Abschaffung der Erbschaftsteuer auf Mallorca: Politisches Prestigeprojekt und gelackmeierte Nicht-Residenten

In Rekordtempo hat die neue Balearen-Regierung wie angekündigt die Erbschaftsteuer abgeschafft. Beim Verfassen des Textes wurde in der Eile ein wenig gepfuscht

Manche Erben sparen auf Mallorca ab jetzt viel Geld.  | FOTO: NELE BENDGENS

Manche Erben sparen auf Mallorca ab jetzt viel Geld. | FOTO: NELE BENDGENS / Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Trägheit kann man Marga Prohens in den ersten Tagen ihrer Amtszeit nicht vorwerfen. Sie eilt von Termin zu Termin mit verschiedenen Interessensgruppen – und hat keine zwei Wochen nach ihrer Vereidigung ihr erstes großes Wahlversprechen eingelöst. Am Dienstag (18.7.) erklärte sie, die Erbschaftsteuer auf den Balearen für enge Verwandte abschaffen zu wollen.

Nur wenige Stunden nach der Pressekonferenz war das entsprechende Gesetzesdekret im Amtsblatt BOIB veröffentlicht – und damit in Kraft. 60 Millionen Euro sollen die Balearen-Bewohner ab sofort jährlich mit der neuen Regelung sparen – Geld, das dann in der Staatskasse fehlen wird. Inwieweit die Spanien-Wahl am Sonntag hinter der Eile bei dem Steuergeschenk steht, sei dahingestellt.

Für wen gilt die Steuerabschaffung?

Fest steht: Erbschaften zwischen Eltern und Kindern, Großeltern und Enkeln sowie zwischen Eheleuten sind ab jetzt auf den Balearen steuerfrei. In der Verwandtschaftsgruppe III, also etwa zwischen Geschwistern, wird die Steuerlast um 50 Prozent gesenkt, wenn es keine anderen Nachkommen gibt, in anderen Fällen um 25 Prozent. Die Regelung trifft auch auf den balearischen Nachfolgepakt zu, der steuerlich als Erbschaft zu Lebzeiten gewertet wird. Andere, gewöhnliche Schenkungen sind von der Gesetzesänderung nicht betroffen.

Die Regelung kommt vor allem reichen Menschen zugute, auch wenn Marga Prohens dies bei der Pressekonferenz nicht anerkennen wollte. Auf Nachfrage eines Journalisten antwortete sie durchaus angesäuert, wer aus der Abschaffung der Steuer einen Klassenkampf machen wolle, der „hat nicht verstanden, wie die Bürger dieser Inseln ticken“.

Die Reichen profitieren

Die nackten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die Erbschaft wurde in den beiden nun begünstigten Verwandtschaftsgruppen schon bislang bis zu einer Erbmasse von 700.000 Euro nur mit einem Prozent besteuert. Danach ging es progressiv aufwärts. Der Höchstsatz betrug 20 Prozent bei einem Wert ab drei Millionen Euro. Anders gesagt: Wer bislang ein Haus im Wert von 500.000 Euro erbte, zahlte rund 5.000 Euro. Wer ein Haus im Wert von fünf Millionen Euro erbte, zahlte etwas mehr als 700.000 Euro. Das fällt nun weg. Eine Steuererklärung wird man trotzdem einreichen müssen.

Die Befreiung von der Erbschaftsteuer ist nicht rückwirkend anwendbar. In Todesfällen gilt der Tag des Ablebens als Stichtag für die Errechnung der Erbschaftsteuer. Bei Nachfolgepakten hat nun derjenige Glück, der gewartet hat. Der mallorquinische Steueranwalt Alejandro del Campo von der Kanzlei DMS Consulting erklärt, er habe seinen Mandanten schon vor den Regionalwahlen am 28. Mai empfohlen, noch das Wahlergebnis abzuwarten, bevor sie die Erbschaft zu Lebzeiten durchführen.

Beim Verfassen des Textes gepfuscht

Peinlich für die neue Regierung: Jemand hat beim Verfassen des Textes gepfuscht. Denn so wie das Dekret formuliert ist, gilt die Regelung nur für Residenten. Der für seinen Kampf gegen das Modelo 720 bekannte Steueranwalt Alejandro Del Campo drohte noch am Veröffentlichungstag einen Gang nach Brüssel an, da die Regelung gegen EU-Recht verstoße. Am Mittwoch ruderte die Regierung zurück. Natürlich solle die Maßnahme für alle EU-Bürger gelten, versprach das Finanzministerium.

Doch damit ist es natürlich nicht getan. Denn das Gesetzesdekret gilt zunächst einmal so, wie es verabschiedet wurde. Korrigierende Worte der Politiker haben da erstmal keine Wirkung. Ob das Gesetz kurzfristig geändert werden kann, bleibt abzuwarten. Es kann auch sein, dass die Korrektur erst unternommen wird, wenn das Gesetz durch das Parlament geht. Da könnten einige Monate vergehen. Solange müssen EU-Bürger im Ausland weiter die Steuer zahlen.

Allerdings: Für deutsche Nicht-Residenten, die auf Mallorca erben, spiele die Steuerabschaffung aber auch so eine untergeordnete Rolle, erklärt Thomas Fitzner vom Steuer- und Rechtsbüro Plattes Group. Denn die spanische Erbschaftsteuer wird auf die in der Regel höhere deutsche Abgabe allenfalls angerechnet. Anders sei es in Österreich, wo es schon länger keine Erbschaftsteuer gibt.

Lesen Sie hier, wie es mit der Vermögensteuer weitergehen könnte:

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