Mallorca Zeitung

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In einem Gewerbegebiet von Palma toben sich zwei Top-Gastronomen auf Mallorca kreativ aus

Feine Küche im Polígono Can Valero in Palma: Mit dem Morralla 7879 haben sich zwei erfahrene Küchenchefs einen Traum erfüllt. Das schmeckt man

Saucen-Spezialist Enrique „Kike“ Erazo (re.) beim Anrichten. | FOTO: BENDGENS martina zender

Manchmal dauert es Jahre, bis sich ein Traum erfüllt. So wie bei Enrique „Kike“ Erazo und Emanuel Paggi, beide Argentinier und schon seit rund 20 Jahren auf der Insel, Paggi mit kleinen Unterbrechungen. Die Freunde träumten von einem eigenen Restaurant. Doch heutzutage geben Banken kaum Kredite, sodass der Eigenanteil für Übernahme, Umbau, Einrichtung und Miete größtenteils selbst finanziert werden muss. Und Sparen dauert. Doch die beiden haben es geschafft: Vor Kurzem hat ihr Morralla 7879 eröffnet.

Der Restaurantname ist schnell erklärt: Die Zahlen stehen für ihre Geburtsjahrgänge, und der Name bezeichnet vor allem die kleinen Felsenfische, die man für einen guten Fischfond benötigt. So nennt man auch abschätzig etwas Einfaches, nicht so Tolles. „Wenn die Leute unser Lokal betreten, kommt allerdings ein ‚Wow‘, weil sie so etwas nicht in einem polígono erwarten“, erklärt Paggi. „Wir untertreiben mit dem Namen etwas.“

Reis mit Artischocken und Bäckchen vom Rind Nele Bendgens

Damit ist auch der Ort des Geschehens umrissen – das Morralla 7879 liegt fast am Nordrand des Polígono Can Valero, einem Gewerbegebiet nahe dem Fußballstadion Son Moix. „Die Vorteile hier liegen auf der Hand: Die Miete ist günstiger, es gibt jede Menge kostenlose Parkplätze, wir haben eine große überdachte Terrasse und auch sonst viel Platz“, sagt Kike Erazo.

Seit Jahren ein Garant für gute Küche

Anspruchsvolle Gastronomie findet man in Gewerbegebieten eher selten, es ist das Reich der einfachen Lokale mit bocadillos und günstigem Mittagsmenü. Doch das Morralla 7879 will anders sein und ist es auch. Kein Wunder: Kike Erazo ist schon seit vielen Jahren Garant für gute Küche. Auf seinem Weg hat er Station gemacht im Digui, GP Café, Burger Lab, L’Arruz, Baiben, Olivera und zuletzt in der Arrocería El Puente in Palma.

Tintenfischchen in eigener Tinte Nele Bendgens

Wie auch dort gibt es im Morralla 7879 viele Reisgerichte. Kike Erazo ist dafür bekannt. „Viele Menschen denken in Schubladen und meinen, Argentinier wären nur gut in Fleischgerichten, aber ich fand Reis spannend, und so habe ich mich auch darauf konzentriert“, sagt er. Auf der Karte finden sich etwa arroces (Reisgerichte) mit Garnelen und Kalmar, mit Huhn, Garnelen und Gemüse, mit Hummer oder Thunfisch, aber auch tagesaktuelle Varianten mit Bäckchen vom Rind und Artischocken.

Beste Qualität bei den Lieferanten

Jedoch gibt es auch Premiumfleisch, Fisch, Salate und viele maritime Vorspeisen. Bei den Steaks haben sich die beiden Betreiber auf gereifte Stücke fokussiert, die sie von der renommierten baskischen Firma Carnes Okulan beziehen. „Wir haben 40 und rund 70 Tage lang gereiftes Rindfleisch“, sagt Kike Erazo. Es stamme vor allem von den Rassen Rubia gallega (galicisches Blondvieh) und Frisona (Holstein-Rind). Beim Fisch arbeite man mit dem renommierten Fischlieferanten Pescados Oliver aus Port d’Alcúdia zusammen.

ArbeiGratinierte Jakobsmuscheln. Nele Bendgens

Begeistert haben bei den Vorspeisen vor allem die kleinen Jakobsmuscheln zamburiñas, gratiniert mit zwei Saucen, die unglaublich zarten chipirones (kleine Tintenfischchen) in eigener Tinte mit einer Aioli aus geröstetem Knoblauch oder die feinen Kroketten. Wer sein Reisgericht nicht schafft, kann den Rest natürlich – entsprechend verpackt – mitnehmen (Vorspeisen, auch zum Teilen 10–18 Euro, Reisgerichte 18–23 Euro, Hauptspeisen 18–32 Euro, Desserts 7 Euro).

Ein Perfektionist

Erazo ist ein Perfektionist, der so lange an einem Gericht experimentiert und probiert, bis er die richtigen Zutaten, Mischung und Kochzeit gefunden hat. Dabei verwendet er viel Zeit auf die Zusammensetzung von Saucen, sofritos (Gemüsemix als Saucenbasis) und Brühen, die er dann bei den Gerichten teils mischt, was für besondere Geschmacksintensität sorgt. Ebenfalls typisch für seinen Küchenstil ist die Tatsache, dass er möglichst alles von einem Tier nutzt und so verschiedenste Gerichte damit kreiert.

Kroketten Nele Bendgens

Die offene Küche ist komplett neu eingerichtet, etwa mit einem Reifeschrank für Fleisch und fünf speziellen Paella-Herdplatten mit jeweils acht Feuerringen für die gleichmäßige perfekte Zubereitung. Das Restaurant mit seinen hohen Decken ist elegant und ungewöhnlich mit seiner dreieckigen Form. Die Wände hat der Künstler Jeroni Et Mira teils mit Meeresmotiven wie Fischen und Tintenfischen bemalt, Hauptfigur ist eine junge Frau, „unsere Morralla-Göttin“, wie Erazo sie nennt, die mit einem großen Hackmesser die Tiere zerteilt. Klingt schrecklich, sieht aber so gut aus wie die Gerichte, für die sich ein Ausflug ins Gewerbegebiet absolut lohnt. Noch ist das Lokal nur tagsüber geöffnet, aber in der baldigen Zukunft sollen auch die Freitag- und Samstagabende hinzukommen.

Weitere Informationen: Morralla 7879

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