Zwei Probleme auf einmal lösen: Ein neues Förderprogramm soll Firmen dazu animieren, zum einen alte Dächer, die mit Asbestfasern hergestellt sind, korrekt zu entsorgen und gleichzeitig mit Fotovoltaik einen Teil ihres Energieverbrauchs selbst zu stemmen. Seit November können Unternehmer Hilfsgelder der EU beantragen, um einen Teil neuer Solarpaneele finanzieren zu lassen, wenn sie an dieser Stelle zuvor Asbest-Dächer entfernt haben.

Die balearische Landesregierung will auf diese Weise nach und nach die Asbestbestände auf den Inseln reduzieren. Bereits jetzt ist das Material bei fast allen Schulgebäuden entfernt worden. Bis zum Jahr 2024 soll dies bei sämtlichen kommunalen Gebäuden der Fall sein. Förderprogramme wie das aktuelle sollen nun zusätzlich Anreize schaffen.

Billig, leicht und feuerbeständig

Asbest galt über Jahrzehnte hinweg als Wunderbaumittel schlechthin: billig, leicht und feuerbeständig. Von den 60ern bis zu den 90er wurde deswegen viel mit dem Faserzement – einer Mischung aus Zement und Asbestfasern – gebaut. Die klassischen gewellten Dächer über Industriegebäuden bestehen aus diesem Material, aber auch viele Wasserrohre oder Fassadenverkleidungen.

Inzwischen ist schon lange klar, dass das Wundermittel viele negative Seiten hat: Unter den gewellten Dächern wird es im Winter kalt und im Sommer sehr heiß. Nach einigen Jahren sind die Dächer nicht mehr so stabil wie am Anfang. Und Asbestfasern können die Lunge schädigen: Eine längere Aussetzung erhöht das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

Experte schätzt 80 Prozent Asbest-Dächer in Mallorcas Gewerbegebieten

Obwohl man seit Jahrzehnten weiß, dass Asbest schädlich ist, und nichts mehr damit gebaut wird, ist der Stoff noch allgegenwärtig. „Ich würde sagen, in Mallorcas Gewerbegebieten bestehen noch etwa 80 Prozent der Dächer aus Faserzement“, schätzt Antonio Marí, kaufmännischer Leiter der Firma Vestalia. Sie ist darauf spezialisiert, Asbest zu entfernen und zu entsorgen.

Um die neuen Förderprogramme als Paket anbieten zu können, hat sich Vestalia mit einer anderen Firma auf der Insel zusammengetan: Sampol Energía ist ein Unternehmen, das Fotovoltaikplatten installiert. „Bei größeren Dächern lassen sich mit dem Förderprogramm 30 bis 35 Prozent der Paneele finanzieren“, sagt Marí. Es gebe bereits viele Anfragen, aber ausgeführt habe man noch keine davon. Denn zwischen Antrag und Bewilligung vergingen mehrere Monate.

Fachleute entsorgen Asbest in speziellen Beuteln Vestalia

Bislang schreibt aber keine Verordnung vor, Bauwerke aus Faserzement abzureißen. Denn der Stoff an sich ist nicht giftig, erklärt der Generaldirektor für Müllentsorgung bei der Landesregierung, Sebastià Sansó. „Das Material ist gefährlich, sobald es kaputtgeht und Fasern freigesetzt werden.“ Vorgaben gibt es deswegen nur bei der Entsorgung: Beim Abbau soll nur Fachpersonal tätig sein.

Die Mitarbeiter spezialisierter Firmen wissen, wie mit Asbest umzugehen ist, und tragen Schutzkleidung. „Außerdem sind regelmäßige Arztkontrollen vorgeschrieben, um mögliche Auswirkungen des Asbests zu überprüfen“, sagt Marí von Vestalia. Der Faserzement kommt in spezielle Beutel, die verhindern, dass Fasern in die Luft gelangen, und wird dann auf dem Festland entsorgt. Denn auf den Balearen nimmt keine Entsorgungsfirma Asbest an.

Illegale Müllentsorgung ist teuer

Häufig läuft es aber anders, erzählt Sansó. Einige Privatleute und Firmen entsorgten ihren Bauschutt illegal am Straßenrand. Findet sich in diesem Bauschutt Asbest, muss der gesamte Unrat als Asbest-Müll gesammelt werden, die Fasern könnten überall sein. Menschen, die diesen Müll illegal entsorgen, gefährdeten nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern die von allen, warnt Sansó. „Was billig für den Einzelnen ist, ist teuer für alle Bürger.“