Mallorca Zeitung

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Wie um ein Haar Pizza statt Ensaimada die Spezialität von Mallorca geworden wäre

Wären die Pisaner länger geblieben, wäre die Insel heute wie Italien. Teil 7 unserer Serie "Seltsame Touris"

Pizza als Symbol für italienische Lebensart gibt es auch auf Mallorca. Erstellt mit Adobe Firefly

Die Balearen sind eine autonome spanische Gemeinschaft. In der Vergangenheit waren sie jedoch römisch, und in den letzten neun Jahrhunderten orientierten sie sich mindestens zweimal nach Osten, zur italienischen Halbinsel, anstatt nach Westen, zur Iberischen Halbinsel. Die jüngste Gelegenheit stammt aus der Zeit von Benito Mussolini, der plante, den Archipel mit 200.000 Italienern zu besiedeln.

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Die andere stammt aus den Jahren 1 1 1 3/1 1 14, als die Pisaner die arabische Medina Mayurqa eroberten und dem Erdboden gleichmachten. Einige Monate später, angesichts der absehbaren Ankunft der Almoraviden, bestiegen sie wieder ihre Schiffe und verzichteten auf einen langen Mallorca-Urlaub. Dabei hatten sie einige Unannehmlichkeiten gehabt, um hierherzukommen. Als Trostpflaster nahmen sie einige Souvenirs mit. Zum Beispiel zwei rote Porphyrsäulen, die sich in der Almudaina befanden und heute den Eingang zum Baptisterium in Florenz bewachen.

Ein Dichter aus Pisa verfasste den „Liber maiolichinus de gestis pisanorum illustribus“ (eine Chronik über die Eroberung Mallorcas). Die 3.500 Verse schreiben alle Verdienste seinen Landsleuten zu und erwähnen nur am Rande, dass auch Katalanen – es ist der erste Text, in dem die Existenz dieses Volkes erwähnt wird – und Truppen aus Rom, Luca, Florenz, Siena, Pistoia, der Lombardei, Sardinien und Korsika an der Reise und den ergänzenden Ausflügen teilnahmen. Wie die Historiker Maria Barceló und Guillem Rosselló-Bordoy bemerkten: „Das Lob für die Tapferkeit der Angreifer ist offensichtlich, vielleicht übertrieben.“

Das Kreuz mit dem Kreuzzug

Trotz des Subjektivismus des Textes ist der „Liber etc., etc., etc., etc.“ ein vollständiger Führer über Palma und seine Umgebung. Zumindest bevor die Hooligans – oder wie immer sie auf Italienisch heißen – alles zerstört haben, was ihnen in den Weg kam. Übrigens, raten Sie mal, was die Ausrede für den Angriff auf die Söhne Mohammeds war? Richtig! Sie behaupteten, die Inseln seien eine Piratenhöhle. Die Lösung: Papst Paschalis II. genehmigte einen Kreuzzug. Und wir erinnern uns: Die Worte Kreuzzug und Kreuzfahrt haben denselben Ursprung.

Eine Flotte von 500 Schiffen ankerte am 6. August 1 1 14, also auf dem Höhepunkt der Hochsaison, zwischen Cala Major und Cala Figuera. Die Beschwerden der Bürger über den Ansturm der Kreuzfahrtschiffe blieben genau wie heute erfolglos. Dennoch disponierten die Kreuzfahrer kurz darauf noch einmal um und gingen in der Gegend von Can Pastilla-Ses Fontanelles von Bord, einem weniger überfüllten Strand. Die Beschreibung im Reiseführer scheint vor etwas mehr als einem Jahrhundert verfasst worden zu sein, als es noch keine Hotels gab: „Es gibt einen Kiefernwald, der sich auf einer weiten Sandfläche erstreckt, etwa sechs Meilen von den Mauern Mallorcas entfernt [...]. Ein Sumpf und das weite Meer begrenzen ihn von zwei Seiten [...].“

Keine Bars in El Arenal

Die Reisenden gaben sich nicht mit Sonne und Strand zufrieden und wollten auch die Sehenswürdigkeiten der Stadt kennenlernen, zumal sie El Arenal vergeblich nach Diskotheken oder Biergärten suchten, ein Problem, das heute mehr als gelöst ist. Da die Muslime das City-Sightseeing noch nicht erfunden hatten und die Stadtmauer noch stand, blieb den Touris keine andere Wahl, als im Februar 1 1 1 5 einen Angriff zwischen der heutigen Porta des Camp und der Porta de Sant Antoni zu organisieren.

Der Verfasser des „Liber, etc., etc., etc., etc.“ konnte daraufhin zukünftigen Besuchern erklären: „Es waren drei Städte mit einem einzigen Namen. Wenn Sie jedoch jede von ihnen anders nennen wollen, können Sie das tun.“ Die erste hieß Arabathalgidih und war „von 50 Türmen umgeben“. Die zweite war Bebelgidith, mit „einer Mauer, die bei Arabathalgidih beginnt, den Körper der Stadt umgibt und sich, den Wellen des Meeres folgend, entlang des Meeresufers erstreckt“. Die dritte: Emodenia, die „hohe Türme aufweist“.

Pizza statt Sobrassada

Spektakulär. Die Experten streiten noch immer über die Grenzen der drei Städte, die im „Liber etc., etc., etc., etc.“ beschrieben werden. Die am weitesten akzeptierte Version verortet die erste Stadt an der Grenze von Sa Riera im Westen. Die zweite würde den östlichen Teil von Sa Riera einnehmen und sich bis zum Kloster von Sant Jeroni erstrecken. Die dritte entspräche dem Stadtteil La Almudaina.

Mit anderen Worten: Dank des „Liber etc., etc., etc., etc.“ hätten wir genau das besucht, was 99,9 Prozent der Touris, die 2023 in Palma verweilen, zu sehen bekommen: die Ost- und Weststrände und die Altstadt von Palma. Doch gewiss: Wären die Expeditionsreisenden nicht wieder verschwunden, dann wären unsere traditionellen Gerichte natürlich Pizza und Mortadella anstelle von arròs brut und Sobrassada.

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