Wahlen in den Regionen und Gemeinden in Spanien: Das sind die Strategien und Argumente

Der Urnengang am 28. Mai hat auch für die Parteien auf nationaler Ebene strategische Bedeutung

Wahlkampfauftritt in Castellón: Premier Sánchez setzt auf die Wirtschaftsdaten.  | FOTO: PACO POYATO/EUROPAPRESS

Wahlkampfauftritt in Castellón: Premier Sánchez setzt auf die Wirtschaftsdaten. | FOTO: PACO POYATO/EUROPAPRESS

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Mit dem traditionellen Anschlag der Plakate beginnt Ende dieser Woche offiziell der Wahlkampf für die regionalen und kommunalen Wahlen in Spanien am 28. Mai. An diesem Superwahltag werden die Parlamente in zwölf der 17 Regionen neu gewählt, darunter auf den Balearen, in Madrid und Valencia, sowie auch sämtliche Rathäuser. Spaniens Ministerpräsident wird am ersten Tag der heißen Wahlkampfphase in Washington bei US-Präsident Joe Biden zu Gast sein. Den Termin am 12. Mai schlug das Weiße Haus vor, was die spanische Regierung schwer ablehnen konnte.

Die große internationale Bühne für Sánchez wird seiner Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) kaum schaden. Obwohl es vornehmlich um lokale Themen und Probleme geht, sind die Wahlen am 28. Mai auch ein wichtiger Gradmesser für die nationale Politik mit Blick auf die Parlamentswahlen, die voraussichtlich Ende des Jahres stattfinden. Die konservative Opposition hofft, mit der Eroberung einiger sozialistisch regierter Regionen und Rathäuser eine Trendwende einläuten zu können.

Wahlkampfgeschenke

Sánchez legt sich daher ins Zeug und hat sich in den vergangenen Tagen mit Ankündigungen neuer Wohltaten geradezu überschlagen. Dabei haben die Sozialisten vor allem ein Thema ausgemacht, das in Spanien wie vielerorts die Wählerschaft beschäftigt – die Wohnungsnot. Vor zwei Wochen wurde im Parlament das erste Gesetz zur Regulierung des Wohnraums verabschiedet. Es sieht unter anderem eine Mietpreisbremse vor, die von den Landesregierungen umgesetzt werden muss. Damit nicht genug. Sánchez kündigte tröpfchenweise den Bau von Sozialwohnungen an: Für vier Milliarden Euro sollen 63.000 Wohnungen neu gebaut werden, weitere 20.000 sind auf brachliegenden Grundstücken des Verteidigungsministeriums geplant, 50.000 werden von der „Bad Bank“ Sareb übernommen, wo ein Großteil des Bestands aus der geplatzten Immobilienblase abgeladen wurde.

Auf der letzten Kabinettssitzung vor dem offiziellen Wahlkampfauftakt beschloss die Regierung staatliche Garantien zum Kauf einer Immobilie für Personen bis 35 Jahre und Haushalte mit einem Jahreseinkommen von maximal 37.800 Euro. Nicht nur Experten, auch der Koalitionspartner der PSOE, das Linksbündnis Unidas Podemos, warnt davor, dass dies lediglich die Immobilienpreise in die Höhe treiben werde, und verweist auf Erfahrungen in Großbritannien. Die konservative Volkspartei (PP) beklagte dagegen, dass Sánchez ihre Idee von einer Hilfe zum Wohnungskauf kopiert habe.

Die Sozialisten sind besonders um junge Wähler bemüht, nicht nur wegen der Versprechen von mehr bezahlbarem Wohnraum. Auf einer Parteiveranstaltung am Samstag (6.5.) in Murcia kündigte der Premier einen Zuschuss von 50 Prozent für das beliebte Interrailticket für Menschen zwischen 18 und 30 Jahren an. Reisen innerhalb Spaniens sollen für junge Leute zu 90 Prozent subventioniert werden. Wieder klaute der Sozialist einen Vorschlag der Konservativen.

Rekorde auf dem Arbeitsmarkt

Obwohl die Umfragen für die PSOE zuletzt nicht gerade günstig waren, hofft Sánchez auf die Wirtschaft. Denn Spanien hat die Doppelkrise von Pandemie, Preisexplosion und Kriegsfolgen besser überstanden, als die meisten Volkswirte erwartet hatten. Der Arbeitsmarkt ist im Gegensatz zu früheren Krisen robust und erreichte im April mit 20,6 Millionen Sozialversicherten einen neuen Rekord. Die Regierung hat den gesetzlichen Mindestlohn mehrfach angehoben sowie Renten und Bezüge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verbessert. Am Mittwoch unterzeichneten die spanischen Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften ein Abkommen, das eine Lohnerhöhung von zehn Prozent bis 2025 vorsieht, was in den Tarifverträgen der einzelnen Branchen umgesetzt werden muss.

Da die PP die wirtschaftlichen Zahlen kaum angreifen kann, konzentriert sich die Oppositionspartei auf das schlechte Image, das Sánchez in weiten Teilen der Gesellschaft hat – nicht zuletzt, weil seine Minderheitsregierung im Parlament regelmäßig auf die Stimmen der Regionalparteien angewiesen war. Die Fraktionssprecherin der PP, Cuca Gamarra, hielt dem Premier bei der wöchentlichen Aussprache im Unterhaus am Mittwoch (10.5.) vor, dass die linke, separatistische Bildu bei den Kommunalwahlen im Baskenland 44 Kandidaten aufgestellt hat, die früher zur Terrororganisation ETA gehörten. Sieben davon wurden sogar wegen Bluttaten verurteilt.

Sánchez setzt dagegen unbeirrt auf die Wirtschaft. „Die von ihnen vorausgesagte Apokalypse ist nicht eingetreten“, entgegnete er der PP-Sprecherin im Parlament.

Abonnieren, um zu lesen