Mallorca Zeitung

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Nachhaltig, umweltbewusst – und sehr lecker: Ein Restaurant auf Mallorca geht neue Wege

Im Cuina Vivant in Palmas Altstadt hat man sich Gedanken gemacht. Die Waren stammen von Landwirten des Vertrauens

Das ambitionierte Paar Pilar Palou Gari und Tomàs Ketlun Gallego in seinem Restaurant Cuina Vivant im Gerreria-Viertel. NELE BENDGENS

Ein neues Jahr hat begonnen, wie wäre es also mit einigen guten Vorsätzen? Etwa mit der Umsetzung von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein – aber mit viel Genuss? Als kleine Anregung sei hier das Restaurant Cuina Vivant in Palma vorgestellt, deren Besitzer, Pilar Palou Gari und Tomàs Ketlun Gallego, sich genau dies vor einigen Jahren vornahmen und es im Frühjahr 2023 in Bezug auf Essen, Trinken und Einrichtung auch umgesetzt haben.

„Wir hatten uns schon vorher Gedanken gemacht, aber speziell während der Pandemie hatte man Muße dafür“, erzählt Pilar, die Mallorquinerin, die ihren argentinischen Lebensgefährten vor rund fünf Jahren in London kennengelernt hat. „Wir wollten unser erstes eigenes Lokal auf einer solchen Basis starten.“ Im März vergangenen Jahres klappte es dann mit der Selbstständigkeit, und das Cuina Vivant, ums Eck von der Plaça Raimundo Clar, startete.

Raoles mit Mangold und Butifarró. MARTINA ZENDER

Produkte von der Insel

Das Paar verwendet möglichst Produkte von der Insel, maximal vom Festland. Ausnahme sei das italienische Mehl für die selbst gemachten Nudeln. „Mit Mehl von hier kann man keine gute Pasta machen“, da seien Kompromisse nötig. Die Waren stammen größtenteils von Landwirten oder Lieferanten ihres Vertrauens. „Für Biosiegel haben die wenigsten Geld, aber dennoch kommt keine Chemie zum Einsatz – darauf achten wir.“ So besucht ihr Metzger, Cas Sereno in Inca, die Bezugsquellen seines Fleischs und mache sich vor Ort ein Bild von der Tierhaltung.

Des Weiteren verwendet man vom Fisch, der größtenteils von der Pescadería Soler Sastre auf Palmas Markt Pere Garau stammt, möglichst alle Bestandteile, und zwar für die verschiedensten Gerichte. „Für einen guten Fischfond kann man alle Organe des Tieres verwenden, das macht ihn nur intensiver“, erklärt Tomàs. Fischfarmen scheiden als Lieferanten aus. Das Paar bestellt lieber pescados de roca (kleinere Fische aus Mallorcas Gewässern), aber auch große unbekanntere Arten wie palométon (Leerfisch), pez agua (Gewöhnlicher Hornhecht), pez ballesta (Drückerfisch) oder barracuda (Pfeilhecht). Bei den Verpackungen vermeidet man Plastik und zieht Mehrweglösungen vor.

Testportionen: mit Fleisch gefüllte Cannelloni … | MARTINA ZENDER

Das steht auf der Karte

Auf der Karte finden Gäste feine frittierte raoles (Bällchen) aus Mangold und butifarrón (Blutwurst) beträufelt mit zwei Saucen, einem Tomatenchutney und einer Aioli mit Salzzitronen, belegt mit einem fermentierten Möhre-Fenchel-Mix. Auch Schweinshaxe ist im Angebot, als Tagesgericht zudem zwei mit geschmortem Schwarzschwein gefüllte Cannelloni mit Bechamelsauce. Aber hauptsächlich gibt es Gerichte mit Fischen und Meeresfrüchten wie das frit de peix (frittierte Fischstückchen mit Gemüse), einen Salat mit eingelegtem Fisch, das bacoreta-Sashimi (kleiner Thun) mit Fino-Sherry und Clementinen, hausgemachte Tagliatelle Carbonara mit Fisch, ein suppiges Reisgericht mit Fisch und Meeresfrüchten oder einen Fisch-Hamburger mit Kimchi. Werktags beinhaltet das Mittagsmenü für 18,50 Euro drei Gänge inklusive Brot, selbst eingelegte Oliven und Wasser.

Auch bei den Getränken geht das Lokal andere Wege. Im Angebot ist Wasser aus der eigenen Osmose-Anlage, es gibt nur eine Biersorte aus dem Zapfhahn, Estrella Galicia, und die Erfrischungsgetränke kommen von der hiesigen Firma Puig statt von einem der weltweit bekannten Konzerne. Hinzu kommen größtenteils Natur- oder Bioweine von der Insel, etwa von den Bodegas Selva Vins, Mesquida Mora, Galmes i Ribot, Can Majoral oder Soca Rel.

Reissuppe mit Fisch und Meeresfrüchten MARTINA ZENDER

Wermut aus Zapfhähnen

Auch einige Weine sowie Wermut gibt es aus Zapfhähnen, angeschlossen an 15-Liter-Behälter. „Das System kennen wir aus London, dort ist das total angesagt, und in Madrid und Barcelona gibt es auch schon viele Lokale, die damit arbeiten, aber auf Mallorca fängt es gerade erst an“, erklärt Pilar. Man nutze dafür junge Weine und spare Flaschenglas sowie Kork. „Die Investition war nicht ohne, aber wir wollen unserer Linie treu bleiben“, ergänzt Tomàs, „so können wir guten Gewissens schlafen.“

Apropos Wermut: Samstags ist das Cuina vivant lediglich in der Zeit von 12 bis 15 Uhr geöffnet, und angeboten werden bei diesem vermuteo, der oft auch von Livemusik begleitet wird, Gerichte der Woche oder von der Karte in Fingerfood-Form. Kommen normalerweise fünf bis sechs raoles auf den Teller, gibt es dann nur ein Bällchen. Außerdem serviert werden Kroketten, Falafel mit Tsatsiki, gildas (Spießchen mit Oliven und Anchovis) und Coca. Dazu gibt’s für die Gäste vornehmlich Wermuth (Vorspeisen 5 bis 1 1 Euro, Hauptspeisen 13,50 bis 17,50 Euro).

Noch ein paar Worte zur Einrichtung: Auch hier wurde viel wiederverwertetes Material genutzt, beispielsweise im Fall des Holzes für die obere (Ulme) und untere Theke (Steineiche) und den daran angrenzenden Tischteil – alles stammt von Bäumen, die bei Stürmen umgefallen waren. Alte Holzleisten von Schuhen wurden kurzerhand zu witzigen Garderoben-Aufhängern, und die Holzregale wurden aus alten vigas gefertigt, also Deckenbalken. „Wir sind sicher noch nicht perfekt, aber auf dem richtigen Weg“, so Pilar, „und wir geben uns viel Mühe.“

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