Mallorca Zeitung

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Ekel-Video von der Playa de Palma: Wer ist der Mallorca-Urlauber, der so etwas macht?

Ein Mann kotet am Ballermann auf einen Betrunkenen. Das Video geht viral, er wird erkannt. Nun beteuert er seine Reue, möchte im Erdboden versinken. Doch so einfach ist das nicht

Willem D. grinst in die Kamera, nachdem er seine Notdurft auf dem Mann auf der Mauer verrichtet hat. | FOTO: MZ

Das Video, das derzeit durch das Netz schwirrt, ist nur zehn Sekunden lang. Aber dieser kleine Clip versetzt den Ballermann, der ja einiges abkann, in einen kollektiven Schockzustand. Und in der Tat, die Bilder sind mit das Ekelhafteste, was je über die Playa de Palma durch die Sozialen Medien geisterte. „Das Widerlichste, was ich je gesehen habe in 25 Jahren Mallorca“, meint ein DJ. „Den müsste man über die gesamte Playa prügeln“, poltert ein eher gestandener Ballermann-Sänger entsetzt. Schock und Entsetzen sind blanker Wut gewichen.

Er scheint stolz zu sein

Tatort Ballermann 0 am 18. Juli gegen 6.30 Uhr morgens. Zu sehen ist, wie ein Mann im Trikot auf der Mauer an der Strandpromenade seinen Rausch ausschläft. Ein blonder Mann nähert sich ihm. Der Passant zieht plötzlich seine Shorts herunter und kotet dem Schläfer unvermittelt ins Gesicht. Der junge Mann lacht anschließend in die Linse des Filmenden. Er scheint stolz zu sein auf seine widerwärtige Tat.

Kurz darauf wird das Video auf Instagram verbreitet. Ebenso Fotos, die das Opfer identifizierbar machen. Der Anblick der Bilder ist kaum auszuhalten, und sie gehen nicht mehr aus dem Kopf. Doch diese Szene scheint das zu bestätigen, was vorher höchstens ein Gefühl war; es gibt keine Grenzen mehr, keine Moral, kein Benehmen, keine Vernunft mehr am Ballermann. Wirte und Anwohner halten diese Saison für die schlimmste, die die Playa de Palma je erlebt hat. Das haben sie in anderen Jahren auch schon gesagt, aber es ist etwas dran. An der Partymeile herrschen die Asozialen, die Unerzogenen, die Schamlosen.

Täter löscht Internet-Identität

Wie dieser Mann, der es für lustig hielt, einen anderen Menschen so zu verunstalten. Nennen wir ihn Willem D. Die MZ hat ihn mit Hilfe von IT-Spezialisten identifiziert – und das, obwohl er derzeit versucht, seine gesamte Internet-Identität zu löschen. Kein Wunder. Auch Freunde und Bekannte erkannten Willem D. auf dem Video. Und wandten sich von ihm ab.

Hinzu kam ein, wenn auch begrenzter, Shitstorm, inklusive Morddrohungen. Dabei weist das Profil dieses Mannes bis dahin keine Auffälligkeiten auf, im Gegenteil, bis zum Vorfall am Ballermann, galt der 25-Jährige als bodenständig und fest in der Gesellschaft verankert. Er arbeitet als Buchhalter bei einem internationalen Firmen-Netzwerk in der Metropolregion Randstad in den Niederlanden. Er trainiert eine U15-Fußballmannschaft und gehört einem Zusammenschluss holländischer Jungpolitiker an. Bis vor Kurzem war sein Bild auch noch im Social-Media-Auftritt dieses Zusammenschlusse zu sehen. Mittlerweile wurde es entfernt. Wie so vieles von ihm.

