Verurteilter Rentner, der Einbrecher auf Mallorca erschoss: Prozess muss wohl wiederholt werden
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Verurteilte legten Einspruch gegen die Gerichtsentscheidung ein. Aus der Bevölkerung erhält der 83-Jährige viel Zuspruch
Auf den ersten Blick scheint der Fall klar: Ein Rentner wird 2018 in seinem Haus in Porreres von Einbrechern überfallen, zückt zur Waffe und erschießt einen Eindringling. Klingt ganz nach Notwehr. Auf den zweiten Blick wird es kompliziert: Warum drückte er nicht den Alarmknopf, den er daheim hatte? Warum zielte er nicht auf Arme oder Beine? Und musste er überhaupt abdrücken? Zum Zeitpunkt des Schusses griffen ihn die Männer nicht an. Ein Schwurgericht hat Pau Rigo am Freitag (22.9.) für schuldig befunden. Wegen eines Verfahrenfehlers muss der Fall, der auf Mallorca viel Aufsehen erregt, nun aber womöglich erneut aufgerollt werden.
Schwurgericht befindet den Rentner für schuldig
Das Schwurgericht besteht aus neun Mitgliedern. Fünf von ihnen befanden Rigo schuldig, den Einbrecher „getötet zu haben, unter dem Umstand einer existierenden Bedrohung, die sein Auffassungsvermögen und seine Handlungsentscheidung stark beeinträchtigt haben“. Mit der Mehrheit der Stimmen forderte die Staatsanwaltschaft drei Jahre und neun Monate Haft für den 83-Jährigen. Weder der Richterin noch den Klägern oder Verteidigern fiel dabei ein Fehler auf. Bei einer Schuldsprechung durch das Schwurgericht müssen in solch einem Fall mindestens sieben von neun Schöffen dafür stimmen.
Noch vor der anstehenden Verkündung des Strafmaßes haben nun sowohl die Staatsanwaltschaft, die sich am Mittwoch für den Fehler entschuldigte, als auch Pau Rigo Einspruch eingelegt. Der Rentner wechselte den Anwalt und vertraut nun auf die Dienste von Mallorcas bekanntestem Strafrechtsexperten, Jaime Campaner, der Freispruch fordert.
Familie fordert Entschädigung
Alle Parteien sollen sich nun bis Freitag äußern. Es gilt als höchst wahrscheinlich, dass die Richterin die Entscheidung des Schwurgerichts für nichtig erklärt und der Prozess mit einem neuen Richter und neuen Geschworenen wiederholt werden muss. Das betrifft sowohl Pau Rigo als auch die drei Komplizen des verstorbenen Einbrechers, darunter seinen Zwillingsbruder, denen ebenfalls langjährige Haftstrafen drohen. Die Familie des Verstorbenen fordert zudem eine hohe Entschädigung.
Petitionen für Freilassung des Rentners
Derweil hat sich unter den Mallorquinern eine Welle der Entrüstung breitgemacht. In den sozialen Medien kursieren Forderungen, den Rentner freizulassen. Eine eigens dafür eingerichtete Facebook-Gruppe kommt derzeit auf 10.430 Mitglieder, knapp 7.500 Personen haben eine Petition unterschrieben. Selbst das Rathaus von Porreres bat, Pau Rigo nicht ins Gefängnis zu schicken. Das hatten im Übrigen auch die Geschworenen vorgeschlagen, die den alten Mann für schuldig befanden, aber seine Begnadigung empfahlen.
Abonnieren, um zu lesen
- Urlauber verwundert: Ganzer Strand auf Mallorca mit Quallen bedeckt
- Muss uns jetzt alleine durchbringen": Fans können nun mit "Goodbye Deutschland"-Mallorca-Auswanderern Mermi-Schmelz in Peguera übers Meer radeln
- Starkregen auf Mallorca erwartet: Wetterdienst gibt Warnstufe aus
- Ende Gelände: Familie Kusmagk schickt ihre Habseligkeiten per Lkw von Mallorca nach Dänemark
- Das ist ein harter Schlag": Balearen-Regierung veranlasst 96-Millionen-Euro-Zahlung an Matthias Kühn
- Unternehmer an der Playa de Palma schimpfen auf Verwässerung der Benimmregeln auf Mallorca
- Essen gehen auf Mallorca: Wie sagt man dem Kellner, dass man die Rechnung getrennt bezahlen möchte?
- Den "Berliner Döner" aus Palma gibt es bald auch in Cala Ratjada - neben einem sehr bekannten Partylokal