Die ominösen Geschäfte eines Schweizer Mallorca-Residenten mit einem Hamas-Geldgeber

Ein Schweizer Rentner scheint ein unauffälliges Leben auf Mallorca zu führen. Doch er soll geschäftliche Verbindungen zu einem Unterstützer der Terrorgruppe unterhalten

Der Schweizer Rentner Konrad F. auf seiner Mallorca-Finca, auf der er Olivenöl herstellt.  | FOTO: SCREENSHOT

Der Schweizer Rentner Konrad F. auf seiner Mallorca-Finca, auf der er Olivenöl herstellt. | FOTO: SCREENSHOT / johannes krayer

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Auch drei Monate nach dem Überfall der Hamas auf ein Musikfestival in Israel bekriegen sich im Gazastreifen Soldaten der israelischen Armee und Hamas-Kämpfer. Tausende Tote hat der Konflikt allein seit der neuen Eskalation am 7. Oktober 2023 gefordert. Mit Waffen, die aus den verschiedenen Teilen der Welt finanziert werden. Eine Spur führt dabei auch nach Mallorca.

Die Schweizer Zeitung „Tages-Anzeiger“ berichtet, dass ein Schweizer Rentner Geschäfte mit einem wichtigen Hamas-Finanzierer macht oder zumindest machte. Konrad F., wie der „Tages-Anzeiger“ den Schweizer nennt, hat sich auf Mallorca zurückgezogen und genießt dort auf einer Finca nicht weit vom Meer entfernt seinen Ruhestand. Hier baut der 80-Jährige Oliven an und presst sein eigenes Öl, dazu unterstützt er die örtlichen Tierheime mit großzügigen Futterspenden. Nichts deutet auf kriminelle Machenschaften hin. Ein Schweizer TV-Sender besuchte Konrad F. vor einigen Jahren auf seiner Finca und drehte einen Beitrag über den Auswanderer.

Verbindungen in den Sudan

Wie der „Tages-Anzeiger“ in Zusammenarbeit mit einem internationalen Recherchenetzwerk nun herausgefunden hat, soll es enge Verbindungen zwischen Konrad F. und einem afrikanischen Geschäftsmann geben, der an der Finanzierung der Hamas führend beteiligt sein soll. Nur wenige Wochen nach dem TV-Besuch habe Konrad F. eine Mail an den Mann namens Abdelbasit Hamza, der im Sudan ansässig ist, geschrieben. Darin ging es um ein gemeinsames Schreiben, das beide absenden wollten.

Abdelbasit Hamza ist kein Unbekannter im Nahen Osten. „Er gilt als Vertrauter des 2019 im Sudan abgesetzten islamistischen Langzeitdiktators und vom Internationalen Strafgerichtshof des Genozids beschuldigten Omar al-Bashir“, schreibt der „Tages-Anzeiger“. Unter dessen Führung sei der Sudan eine wichtige Geldquelle der Hamas gewesen sein. Und laut der US-Regierung ist Hamza selbst ein zentraler „Hamas-Finanzierer“.

US-Behörden zahlen Millionen für Hinweise

Seit dem Angriff der Hamas Anfang Oktober 2023 steht Hamza in den USA auf der Sanktionsliste. Die US-Sicherheitsbehörden zahlen bis zu zehn Millionen Dollar Belohnung für Hinweise, die auf die Spur von fünf gesuchten Hamas-Finanzierern führen, darunter Hamza. Er habe „zahlreiche Unternehmen im Investitionsportfolio der Hamas verwaltet“, heißt es auf der Website der US-Regierung.

Dort wurde der Aufruf, Hinweise zu Hamza und den vier weiteren gesuchten Geldgebern einzusenden, am Freitag (5.1.) noch einmal veröffentlicht. Laut den US-Behörden war Hamza in der Vergangenheit bereits an einer Überweisung von 20 Millionen Dollar an die Hamas beteiligt. Unter anderem soll er Geldwäsche betrieben und mit dem Geld Geschäfte für die Hamas eingefädelt haben. Er habe darüber hinaus historische Verbindungen zu anderen Unternehmen im Sudan, die sich um Terrorfinanzierung kümmerten, darunter zu Al-Qaida oder Osama bin Laden.

