Mallorca Zeitung

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Ausflüge und Führungen: Hier erleben Urlauber das wahre Mallorca

Ein neuer Anbieter will Urlaubern Alternativen zu Strand und Sightseeing bieten – nachhaltige Erfahrungen, bei denen die Besucher mit den Menschen auf der Insel und ihren Traditionen

in Kontakt kommen

Bei der Erfahrung „Vom Bienenstock auf den Teller“ kommen die Teilnehmer mit den schwarzen Bienen in Kontakt. Toureco

Manchmal braucht es offenbar den Blick von außen, um das Potenzial zu erkennen. „Wer soll schon kommen, um ein paar Orangen vom Baum zu pflücken oder eine coca zu backen?“, bekam María Jesús Macías anfangs zu hören, als sie Bauern, Kunsthandwerkern und anderen Mallorquinern ihr Konzept erklärte. „Es schien ihnen Zeitverschwendung“, meint die Spanierin aus Kastilien-León.

Die Urlauber, die nach Mallorca kommen, lägen schließlich lieber am Strand, besichtigten Palmas Kathedrale, besuchten Valldemossa oder führen mit dem Roten Blitz nach Sóller.

Die Projektmanagerin der Firma Toureco, die in Asturien und Dänemark Tourismus und Nachhaltigkeitsmanagement studiert hat, sieht das etwas anders. Sie interessiert sich für ganz andere Dinge – und ist sich sicher, dass auch ein Teil der Urlauber mehr von der Insel erleben und mehr von ihren Bewohnern erfahren will. Zum Beispiel eine Öko-Käserei in Son Màcia erkunden, wo der gesamte Herstellungsprozess verfolgt und am Ende auch das Ergebnis gekostet werden kann. Oder töpfern lernen wie die ollers in der Gemeinde Marratxí und dabei ein individuelles Souvenir fertigen. Oder einem Korbflechter bei seiner Arbeit beobachten und sich selbst an diese Handwerkskunst heranwagen.

Ziegen streicheln – und den Käse verkosten. Toureco

Mallorcas Menschen

Ich möchte die Besucher mit den Menschen und ihren Produkten zusammenbringen“, erklärt die 35-Jährige ihr Projekt Toureco. Zwar lassen sich die Erlebnisse auch direkt online buchen (toureco.es), doch bislang kämen die Urlauber meist über die Vermittlung von Hotels auf den Geschmack. Kooperationen laufen etwa mit dem Marriott Son Antem, der Schweizer Hotelkette Universal oder der Luxusmarke Summum. Oder Macías bringt die experiencias auch direkt zu den Urlaubern. Das hat sie zum Beispiel mit einem Imker vor, mit dem sie zusammenarbeitet. Er habe seinen Bienenstock und die nötigen Utensilien auch schon zu Schulen gebracht, warum also nicht auch ins Hotel?

Noch ist das Projekt in der Aufbauphase. Was mit punktuellen Hotelkooperationen und einzelnen Angeboten im Jahr 2016 begann, soll nun zu einem permanenten und vielseitigen Programm ausgebaut werden. Die Spanierin erprobt Erlebnisse und stellt sich derzeit ein Team kooperierender Guides zusammen, die stets mit dabei sind und zwischen den neugierigen Besuchern einerseits und den Menschen von der Insel andererseits übersetzen und vermitteln sollen. Macías hat inzwischen Konzepte für insgesamt 46 Erlebnisse ausgearbeitet. Eine Auswahl davon ist, neben dem festen Kernprogramm, je nach Jahreszeit und Inselregion verfügbar, zu Preisen ab 65 Euro pro Person.

Interessenten, die nicht über ein Hotel mit Toureco in Kontakt kommen, empfiehlt Macías, möglichst direkt als Gruppe auf der Website zu buchen oder schon frühzeitig zu reservieren, damit sich Gruppen mit der nötigen Größe zusammenstellen ließen. Bislang seien es vor allem Deutsche, Schweizer, Österreicher und Amerikaner, die das Angebot wahrnähmen.

Bislang wenig Angebote auf Mallorca

María Jesús Macías stößt in eine bislang wenig genutzte Nische auf einer Tourismusinsel, die eigentlich den Ruf hat, praktisch alle Facetten des Urlauber-Geschäfts abzudecken. Andererseits hat es Mallorca bislang in vielen Bereichen versäumt, aus seinen schönen Orten und Landschaften auch ein touristisches Produkt zu entwickeln, wie etwa unlängst der Tourismusexperte Joan Enrich Capellà analysierte.

Öko-Honig probieren. Toureco

Toureco soll allerdings nach dem Willen von Macías auch langfristig ein touristisches Nischenprodukt bleiben. Das Wachstumspotenzial ist ohnehin beschränkt – die Gruppen müssen klein bleiben, und die Orte dürfen nicht überlaufen sein, um den Ansprüchen der Authentizität und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. „Ich gebe auf der Website niemals den genauen Standort an“, so die Spanierin, die fließend Mallorquinisch spricht. Viele der Angebote seien im Inselinnern verortet, fern der touristischen Küstenorte. „Man will dort auch keine großen Reisebusse haben.“

Die Kooperationspartner auf Mallorca hatten bislang wenig Kontakt mit Urlaubern, nun sollen auch sie etwas vom Tourismuskuchen abbekommen. Macías arbeitet etwa mit dem Bauernverband Unió de Pagesos zusammen, wo man bislang mit ansehen musste, wie Hotelgäste vor allem mit importiertem Obst und Gemüse statt den Inselprodukten versorgt werden. Bei Toureco dagegen kämen nur heimische Erzeugnisse auf den Tisch – frisch, ökologisch und direkt vom Hersteller, von Bio-Sobrassada über Feigen und frischen Orangensaft bis zu Wein oder Kräuterinfusionen, wie die Projektmanagerin verspricht.

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