Meinung | Inselstimmen

Auf Mallorca werden Beleidigungen und Erniedrigungen immer mehr zu politischen Stilmitteln

Wir erleben eine regelrechte Epidemie von Führungspersönlichkeiten, die den wiederholten Gebrauch von Beleidigungen und die Erniedrigung ihrer Rivalen zu ihrem wichtigsten Ausdrucksmittel machen, meint die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" in ihrem Editorial

Deudero (li.) und Truyol diskutieren nach den beleidigenden Worten.

Deudero (li.) und Truyol diskutieren nach den beleidigenden Worten. / DM

Die Beleidigung im Stil der konservativen Madrider Regionalministerpräsidentin Isabel Díaz Ayuso – „Ich mag Obst“, gleichbedeutend mit „Hurentochter“ –, mit der der PP-Stadtrat Antonio Deudero die linke Politikerin Neus Truyol bedachte, war nicht das Ergebnis einer überhitzten Stimmung. Die Äußerung war beabsichtigt und entspricht einem unheilvollen Politikverständnis: Spannungen und Konfrontationen werden gefördert. Die Suche nach einem Konsens, um das Gemeinwohl zu erreichen, gerät in den Hintergrund.

Abgesehen davon, dass die Politikerin keine echte Entschuldigung erhalten hat, hat die Aktion Folgen für das Zusammenleben in der Gesellschaft. Verbale Gewalt ist mit Absicht in den politischen Diskurs eingeführt worden. Das hat es schon immer gegeben, aber als Erfolgsrezept der populistischen Hassredner im Stile Donald Trumps hat sie ein Comeback gefeiert. Von der feinen Ironie und den spitzen Bemerkungen, die den Redner sich erheben und den Gegner schrumpfen ließen, ohne dass man sich im Schlamm wälzen musste, ist wenig oder gar nichts mehr übrig.

Beleidigung und Erniedrigung als Ausdrucksmittel

Wir erleben eine regelrechte Epidemie von Führungspersönlichkeiten, die den wiederholten Gebrauch von Beleidigungen und die Erniedrigung ihrer Rivalen zu ihrem wichtigsten Ausdrucksmittel machen. Ihr Gift breitet sich in den Netzwerken aus, in denen die Reichweite über das Nachdenken gestellt wird. Hinter all diesem Lärm verbirgt sich ein perverses Ziel, das der Demokratie schadet: nicht über das zu sprechen, worüber gesprochen werden muss.

Juan Antonio Serra Ferrer (li.) mit Antoni Costa (Mitte).

Juan Antonio Serra Ferrer (li.) mit Antoni Costa (Mitte). / DM

Es ist überraschend, dass ausgerechnet Regierungssprecher Antoni Costa seinen Parteifreund Deudero für die Beleidigung rügte. Denn erst kürzlich kam heraus, dass er einem Freund, dem eine Sexualattacke vorgeworfen wurde, einen hohen Posten verschafft hatte. Costa brauchte eine Woche, um sich bei dem Opfer dafür zu entschuldigen. Dass sich politischen Vertreter so verhalten, wird zur Folge haben, dass sich ein solches Benehmen in der Gesellschaft verbreitet und als normal empfunden wird.

Editorial des „Diario de Mallorca“, 3.12.2023

Abonnieren, um zu lesen