30 Bier und 20 Schnäpse

Auch die niederländische Lokalpresse hat sich dem abscheulichen Treiben am Ballermann bereits gewidmet. Schließlich wandte sich Willem D. anonym an das kleine Online-Nachrichtenportal Tubantia.nl, um seine Sicht der Dinge zu schildern. Demnach war er gemeinsam mit sieben Freunden von Samstag (15.7.) bis Dienstag (18.7.) auf Mallorca. Sie sollen jeden Tag getrunken und gefeiert haben. Von mittags bis morgens. So auch in der Tatnacht. Zum Zeitpunkt des Vorfalls sei er 20 Stunden wach gewesen und habe rund 30 Bier und 20 „Shots“ (Schnäpse) intus gehabt. Eine brutale Mischung, die man ihm auf den Bildern so gar nicht ansieht. Als die Truppe aus dem letzten Club kommt, holen sie sich noch einen Döner und setzen sich an die Mauer auf der Promenade. Dort sehen sie den Schlafenden. Gegenüber Tubantia.nl sagt Willem D., dass ihn jemand aus seinem Freundeskreis aufforderte „Scheiß auf ihn!“ Und Willem D. schritt zur Tat …

Allerletzte Schwelle der Hemmungslosigkeit

Mit alkoholisiertem Übermut lässt sich so etwas kaum rechtfertigen, sonst müsste es täglich Tausende solcher Vorfälle am Ballermann geben. Wie ist es um einen Mann bestellt, der von Freunden zu so solchen Handlungen animiert wird? Der die allerletzte Schwelle der Hemmungslosigkeit überschreitet und sich dadurch selbst entmenschlicht?

Der ernüchterte, aber verkaterte Willem D. schämt sich am nächsten Tag zumindest. Vielleicht aber nur, weil seine Tat gefilmt und ins Netz gestellt wurde. Er wird erkannt. Auf seinem Handy ist nach dem Erwachen die Hölle los. Noch auf Mallorca löscht er seine Facebook-, Twitter- und Instagram-Accounts. Dann verlässt er die Insel. Zurück in Holland soll er sich kaum noch vor die Tür trauen.

Arbeitgeber hält zu ihm

Er bereut. „Ich habe es getan, und es ist widerlich, demütigend, schrecklich. Dafür möchte ich die volle Verantwortung übernehmen“, sagt er gegenüber Tubantia.nl. Er sieht sich aber auch als Opfer. Ein Opfer, das bereits durch den Shitstorm hart gelitten hat. Und durch Denunziation: Sein Arbeitgeber sei anonym informiert worden, ebenso die Vereine, in denen er sich engagiert. „Zum Glück unterstützen sie mich, weil sie wissen, dass ich mehr bin als diese fünf Sekunden im Film.

Willem D. würde gern mit dem Mann Kontakt aufnehmen, dem er diese schlimme Demütigung zuteilwerden ließ. Zumindest sagt er das. Aber derzeit habe er einfach nur Angst vor weiteren Konsequenzen und Übergriffen seiner Mitbürger. „Auf jeden Fall kann ich sagen: Ich habe dabei viel gelernt. Und ich wurde für diese Tat bereits hart bestraft. Ich kann nur hoffen, dass der Sturm eines Tages vorübergeht.“

Irreparabler Schaden

Das gesamte Interview auf dem niederländischen Nachrichtenportal trieft vor Reue und Selbstmitleid. Doch hat Willem D. nicht nur Schande über sich gebracht, sondern auch und ganz besonders über sein Opfer. Zudem hat er dem schon zuvor arg lädierten Image der Playa de Palma einen vielleicht irreparablen Schaden zugefügt. Ganz zu schweigen von den möglichen Straftaten, die auf dem Videoclip zu sehen ist: Körperverletzung, Nötigung, Verhöhnung des Opfers.

Was jedoch in Willem D.s Aussagen fehlt, ist jeglicher Ansatz der Wiedergutmachung. Darüber schweigt sich der Täter aus. Obwohl das vielleicht seine einzige Chance ist, jemals wieder in den Spiegel zu gucken. Er sollte sich schnell etwas einfallen lassen.

Das Video können Sie unter diesem Link sehen. Achtung: Die Aufnahmen sind sehr drastisch.

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