es noch zwei nette Nebenräume. Und sobald die Kroketten aus 60 Tage gereiftem Rindfleisch, eine der leckeren Salatkreationen, die argentinischen empanadas criollas, der Provolone-Käse, die mollejas (Kalbsbries), das ojo de bife (argentinisches Steak) oder das galicische Steak serviert sind, jeweils begleitet von Gemüse vom Grill, spürt man den Hauch vom alten Bruselas und lässt es sich gut gehen.

Nebenbei bemerkt: Für all jene, die nach der ganzen, auch teuren Feierzeit von Weihnachten bis Karneval nun ein wenig aufs Geld schauen müssen, ist das neue Bruselas ebenfalls eine interessante Option, denn eine spezielle Karte mit platos combinados bietet Hauptgerichte wie Entrecôte, Seehecht mit grüner Sauce und Kartoffeln, Hamburger oder Mini-Tintenfischchen vom Grill mit Gemüse und Salat von 8 bis 13 Euro. Und auch die normale Karte bleibt mehr als bezahlbar: Vorspeisen 2,60–12 Euro, Hauptgerichte 11,50–28 Euro, Desserts 3–4,50 Euro.

Bruselas:

geöffnet Mo.–Fr. 7–18 Uhr. Avda. Gran Via Asima, 2, Polígono Castelló (Palma). Tel.: 971-71 09 54, restaurantebruselas.net 

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