Es sind teilweise apokalyptisch anmutende Bilder, die dieser Tage das spanische Fernsehen zeigt. Da ist ein 50-jähriger Landwirt in der Provinz Zamora in Kastilien-León, der mit einem Traktor einen Graben aushebt, um die Flammenwand aufzuhalten. Kurz darauf sieht man den Mann mit freiem Oberkörper auf der Flucht vor dem rasch aufrückenden Feuer. Er kam mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus. Ebenfalls aus Zamora stammen die Handyaufnahmen eines Zugreisenden auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Madrid nach Galicien, die festhalten, wie die Flammen immer näher an die Gleise rücken. Die Strecke wurde daraufhin gesperrt.

Es sind jeden Sommer die gleichen Bilder der Umweltzerstörung durch Waldbrände, mag man meinen. Doch alle Daten und Messungen belegen, dass dieses Jahr neue Rekorde aufgestellt werden. Seit Jahresbeginn sind in Spanien 70.000 Hektar den Flammen zum Opfer gefallen. Das ist doppelt so viel wie der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Und der Sommer ist noch längst nicht vorbei.

Klimawandel sorgt für mehr Waldbrände

Premier Pedro Sánchez machte den weltweiten Temperaturanstieg für das Desaster verantwortlich. „Der Klimawandel tötet Personen, unser Ökosystem, unsere Biodiversität, und er zerstört die wertvollsten Güter unserer Gesellschaft, Häuser, Betriebe, Vieh“, erklärte der Regierungschef bei einem Besuch in der Region Extremadura, die von den Bränden besonders stark heimgesucht wurde. Sánchez war dieser Tage viel im Land unterwegs, um vor Ort den Betroffenen und den Einsatzkräften Mut zuzusprechen.

Während der extremen Hitzewelle, die nach dem spanischen Wetteramt Aemet vom 10. bis 18. Juli dauerte, entstanden 30 große Brände, von Galicien im Nordwesten bis nach Andalusien im Süden und Katalonien im Osten. Es gab zwei Tote zu beklagen, einen Feuerwehrmann und einen Hirten. Die Intensität der Feuer erklärt sich durch die Kombination von zwei Faktoren. Zum einen waren laut Aemet der Mai und der Juni extrem trocken. Zum anderen kam es zu neuen Rekordtemperaturen während der Hitzewelle, die vielerorts tagelang die 40 Grad überschritten.

Es fehlen konkrete Vorschläge

Spanien und insbesondere der Mittelmeerraum sind vom Klimawandel und der Hitze besonders stark betroffen. Im Zeitraum von 1980 bis 2019 hat sich die Hauptsaison für das Risiko von Waldbränden laut Forschungen um 14 Tage ausgedehnt. Im Mittelmeerraum sind es 29 Tage, also fast ein Monat. Es kommt mittlerweile nicht nur zu mehr Bränden. Diese sind auch viel gefährlicher als gewohnt. Die sogenannten Brände der sechsten Generation lassen sich wegen ihrer enormen Intensität und Unberechenbarkeit praktisch nicht kontrollieren. War das Phänomen bislang eher in den USA oder in Australien bekannt, so häufen sich diese Superfeuer nun in Südeuropa.

Sánchez warnte in der Extremadura davor, wegen der Sorge um den russischen Angriff auf die Ukraine die Bekämpfung des Klimawandels zu vernachlässigen. Er forderte die Opposition im Lande dazu auf, die Umweltpolitik zur Staatsräson zu erheben. Doch viele konkrete Vorschläge, wie den Waldbränden beizukommen ist, gab es nicht. Man wolle die Koordination der Einsatzkräfte zwischen den Regionen verstärken und dafür ein einheitliches Oberkommando einrichten, so Sánchez.

Feuer werden fast ausschließlich von Menschen ausgelöst

Die Brandbekämpfer verlangen dagegen mehr Personal. Experten verweisen auf das Problem der Landflucht, wegen der große Waldgebiete nicht mehr regelmäßig gesäubert werden. Das staubtrockene Unterholz ist Zündstoff. Umweltschützer wie Ecologistas en Acción verlangen außerdem eine bessere Aufklärung der Gesellschaft in Bezug auf die Brandgefahr in der Natur. Denn nach wie vor sind die Feuer fast ausschließlich von Menschenhand verursacht. Nach Angaben von Aemet verursachen natürliche Faktoren wie Blitzeinschläge gerade einmal fünf oder sechs Prozent der Brände.

Die Mehrheit der von Menschen ausgelösten Feuer – 75 Prozent – sind nach Daten der Staatsanwaltschaft für Umweltdelikte unbeabsichtigt. Es handelt sich zumeist um Landwirte, die Grünabfälle verbrennen oder Maschinen bei hohen Temperaturen einsetzen. Bei den Fällen von Brandstiftung wird oftmals versucht, durch das Abfackeln der Wälder Weideland zu schaffen, es handelt sich aber auch um gezielten Racheaktionen gegen Nachbarn oder um das Werk von Pyromanen.

Experten fordern Maßnahmen, um die Hitze erträglicher zu machen

Die Hitzewelle ist nicht nur eine der Brandursachen, sie kann immer öfter auch für die Menschen tödlich sein. Im Juli kamen bislang mehr als 500 Personen in Spanien infolge der hohen Temperaturen ums Leben – eine vergleichsweise niedrige Zahl im Gegensatz zu den rund 6.000 Opfern der extremen Hitzewelle, die 2003 Westeuropa heimgesucht hatte.

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Damals traf die Politik einschneidende Maßnahmen wie die Installation von Klimaanlangen in Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden. Wegen des Klimawandels verlangen Experten nun weitere Schritte, um die Hitze erträglicher zu machen.

Dazu gehören mehr Grünflächen in den Städten, ebenso begrünte Dächer und Hausfassaden. Denn trotz der Versuche, die Erderwärmung aufzuhalten, dürfte dieser Sommer nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Jahre sein.