Retro-Charme und perfekte Songs für flirrende Hitze: Die britische Rockband Temples kommt nach Mallorca

Die Psychedelic-Rock-Band spielt am 29. Juli beim Indie-Festival Mobofest. Ihr neues Album ist ein musikalischer Trip zu einer exotischen Phantominsel

Stylish musizieren auf dem spanischen Festland: die Temples im Video zu „Gamma Rays“.

Stylish musizieren auf dem spanischen Festland: die Temples im Video zu „Gamma Rays“. / Molly Daniel

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Sie sehen aus, als wären sie mit einer Zeitmaschine geradewegs aus den 60er- oder 70er-Jahren angereist. Musikalisch haben die Temples, eine 2012 gegründete Psychedelic-Rock-Band, aber ihr ganz eigenes, retro-futuristisches Sounduniversum kreiert. Das Debütalbum „Sun Structures“ (2014), mit dem sie es in die Top Ten der britischen Charts geschafft hatten, war noch weit weniger poppig als die Stücke des im April 2023 erschienenen Albums „Exotico“, das so gut ins Ohr geht wie Zuckerwatte auf der Zunge schmilzt.

„Das Album ist ein Reiseziel, eine fiktive Insel. Wenn man es anhört, sollte man sich vorstellen können, an verschiedenen Orten von Exotico zu sein“, sagt der Sänger James Bagshaw im Zoom-Interview. „Es ist wie eine Reihe von Postkarten aus einem idyllischen, luxuriösen Urlaub.“

Nostalgie, Natur und Erwachsenwerden

Textlich geht es viel um Nostalgie, aber auch um Zukunftsorientierung und um unsere Verbundenheit zur Natur. „Wenn man Ferien macht, sucht man nach der Verbindung zu etwas, das man nicht in seinem eigenen Hinterhof findet“, so der Brite mit der stylishen Wuschel-Frisur. Zudem handle das Album vom Erwachsenwerden – auch als Band. „Uns gibt es jetzt seit zehn Jahren. Wir blicken liebevoll auf die Anfänge zurück, aber dabei ist es manchmal leicht, die negativen Dinge auszublenden.“

Im Gespräch gibt sich Bagshaw durchaus selbstkritisch, spricht vom Druck, mit dem zweiten Album („Volcano“, 2017) an den Erfolg des ersten anzuknüpfen, was nicht ganz gelingen sollte. Die Songs seien zu kompliziert geworden, zu überladen mit Ideen. „Jetzt vereinfachen wir unsere Songs, wenn es ihnen guttut und stecken nicht mehr 50 Melodien in ein Lied“, sagt er.

Sean Ono Lennon als Produzent

Dass die Dosierung inzwischen stimmiger ist, hat wohl auch damit zu tun, dass sich die Musiker mit „Exotico“ aus ihrer Komfortzone wagten und erstmals einen externen Produzenten ins Boot holten, um ihrem Sound den letzten Schliff zu verpassen: Sean Ono Lennon, den Sohn von John Lennon und Yoko Ono. „Es ist großartig, mit ihm zu arbeiten. Er ist sehr kreativ und dazu ein Spaßvogel“, sagt der Sänger. „Tatsächlich wurde er quasi zu einem temporären Mitglied unserer Band.“

Die Temples sind übrigens ausgesprochen gern auf spanischem Boden unterwegs, wo sie treue Fans haben. Ein Beweis dafür ist das Video zum Ohrwurm „Gamma Rays“, bei dem Bagshaw und seine Bandkollegen Tom Walmsley, Adam Smith und Rens Ottink durch den surreal-trashigen Urlaubsort Benidorm tigern. „Er ist wie das spanische Las Vegas“, findet der Musiker. Als Kontrast gibt es Szenen, die in der Gegend von Málaga gefilmt wurden. Die Band nutzte die Zeit vor einem Festival in Andalusien. „Wir waren gerade in der Gegend. Außerdem war Mistwetter in England. Und das ist ein Sommer-Song – wir mussten irgendwo drehen, wo es heiß ist“, erklärt Bagshaw.

Im Anzug bei 35 Grad auf der Bühne

Ins Schwitzen kamen die Musiker auch vergangenes Jahr beim Mallorca Live Festival, und das in doppelter Hinsicht. Der Sänger erinnert sich, dass der Auftritt auf der Insel ihr allererster nach der Pandemie war. „Das war ein bisschen gruselig. Wir hatten gar keinen Warm-up-Gig, und dann ging es gleich auf diese große Bühne.“ Außerdem hatten die Temples nicht ganz die passende Garderobe dabei. „Wir neigen aus irgendeinem Grund dazu, uns in unbequemen Klamotten auf die Bühne zu stellen und haben schon bei 35 Grad Anzüge getragen“, gesteht Bagshaw.

Beim Konzert auf dem kleinen Indie-Festival in Porreres wird nun sicherlich mehr Atmosphäre aufkommen als bei dem etwas unvorteilhaften Zeitfenster mit hellem Tageslicht beim Mallorca Live. Und es dürfte auch ein wenig kühler sein – auf dem Mobofest ist ihr Auftritt erst für Mitternacht angesetzt. Die Temples wollen einen Mix aus allen vier Alben spielen, wobei Bagshaw einige neue Songs ganz besonders genießt: „Bei ‚Slow Days‘ spielt Adam ein Gitarrensolo, und ich kann in der Zeit entspannen.“ Das sei fast, als würde er zum Publikum gehören – sehr befreiend. Und laut dem Sänger klingt „Gamma Rays“ live „ziemlich episch“. Nach Mallorca passt der Song eindeutig genauso gut wie nach Benidorm.

Mobofest in Porreres, 27.–29. Juli, je ab 18 Uhr, Santuari de Monti-Sion (27.7.) und Parc de n’Hereveta (28./29.7.), Eintritt: 15–25 Euro, Abos: 28–49 Euro, mobofest.org

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