Nachdem er auf Mallorca beinahe ertrunken wäre: Deutscher will Badegäste vor Strömungen warnen

Das Unglück ereignete sich im November am Strand von Canyamel. Den 72-Jährigen brachte es zum Nachdenken und auf eine Idee

Wenn die Rettungsschwimmer da sind, ist die Gefahr gering.

Wenn die Rettungsschwimmer da sind, ist die Gefahr gering. / Nele Bendgens

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Den 12. November 2023 wird Siegfried Bäcker nicht mehr vergessen. Der 72-jährige Unternehmer aus Mittelfranken, der in Portocolom eine Ferienfinca besitzt, genoss den Tag am Strand von Canyamel. „Es war herrlich sonnig, das Wasser hatte noch über 20 Grad, die Lufttemperatur lag bei rund 22 Grad“, erzählt Bäcker (Name v. d. Red. geändert) der MZ am Telefon. Der Wellengang sei etwas stärker gewesen, aber nichts habe vom Ufer aus auf größere Gefahren im Meer hingedeutet.

Bäcker begab sich zum Schwimmen ins Wasser und wurde nach kurzer Zeit von einer Strömung erfasst, die ihn aufs Meer hinaustrieb. „Ich habe dann versucht, gegen die Strömung anzuschwimmen. Das ist falsch, wie ich heute weiß“, berichtet der Unternehmer. Als er merkte, dass er nicht aus eigener Kraft aus dem Wasser kam, rief er um Hilfe. Eine Frau hörte ihn und schlug am Strand Alarm, wo sich „zu meinem riesigen Glück“, wie Bäcker heute sagt, zwei Männer aufhielten, die schnell reagierten.

Dramatische Rettungsaktion

Einer von ihnen hatte 20 Jahre in der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft gespielt und war deshalb gut in Form. Auch dessen Begleiter habe eine athletische Figur gehabt, und gemeinsam versuchten die beiden Männer, Bäcker aus dem Wasser zu holen. „Zunächst wurden auch sie von der Strömung erwischt und konnten mich nicht erreichen“, berichtet der Mittelfranke. Zwischenzeitlich wurde der 72-Jährige ohnmächtig und schluckte Wasser. Die beiden Männer erreichten Bäcker schließlich, dieser kam wieder zu sich und konnte sich mit einer Hand an einem Schwimmbrett festhalten, das die Männer mitgebracht hatten.

Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, den Deutschen an den Strand zu bringen, wo er erst einmal das geschluckte Wasser ausspuckte. Die Retter brachten den Familienunternehmer in die stabile Seitenlage, ein Krankenwagen transportierte ihn ins Krankenhaus von Manacor. Dort musste Bäcker eine Nacht lang zur Beobachtung bleiben, um gesundheitliche Beeinträchtigungen ausschließen zu können. „Im Krankenhaus bekam ich Sauerstoff, mein Herz wurde untersucht. Dabei haben die Ärzte festgestellt, dass ich wohl im Wasser einen sekundären Infarkt erlitten hatte“, berichtet der Unternehmer.

Mit diesem Schild will Bäcker an den Stränden warnen.

Mit diesem Schild will Bäcker an den Stränden warnen. / privat

Psychische Folgen

Das Erlebte wirkt auch heute noch nach in dem 72-Jährigen. Er ist überzeugt: „Wenn mich die beiden Männer nicht aus dem Wasser geholt hätten, wäre ich zu 100 Prozent heute nicht mehr am Leben.“ Mehrere Wochen nach dem Unglück schlief er kaum, mit den psychischen Folgen der Nahtoderfahrung kämpft er manchmal auch noch heute.

Bäcker recherchierte nach seinem Unglück im Internet und fand heraus, dass an den Stränden auf Mallorca immer wieder Menschen in den vergangenen Jahren ihr Leben verloren haben, weil sie die gefährlichen Unterströmungen nicht gekannt hatten. Vor allem die Playa de Muro ist seit einigen Jahren für das Phänomen bekannt. Die Strömungen bilden sich an Hindernissen auf dem Grund wie etwa Sandbänken. Die Wellen werden ausgebremst, das Wasser bündelt sich und fließt kraftvoll – einem unsichtbaren Fluss gleich – ins offene Meer zurück.

Strömungen treten ohne Vorwarnung auf

Diese Strömungen sind deshalb so tückisch, weil sie ohne jede Vorwarnung zu jeder Tageszeit auftreten können. Im Sommer warnen rote Flaggen an den Stränden vor den Strömungen, in der Nebensaison allerdings gibt es für Urlauber, die das Phänomen nicht kennen, keinerlei Hinweise darauf, dass sie sich in Gefahr begeben.

Das Problem sei, dass mit dem Ende der Badesaison spätestens Ende Oktober die Rettungsschwimmer ihre Arbeit einstellten, so Bäcker. Zusätzlich würden aber auch die Bojen und die Seile abgebaut, die in manchen Buchten auf die Unterströmungen hinweisen. So sei es auch im Fall von Canyamel gewesen. Nichts habe an jenem 12. November auf die Strömung hingedeutet.

Ein Warnschild soll Leben retten

Um weitere Todesopfer in Zukunft zu vermeiden, ist Bäcker eine Idee gekommen: Er will erreichen, dass die Gemeinden auf Mallorca, in denen die Buchten mit häufigen Unterströmungen liegen, dazu bringen, die Badegäste auch außerhalb der Badesaison warnen. Bäcker hat in seiner Firma ein Warnschild entwickeln lassen, das auf Englisch, Spanisch und Deutsch auf die Gefahren hinweisen soll.

Dieses Schild könne dann nach dem Ende der offiziellen Badesaison, wenn die Rettungsschwimmer die Strände verließen, aufgestellt und möglicherweise im Winter wieder abgebaut werden, wenn praktisch niemand mehr ins Wasser gehe. Im Frühjahr 2024 will Bäcker diese Initiative gemeinsam mit der MZ den Gemeinden präsentieren.

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