Goofy ging es schon lange schlecht, Carmen Ozonas wusste, dass sie ihn bald einschläfern lassen musste. Ozonas hat bei ihrer Arbeit in einem Krankenhaus oft mit dem Tod zu tun, sie ist diejenige, die Beerdigungsinstitute organisiert, wenn ein Patient verstirbt. Als Goofy im Sterben lag, wusste sie trotzdem nicht, was zu tun war. Weil sie selbst betroffen war, voller Angst und Sorge, weil sie schon jetzt trauerte. Und weil Goofy kein Mensch, kein Verwandter war. Sondern ein Hund.

Der Border Collie war über 14 Jahre ihr treuer Begleiter gewesen. Die 55-Jährige hat keine Kinder, Goofy füllte diese Lücke. Carmen Ozonas wollte nicht den städtischen Entsorgungsverband Emaya anrufen und den toten Hund abholen lassen, sie wollte nicht, dass er zusammen mit Müll verbrannt wird. Einen Garten, in dem sie ihn vergraben könnte, haben Ozonas und ihr Mann nicht. Legal wäre das sowieso nicht. Also fragte sie ihren Tierarzt nach einer Möglichkeit, Goofy würdig beizusetzen. Der gab ihr die Information zu den beiden Tierkrematorien auf der Insel: Son Batlet und Es Pas. Ozonas wählte eine der beiden Nummern, und Kristian Pérez von Es Pas ging ans Telefon.

Kristian Pérez von Es Pas in Llucmajor.

Kristian Pérez von Es Pas in Llucmajor. Nele Bendgens

Bei Notfällen können sich Tierbesitzer rund um die Uhr bei Pérez melden. Der 34-Jährige hat in der Gastronomie gearbeitet, bevor er vor sechs Jahren mit seinem Partner Toni Durán das Bestattungsinstitut für Tiere eröffnete. Durán ist Tierarzt, leitet eine Tierklinik. Er ist häufig vom ersten Moment des Lebens eines Tieres dabei und wollte die Möglichkeit haben, auch ihren Tod zu begleiten. Pérez beschloss, ihn dabei zu unterstützen. Und merkte schnell, dass die Arbeit ihm gefiel, trotz aller Trauer, die ihn dabei umgibt. „Man begleitet Menschen bei einem sehr emotionalen Moment ihres Lebens. Dabei braucht es vor allem viel Empathie“, sagt er.

Eine Bestattung ist zutiefst menschlich

Bestattungsinstitut für Tiere. Allein, dass es solche Firmen gibt, wirkt auf manche befremdlich. Ein menschliches Ritual wird auf Tiere übertragen, Hunde und Katzen werden vermenschlicht. Aber wer Tierhalter kennt, weiß, welche innige Beziehung Menschen häufig zu ihren Begleitern haben. Und so ist es am Ende eben doch ein menschliches Ritual. Es geht nicht um das spezifische Tier, es geht darum, dass Herrchen und Frauchen sich verabschieden können.

Der Ort, an dem sich das Bestattungsinstitut Es Pas (Der Übergang) befindet, irritiert zunächst. Mitten im Industriegebiet von Llucmajor gelegen, fahren vor dem Eingang Gabelstapler und Lastwagen. Hinter den gewellten Blechwänden öffnet sich dann aber eine Ruheoase mit Teppichen, entspannter Musik und Pflanzendeko. Nur die ausgestellten Urnen, die teilweise Tierformen haben, unterscheiden Es Pas von einem Bestattungsinstitut für Menschen.

In einem eigenen Raum bei Es Pas können Menschen sich von ihrem treuen Begleiter verabschieden. Durch ein Glas können sie dann sehen, wie die Einäscherung erfolgt. Nele Bendgens

Hunde und Katzen, Kanarienvögel, Papageien, Kaninchen, Hühner, Mäuse und auch Hausschweine hat Pérez schon eingeäschert. „Viele meiner Kunden erzählen mir, dass sie zu ihren Tieren ein engeres Verhältnis hatten als zu ihren Familienangehörigen“, sagt Pérez. Er versuche ihnen so gut es geht, die Möglichkeit zu geben zu trauern. Deswegen fragt er die Menschen nach dem Leben ihres Maskottchens, lässt sie trauern, wie sie es möchten.

Die letzten Pfotenabdrücke

Manche bringen Verwandte mit, manche zelebrieren ein kleines Abschiedsritual. Zum Beispiel die freiwilligen Helfer der Tierstation Dogs for U. Sie kümmern sich um große Hunde, die sonst in Tierheimen wären. Die Tiere, die sie nicht an neue Besitzer vermitteln können, bleiben bei ihnen. Oft bis ins hohe Alter, bis der Moment des Abschieds kommt. Die Helfer von Dogs for U machen daraus immer eine kleine Feier mit Blumen und Musik, der Körper des Hundes liegt dabei auf einem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes. Für alle, die den Hund betreut haben, gibt es Pfotenabdrücke. Erst dann wird der Hund eingeäschert.

