Unwetter auf Mallorca: Sozialisten erheben Vorwürfe gegen Ministerpräsidentin und Chef der Rettungsleitstelle

Marga Prohens war während des Sturms in Galicien, der oberste Notfallchef der Balearen trank derweil "gemütlich" einen Kaffee

Situng am Abend, als Sureda und Estarellas dann doch auftauchten, um über das Unwetter zu sprechen.

Situng am Abend, als Sureda und Estarellas dann doch auftauchten, um über das Unwetter zu sprechen. / CAIB

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Das Unwetter, das am Sonntag (27.8.) über Mallorca hinwegfegte, hat ein politisches Nachspiel. Die Sozialisten, die seit dem Regierungswechsel im Frühjahr in der Opposition sitzen, fordern den Rücktritt des Chefs der Rettungsleitstelle, Sebastià Sureda. Die PSOE wirft ihm in einer Pressemitteilung vom Freitag (1.9.) vor, gegen 11 Uhr morgens, als der Sturm auf dem Höhepunkt war, im Küstenörtchen Sa Ràpita gemütlich einen Kaffee getrunken zu haben. Erst am Abend habe Sureda an einer Sitzung teilgenommen, bei der die Schäden des Stums ausgewertet wurden.

"Dies stellt eine schwere Vernachlässigung der Amtspflicht des Verantwortlichen für die Sicherheit der Balearen-Bewohner dar", heißt es in der Mitteilung. Bei dem Sturm sei es zu mehr als 500 Zwischenfällen gekommen. Die Sozialisten verweisen auch explizit auf das Schicksal der beiden vermissten deutschen Segler, die auch am Freitag weiter gesucht werden.

Der Sprecher der Balearenregierung, Antoni Costa, erklärte am Nachmittag bei einer Pressekonferenz, eine persönliche Anwesenheit von Sureda sei nicht notwendig gewesen, "da es Telefone gibt." Der Verantwortliche für die Rettungsleitstelle sei zu jedem Zeitpunkt über die durchgeführten Maßnahmen informiert gewesen.

Ernennung von Anfang an umstritten

Die Ernennung Suredas zum Chef der Rettungsleitstelle war von Anfang an umstritten. Denn bei dem Anwalt handelt es sich um den Geschäftspartner des Vaters von Ministerpräsidentin Marga Prohens. Die konservative Regierung hatte darauf geachtet, die Ernennung tunlichst nicht an die große Glocke zu hängen. So wurde die Personalie bei jener Sitzung des Regierungsrats verabschiedet, bei der die Abschaffung der Erbschaftsteuer beschlossen wurde. Die fiskalpolitische Maßnahme war damals der einzige offizielle Tagesordnungspunkt. Bei der anschließenden Pressekonferenz wurde die Personalie mit keinem Wort erwähnt.

Sebastià Sureda (r.) mit PP-Politiker Sebastià Sagreras und seinem Vorgänger, dem Oberst Jaume Barceló

Sebastià Sureda (r.) mit PP-Politiker Sebastià Sagreras und seinem Vorgänger, dem Oberst Jaume Barceló / Rathaus Campos

Die Sozialisten zweifeln nun öffentlich die Eignung des Anwalts für sein Amt an. Die Partei erklärte, sollte Sureda nicht zurücktreten oder entlassen werden, werde man sein Erscheinen vor dem Parlament fordern, um seine Befähigung für den Posten zu ermitteln. "Es scheint, als ob seine einzige Eignung darin besteht, Geschäftspartner von Prohens' Vater zu sein, und Freundschaft allein ist für dieses Amt nicht ausreichend", stellen die Sozialisten fest.

Warum war Prohens in Galicien?

Auch Prohens selbst knüpft sich die Oppositionspartei vor. Denn obwohl die Gefahrensituation hinreichend bekannt war, verbrachte die Ministerpräsidentin einen Großteil des Tages bei einer Parteiveranstaltung in Galicien. Auch die Präsidialamtsministerin Antònia Estarelles, in deren Verantwortungsbereich die Rettungsleitstelle fällt, war in Nordspanien mit dabei.

Die Vorwürfe kommen nicht von ungefähr: Bei dem schweren Unwetter im Oktober 2018, bei dem im Osten der Insel fünf Personen starben, war die damalige Ministerpräsidentin Francina Armengol am Abend bei einer Jubiläumsfeier einer mallorquinischen Tageszeitung in Palma. In der Folge machte ihr die Opposition dafür die Hölle heiß. Wesentlicher Unterschied zur Abwesenheit von Prohens: Vor dem Unwetter 2018 hatte es keine dringende Wetterwarnung gegeben wie am vergangenen Sonntag.