Alfredo Bonet vergleicht das Problem der Lichtverschmutzung gerne mit einer undichten Wasserleitung. „Wenn da Wasser rausläuft, kommt innerhalb von einer Stunde jemand von der Gemeinde vorbei und flickt das Loch, damit das Wasser nicht sinnlos in der Erde versickert. Beim Licht passiert das nicht. Da strahlen viele Gemeinden freudig alles in den Himmel." Alfredo Bonet ist Vizepräsident von AstroMallorca, einer Vereinigung von Hobby-Astronomen. Sein Verein kämpft seit Jahren gegen die Lichtverschmutzung auf der Insel.

Aber viele Politiker scheinen auf diesem Ohr taub zu sein. Es gebe Negativbeispiele, wie etwa die Siedlungen an der Küste, die zu Llucmajor gehören. „In Cala Blava beispielsweise stehen immer noch uralte Straßenlaternen, die das Licht in die Umgebung und vor allem in den Himmel streuen, anstatt punk­tuell zu beleuchten, wie es sein sollte", beschwert er sich. Kein Wunder also, dass man die Siedlungen von Llucmajor, übrigens auch die eher dünn besiedelten Orte Cala Pi oder Vallgornera, auf der oben abgebildeten Karte deutlich als gelbe Flächen erkennen kann.

Die Karte stammt von der Website lighttrends.lightpollutionmap.info. Entworfen hat sie Christopher Kyba. Der Kanadier arbeitet seit Jahren am Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam. Er misst systematisch und weltweit die Lichtverschmutzung mithilfe von Satelliten und hat diese Seite dafür entwickelt, damit jeder, den es interessiert, die Entwicklung der vergangenen Jahre nachvollziehen kann.

Kyba hat sich auch Mallorca etwas näher angesehen. Die Daten lassen sich bis ins Jahr 1992 zurückverfolgen. „Zwischen 1992 und 2014 ist Mallorca deutlich heller geworden, seitdem hat sich nicht viel getan", sagt Kyba der MZ. Vor allem der Großraum Palma und die Urlauberhochburgen strahlen weit ins All hinein. In der Bucht von Palma ist der Lichtschein noch mehrere Kilometer weit über dem Meer wahrnehmbar.

Die Daten der vergangenen Jahre, in denen es anscheinend nicht heller wurde, könnten aber auch täuschen, so Kyba. Inzwischen werden immer mehr LEDs verwendet, die für die Satelliten nicht so hell wirken, wie sie eigentlich sind. „Die Satelliten können Helligkeit nur bis zu einem bestimmten Grad messen. Es kann also sein, dass es in Wirklichkeit heller ist, als es die Aufnahmen suggerieren", so Kyba. Das Problem ist vielerorts, dass die Stadtverwaltungen aufgrund der günstigeren und langlebigeren LED-Lampen mehr Flächen beleuchten als zuvor.

Mit Abstand der hellste Punkt ist der Flughafen, der in einem tiefen Rot angezeigt wird. Mehr geht nicht. Aber auch eigentlich eher abgelegene Orte wie Biniali oder sogar Lluc sind deutlich als Lichtquelle zu identifizieren. Um Abhilfe zu schaffen, müssten sich zunächst die örtlichen Politiker mit dem Thema beschäftigen. Denn Lichtverschmutzung ist neben dem Energieverbrauch tatsächlich ein ernstzunehmendes Gesundheitsproblem, vor allem für Tiere, aber auch für Menschen. Für Menschen bedeutet ständiges Licht Stress. „Der Körper braucht die Dunkelheit, um sich zu erholen", sagt Alfredo Bonet. Schätzungen gehen davon aus, dass in Europa und Nordamerika 99 Prozent der Bevölkerung unter einem lichtverschmutzten Himmel leben.

Häufig wissen nicht einmal die über Lichtverschmutzung Bescheid, die es wissen müssten. „Im Architekturstudium in Deutschland etwa wird auf das Fachgebiet Light Designing gerade einmal zwei Stunden eingegangen", kritisiert Christopher Kyba. Außerdem sei es durch die LED-Leuchten inzwischen viel billiger, Gebäude zu beleuchten. Der Trend gehe vielerorts dahin, nun auch kleine Dorfkirchen zu beleuchten. Auch auf Mallorca ist das, etwa im beschaulichen Petra, der Fall.

Über solche Modeerscheinungen kann Alfredo Bonet nur den Kopf schütteln. Er sähe es gerne, wenn sich die Insel einen Namen als touristische Destination für Sternenbeobachter machen würde. „Auf den Kanaren lockt das schon viele Besucher an. Die Inseln verfügen über viele Stellen, an denen es fast komplett dunkel ist und von denen aus sich der Himmel ungestört bewundern lässt", sagt Bonet. Das sei auf Mallorca bislang nur in einigen Ecken des Tramuntana-Gebirges sowie in der Serra de Llevant rund um Artà möglich.

Mit ein bisschen gutem Willen wäre es laut Bonet aber auch auf Mallorca kein Problem, für mehr Dunkelheit zu sorgen, etwa indem man statt der gewöhnlichen LED-Leuchten amberfarbene Leuchten einsetzt, die deutlich wärmeres Licht verbreiten. Oder indem man die Winkel der Straßenbeleuchtung überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Dank des Zertifikats „Starlight", das die gleichnamige Stiftung vergibt, ließe sich Mallorca dann international bei Fans des Sternenhimmels vermarkten.

Wer selbst nachprüfen möchte, wie sich die Lichtverschmutzung auf Mallorca oder sonstwo auf der Welt entwickelt hat, der wählt unter

lighttrends.lightpollutionmap.info zunächst einen nicht zu großen Ausschnitt auf der Karte. Das gelingt, indem man links aus dem Menü in der rechten Spalte das mittlere Symbol auswählt und dann über die Mausbewegung und Klicks die gewünschte Gegend markiert. Danach wählt man links den Satelliten aus. Der Raw DMSP ist der ältere Satellit, der die Veränderungen zwischen 1992 und 2011 abbildet. Um diese angezeigt zu bekommen, muss man auf „Generate chart" klicken, dann wird die Trendlinie für die vergangenen Jahre angezeigt. Der Satellit VIIRS DNB zeigt die Entwicklung seit 2012 an.