Viele wollen dabei sein, wenn ihr Haustier verbrannt wird. „Manche befürchten, dass sie sonst nicht die richtige Asche bekommen“, sagt Pérez. Eine Frau habe sich sogar gewünscht, ihren Hund brennen zu sehen. Da der Ofen keine Fenster hat, konnte er diesen Wunsch aber nicht erfüllen.

Eva Borrás von Son Batlet. Nele Bendgens

Ungewöhnliche Wünsche ist auch Eva Borrás von Son Batlet gewohnt. Die Tierärztin hat das Unternehmen vor 16 Jahren gegründet. Erst nur das Krematorium, später dann auch eine Hundepension. Es sei etwas Gutes, sagt sie, dass jeder das Ende seines Tieres nach seinen Vorstellungen gestalten kann. „Wenn ein Mensch stirbt, gibt es ja auch ein klares Protokoll, feste Rituale“, sagt sie. Totenschein, Totenwache, häufig eine Messe, Beerdigung.

„Der Tod eines Tieres kann hingegen frei gestaltet werden“, sagt Borrás. Wer singen wolle, könne das tun, wer allein sein möchte, müsse niemanden einladen. Manche ihrer Kunden wollen noch einmal mit ihrem Tier allein gelassen werden, manche wollen die Asche in einer Kette um den Hals tragen oder sie auf mehrere Urnen für mehrere Menschen verteilen. In einem Kondolenzbuch können die Tierbesitzer ihre Gefühle ausdrücken. „In unserer Gesellschaft ist es manchmal schwierig zu weinen, weil dein Hund gestorben ist. Wir versuchen, hier zu helfen, mit diesen Gefühlen umzugehen.“

Die beiden Bestattungsunternehmen verkaufen unter anderem Anhänger, in die ein kleiner Teil der Asche der Tiere gefüllt werden kann.

Die beiden Bestattungsunternehmen verkaufen unter anderem Anhänger, in die ein kleiner Teil der Asche der Tiere gefüllt werden kann. Nele Bendgens

Man müsse das Verhältnis zwischen dem jeweiligen Menschen und seinem Haustier verstehen, um die Reaktionen auf deren Tod nachvollziehen zu können, sagt Borrás. Viele hätten eine sehr enge Bindung zu ihren Maskottchen. Wenn der Tod unerwartet kommt, weil das Tier zum Beispiel überfahren wurde, sei es zusätzlich schlimm. Die meisten reagierten viel ruhiger, wenn sie sich verabschieden konnten. Es sei ein weites Spektrum.

„Teilweise weinen die Menschen herzzerbrechend, dabei sieht das Tier gar nicht aus, als sei es zu Lebzeiten gut behandelt worden. Diese Tierhalter haben dann wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen“, mutmaßt Borrás. Wie auch Pérez spricht sie urteilsfrei von den Eigenheiten ihrer Kunden. Wahrscheinlich ist Empathie und Unvoreingenommenheit für diese Arbeit unerlässlich. Wobei Borrás etwas geschäftsmäßiger wirkt als Pérez, der sich in jeden Kunden einzufühlen scheint und sagt, dass er oft mitweinen muss.

Eine Frage der Nähe

Borrás hat teilweise keinen Kundenkontakt, da sie mit Tierkliniken zusammenarbeitet. Sie oder einer ihrer Mitarbeiter holen die Tiere in der Klinik ab und bringen die Asche wieder zurück. „Für viele Menschen ist das angenehmer, weil sie alles nur über den Arzt machen, den sie kennen.“ Dadurch dass sie eine Pension für Hunde und Katzen betreibt, kann es aber auch passieren, dass sie Tiere einäschern muss, die sie selbst kannte. Und da ist Borrás dann emotional. Eigentlich sei es wichtig, eine professionelle Distanz zu haben, in Ruhe den Kunden alles erklären zu können. „Aber wenn du das Tier selbst gekannt hast, wird es schwieriger, professionell zu bleiben. Dann können auch mir die Tränen kommen.“

Freunde von Carmen Ozonas hatten ihr gesagt, dass es blöd sei, einen Bestattungsservice für ihren Hund zu beauftragen. Dass das bloß Geldmacherei sei, sie solle Emaya rufen. Tatsächlich ist so eine Einäscherung teuer, kostet je nach Größe des Tieres bei Son Batlet zwischen 160 und 309 Euro, bei Es Pas zwischen 170 und 350 Euro. Aber Carmen Ozonas ist froh, dass sie es gemacht hat. In einer Totenwache konnte sie von Goofy Abschied nehmen.

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Am Ende habe ihr Hund sehr gelitten, die letzten Tage und Stunden seien nicht schön gewesen. Dank der Totenwache sei das letzte Bild von ihm nun ein anderes. „Ich habe dadurch ein Gefühl von innerem Frieden bekommen“, sagt Ozonas. Sie habe nicht einmal weinen müssen, es habe ihr geholfen, mit dem Tod ihres geliebten Begleiters abzuschließen. Goofys Asche hat sie zusammen mit ihrem Mann an einem schönen Platz in der Natur begraben.