Grammy-Gewinner Juanjo Monserrat: Das Erfolgsrezept des heimlichen Popstars von Mallorca

Gitarrist des Rappers Rels B. und ein Star in Japan: Der mallorquinische Musiker Juanjo Monserrat (30) hat viele Identitäten. Wie es dazu kam und wie sein eigenes Album klingt

Juanjo Monserrat hält stolz den Latin Grammy für den besten Pop-Song, Sebastián Yatras‘ „Tacones Rojos“.

Juanjo Monserrat hält stolz den Latin Grammy für den besten Pop-Song, Sebastián Yatras‘ „Tacones Rojos“. / Caroline Brehman / PIM

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Was kann schon passieren, wenn ein liebenswert-bodenständiger Mallorquiner nach Las Vegas reist, um zwei Latin Grammys entgegenzunehmen? Im Fall von Juanjo Monserrat (30) eine ganze Menge. Auf seiner ersten Station in den USA, Miami, ließ er Mitte November gleich nach der Ankunft seine Bauchtasche mit wichtigem Hab und Gut im Uber-Wagen liegen. Über das GPS gelang es ihm später, das Auto zu orten, der Fahrer ließ sich aber nur mit 40 Dollar zur Rückgabe bewegen.

Dann erfuhren sein Kollege Pablo Rous und er noch in Miami, dass man sie bei der Verleihung scheinbar gar nicht hineinlassen würde: „Die US-Amerikaner sind sehr kompliziert. Sie schickten uns zwar Einladungen, aber wir hätten noch die Plätze einfordern müssen. Und die Karten für die Gala waren schon ausverkauft“, sagt Monserrat im Video-Interview und schildert lebhaft die Tage des Bangens, bis sich eine Lösung fand.

Und damit nicht genug: Als die Künstler ihre Preise gewannen, ließen sie beim Weg auf die Bühne ihre Handys auf dem Tisch liegen. Danach war die Gala direkt zu Ende und sie kamen nicht mehr zu ihren Plätzen durch. Erst nach fünf Stunden erhielten sie ihre Geräte zurück. „Ich hatte meine ersten Grammys gewonnen und konnte weder Freunden und Familie davon erzählen noch etwas posten!“, so der Mallorquiner, der bei der Verleihung selig-perplex aussah, während seine Gedanken zu seinen Liebsten und seiner Insel wanderten.

Wuschelkopf und Glückspilz

Dabei ist Juanjo Monserrat eigentlich ein Glückskind, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Karriere des Musikers, Singer-Songwriters, Produzenten und Komponisten gleicht einer Reihe von Dominosteinen, bei der ein Projekt direkt das nächste anstößt.

Anfang 2020 spielte der in Arenal in eine Musikerfamilie geborene Künstler als Gitarrist des mallorquinischen Rappers Rels B. auf einem Festival in Kolumbien und knüpfte Kontakte zu lateinamerikanischen Musikern. Dann kamen Pandemie und Lockdown. Die neuen Bekannten baten Monserrat um Gitarren-Aufnahmen – irgendetwas, das ihm gerade durch den Kopf ging. „Ich spielte in fünf Minuten etwas ein. Das fanden sie gut, und am Ende landete es im Song ‚A dónde van‘, den Sebastián Yatra für sich wollte“, erzählt Monserrat. Es folgten Treffen, gemeinsame Songs und Projekte, der Mallorquiner begleitete den Latino-Popstar auch einige Male live als Gitarrist.

Beständigkeit als Erfolgsrezept

Die Krönung dieser Zusammenarbeit sind nun die Latin Grammys – einmal für Yatras Album „Dharma“ und einmal als Co-Schöpfer des Hits „Tacones Rojos“, der zum besten Pop-Song gekürt wurde. „Ich glaube, das Erfolgsrezept liegt in der Beständigkeit“, sagt Monserrat. Zum einen hätten drei der Autoren des „Tacones“-Teams schon zuvor zusammengearbeitet – Vertrauen und Vertrautheit sorgten dafür, dass es rundlief. Das Lied sei zum anderen sehr familienfreundlich und gefalle Jung und Alt. „Es hört sich zeitlos an und könnte in jedem Jahrzehnt und jedem Stil gespielt werden. Und es hat einige Akkorde, die auch für andere Musiker interessant sind“, sagt Monserrat. Er sei sich sicher, dass sich „Tacones rojos“ auch in anderthalb Jahren noch nicht wie Schnee von gestern anhören würde.

