Meinung

Soziale Krise im Paradies Mallorca: Wenn 21,5 Prozent der Bürger trotz Vollbeschäftigung nicht über die Runden kommen

Die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" setzt sich in einem Leitartikel mit der grassierenden Armut auf der Insel auseinander

Armut auf Mallorca.

Armut auf Mallorca. / DM

Das Paradies, das Millionen von Besuchern aus wohlhabenden Ländern der Welt für ein paar Tage Erholung wählen, ist die Hölle für mehr als 250.000 Einwohner, die in Armut oder sozialer Ausgrenzung leben. Das sind 21,5 Prozent der balearischen Bevölkerung. Davon leben 65.000 Menschen nach europäischen Maßstäben in einer sehr prekären Lage.

Situation ist "alarmierend"

Das sind die Zahlen des jetzt vorgestellten jüngsten Armutsberichts von EAPN-Illes Balears. Obwohl darin eine leichte Verbesserung anerkannt wird – fast ein Zehntelprozentpunkt gegenüber dem Vorjahr –, sei die Situation weiterhin „alarmierend“. Die Tatsache, dass die Balearen diesbezüglich spanienweit im Mittelfeld rangieren, ist kein Trost, vor allem wenn man bedenkt, dass der Archipel den dynamischsten Arbeitsmarkt des Landes hat und de facto Vollbeschäftigung herrscht.

Mit anderen Worten: Praktisch alle arbeitsfähigen Personen sind erwerbstätig, aber ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung verdient nicht genug, um über die Runden zu kommen, nicht genug, den teuersten Warenkorb in Spanien zu bezahlen oder eine Wohnung auf dem unzugänglichsten Immobilienmarkt des Landes zu kaufen oder zu mieten. Keine Frage: Es gibt da ein Problem mit dem Wirtschaftsmodell.

Kirche kann Wohnungen nicht zur Verfügung stellen

In diesem schwierigen Kontext ist es unerlässlich, den sozialen Schutzschild und die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und den Hilfsorganisationen aufrechtzuerhalten. Neben Ressourcen erfordert das auch Einfühlungsvermögen. Es ist zum Beispiel unverständlich, dass die sozialen Einrichtungen der balearischen Kirche es für unmöglich halten, Obdachlose in einigen ihrer leer stehenden Wohnungen unterzubringen. Dabei handelt es sich nicht um baufällige Immobilien, sondern um Gebäude mit Bewohnbarkeitsbescheinigung, die in einem gutem Zustand sind, jedoch nicht über einen Brandschutzplan verfügen oder barrierefrei sind. Diese Unflexibilität verurteilt Hunderte von Obdachlosen dazu, in Pappe eingewickelt auf der Straße zu schlafen.

Leitartikel des „Diario de Mallorca“ (29.10.2023)

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