Konrad F. und Hamza verlangen 20 Millionen Dollar

In dem Schreiben, das Mallorca-Resident Konrad F. und Abdelbasit Hamza da im Frühjahr 2021 gemeinsam vorbereiten, verlangen die beiden von einem Geschäftspartner laut dem „Tages-Anzeiger“ 20 Millionen Dollar. Angeblich sei das der Preis für Schürfrechte in zwei Goldminen in Ägypten, die F. und Hamza bereits 2019 verkauft hatten.

Der „Tages-Anzeiger“ rief auf Mallorca an und konfrontierte Konrad F. mit den Recherchen. F. antwortete, er könne nicht glauben, dass Hamza von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt worden sei. Er kenne ihn schon seit Jahrzehnten. Das sei kein Terrorist, das sei ein Geschäftsmann, so Konrad F. gegenüber dem Schweizer Blatt. Er habe bereits einiges Geld in die Firmengruppe von Hamza investiert, unter anderem in eine „Milchfabrik, Shoppingcenter, Hühnerfarm“, vieles davon im Sudan. Konrad F. bestätigt dem „Tages-Anzeiger“ auch, dass er 2019 seine Anteile der Schürfrechte in Ägypten verkauft, bis heute aber kein Geld gesehen hat.

Später schrieb Konrad F. den Journalisten noch, dass es sich um eine Verwechslung handeln müsse. Es sei pure Propaganda, Abdelbasit Hamza habe nie Hamas-Mitglieder finanziell unterstützt.

Israelischer Geheimdienst bestätigt Informationen

Auch Hamza selbst äußerte sich gegenüber einem Recherchepartner des Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ), dem die Informationen zur Hamas-Finanzierung aus einem zypriotischen Datenleck zugespielt worden waren, zu den Vorwürfen: Die von den US-Behörden vorgebrachten Sanktionsgründe seien „nicht wahr“. Er habe nie eine Beziehung zu Al-Qaida oder zu Osama bin Laden unterhalten und sei schon gar kein Hamas-Finanzierer. Die Sanktionierung der US-Behörden habe ihn „sehr überrascht“, weshalb er umgehend eine Mail an die zuständigen Stellen geschickt habe, um zu erklären, dass die Informationen, auf denen die Sanktion beruhe, nicht korrekt seien.

Gegenüber dem Recherchepartner des ICIJ bestätigt allerdings ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad die Informationen der US-Behörden. Udi Levy leitete bis zum Jahr 2016 eine Abteilung für wirtschaftliche Aufklärung bei Mossad und sagt, dass Hamza sich an der Seite von Omar al-Bashir als legitimer Geschäftsmann etabliert habe. „In den vergangenen Jahren wurde er zu einer zentralen Figur im Investment-Portfolio der Hamas. Dieses Portfolio besteht aus Dutzenden Firmen, die Mittel für die Hamas erwirtschaften.“ Die Gewinne daraus würden in die Operationen der Hamas gesteckt.

Auch Verbindungen zum KGB

Der „Tages-Anzeiger“ schließt mit dem Hinweis, dass der Name Konrad F. nicht das erste Mal in einem heikleren Kontext auftaucht. F. war nach Angaben der Zeitung bis in die frühen 1990er-Jahre Verwaltungsrat einer Schweizer Firma. Diese soll später als Vehikel des sowjetischen Geheimdienstes KGB fungiert haben, um ergaunerte Gelder in den Westen zu schaffen. Die britische Russland-Expertin und Autorin Catherine Belton spricht gar davon, dass diese Firma am Anfang der „Plünderung“ des sowjetischen Staates stand. Es soll dabei auch um Einnahmen aus der organisierten Kriminalität gegangen sein.

Konrad F. schreibt dem „Tages-Anzeiger“ dazu nur: „Ich wurde gefragt, ob ich den Verwaltungsrat übernehmen würde. Als ich mich näher erkundigte, bin ich kurz darauf ausgetreten.“

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