Der Erfolg hat allerdings seinen Preis: Monserrat hatte das Versprechen gegeben, sich die Haare zu färben, sollten sie wirklich einen Grammy gewinnen. Im Januar werde er das ganz bestimmt tun, versichert er. Vielleicht wird es Platinblond oder Weiß werden.

Made in Japan

Stilistische Vielfalt ist ohnehin seine Kernkompetenz, denn musikalisch gesehen hat Monserrat einige Parallel-Identitäten. Auch in asiatischen Ländern ist er eine große Nummer. Dieses Kapitel begann durch seine Arbeit in den Palma Music Studios, dem Tonstudio von Frederik Thomander und Easyjet-Chef Johan Lundgren auf Mallorca. Dort gehen auch japanische und koreanische Produzenten und Musiker ein und aus, und so ergab sich die Möglichkeit, Songs auf dem dortigen Markt zu platzieren. Parallel verschlug es Monserrat mit der Band Saxophobia für einige Konzerte nach Japan. „Genau an diesem Wochenende kam dort ein von mir produzierter Song mit der südkoreanischen Band TVXQ heraus, und ich hörte ihn überall“, freut sich der Musiker.

Während dieser Reise kaufte er sich auch ein Otamatone, einen Synthesizer in Form eines Spielzeugs. Mit dem kuriosen Instrument legte er 2021 einen denkwürdigen Auftritt bei „Got Talent España“ hin. „Das ging in Japan viral, deshalb hören auf meinem Youtube-Kanal so viele japanische Fans meine Songs“, sagt Monserrat. Sie gaben ihm auch Spitznamen „Otamaniki“, „der große Bruder des Otamatone“. Es gibt auch einen dokumentarischen Kurzfilm über Monserrat mit diesem Titel, er lief beim Evolution Film Festival.

Hommage an die Heimat

Ganz tief in die Mythologie seiner Heimatinsel tauchte Monserrat hingegen bei Magí Garcías experimentellem Musikprojekt und Konzeptalbum „Nuredduna“ ein, das von der tragischen Liebe zwischen der Prophetin und dem griechischen Gefangenen Melesigeni handelt. Er gab dabei die männliche Hauptrolle. „Ich war selbst überrascht, dass ich einen so lyrischen, epischen Stil singen konnte, wie Hercules im Disneyfilm“, sagt Monserrat, der sich für 2023 mehr Stabilität wünscht, um an seinem neuen Wohnort Madrid vor allem zu komponieren und zu produzieren.

Und sein eigener Stil? „Es ist kurios, denn die Musik muss dazu eigentlich nur einen Filter durchlaufen, damit sie mir selbst gefällt – auch wenn da mal ein seltsamer Text oder Akkord dabei ist“, sagt er. Kein Plattenvertrag zwänge ihn in eine bestimmte Richtung. Er sei ganz Herr seiner eigenen Lieder und könne machen, worauf er Lust habe. Wie das klingt, kann man auf dem neuen Album „Més que amics“ (Produccions Blau) hören, das am 9. Dezember in physischer Form erschien und am 16. Dezember digital – eine musikalische Weiterentwicklung zu seinem Debüt „Es meus fantasmes“ von 2017.

Er habe nun seinen Weg und seinen Klang gefunden, abgesehen vom „Juanjo-Filter“ gleiche aber kein Song dem anderen. Das liegt vor allem an der Zusammenarbeit mit lokalen Musikern, die ihre Note hinzufügten. Vier Songs waren bereits vor der Veröffentlichung auf Youtube verfügbar: Der groovige Titelsong „Més que amics“, das jazzige „Tick blau“ mit Saxophobia, den schon nach einmaligem Hören als Ohrwurm festsitzenden „T’estiu“ mit Tomeu Penya und die Ballade „Tot anirà bé“ mit dem Pianisten Garcías, die schon wieder absolut Disney-Film-tauglich ist.

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