Was passiert mit den Bäumen, die das Sturmtief "Juliette" auf Mallorca gefällt hat?

Nur ein kleiner Teil wird verarbeitet

Die Mitglieder des Behindertenzentrums Esment bauen Tische und Stühle aus den umgestürzten Bäumen.  | FOTO: DM

Die Mitglieder des Behindertenzentrums Esment bauen Tische und Stühle aus den umgestürzten Bäumen. | FOTO: DM / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Wer hilft einem kaputten Baum? Der Kieferorthopäde! Wäre es doch nur so einfach wie im Comic von Oli Hilbring. Knapp eine Million Bäume hat das Sturmtief Juliette Ende Februar auf Mallorca beschädigt. „Betroffen sind alle Baumarten, am schlimmsten aber Kiefern und Steineichen“, so Joan Santana, Chef der balearischen Forstbehörde, über die Lage. Wohl nur ein kleiner Teil der umgestürzten Bäume kann verwendet werden. „Konkret können wir das noch nicht sagen“, so ein Sprecher des balearischen Umweltministeriums auf MZ-Anfrage. Die Antwort hängt auch davon ab, wo der Baum umgestürzt sei.

Sorge vor Waldbränden

Auf den privaten Fincas haben die Eigentümer das Sagen. „Ihnen steht es frei, ob sie die umgestürzten Bäume verkaufen oder verschenken“, sagt der Sprecher. Im schlimmsten Fall lassen sie sie einfach liegen. Das trockene Totholz bietet im Sommer ordentlich Zunder für Waldbrände.

Fällt ein Baum auf eine öffentliche Straße, ist die Verkehrsbehörde des Inselrats für das Holz zuständig. Auf den öffentlichen Fincas laufen hingegen weiterhin die Aufräumarbeiten durch die balearische Forstbehörde. Die umgestürzten Bäume werden nach und nach kleingehäckselt und zu Biomasse verarbeitet. Ein Teil davon wird in den Heizkesseln der Wanderhütten Binifaldó und Menut verfeuert. Dass der Bedarf eher gering ist, kann man sich denken. Zumal sich die kalten Nächte langsam dem Ende nähern.

Ein wesentlich größerer Teil wird dazu benutzt, um die Waldböden aufzubessern. Bereits nach der Windhose im August 2020, die Tausende Kiefern in Banyalbufar wie Streichhölzer brechen ließ, wurde die gehäckselte Biomasse verstreut, um den Boden im Bellver-Park in Palma zu verbessern. „Das verhindert die Erosion, sorgt dafür, dass Feuchtigkeit länger gespeichert werden kann und erhöht die Nährstoffe im Boden“, sagte damals Umweltminister Miquel Mir.

Soziales Projekt

Ein Problem ist, dass die Kiefern zwar zu den weitverbreitesten Bäumen Mallorcas zählen, in der Inselindustrie aber kaum wertgeschätzt werden. „Wir haben damit noch nie gearbeitet und lernen nun ständig hinzu“, sagt der Tischler Toni Galmés, dessen Betrieb in Vilafranca von öffentlichen Geldern subventioniert wird und gemeinsam mit einer Behindertenwerkstatt aus Palma Möbel aus den Kiefern zimmert. „Wir wollen das lokale Holz nutzen, das zuletzt in unserer Branche außen vor war. Ende der 80er-Jahre war das anders. Damals stellte man die später nicht sichtbaren Möbelteile aus Kiefer her.“

Auch dieses Projekt, Amarar genannt, entstand nach dem Banyalbufar-Unwetter. „Das war eine unglaubliche Menge an Holz guter Qualität. Es wäre schade gewesen, es zu Pellets zu verarbeiten und zu verfeuern“, sagt der Ingenieur Alexandre Martínez, der gemeinsam mit Toni Galmés und drei Architekten das Projekt leitet. „Die Möbel heutzutage haben ein kurzes Leben. Da muss für Nachschub gesorgt werden. Umso besser, wenn es ein Kreislauf ist, in dem totes Holz verarbeitet wird“, so Martínez.

Die Balearen-Regierung bewilligte im März eine Subvention in Höhe von knapp 122.000 Euro, wohl auch wegen des sozialen Charakters des Projekts. Die Tischlerei Galmés in Vilafranca arbeitet mit dem Behindertenzentrum Esment zusammen. „Für die Arbeit reicht ein einfacher Hammer aus“, so Martínez. Die Arbeitsplätze sind so hergerichtet, dass die Menschen mit Behinderung nicht von ihrem Stuhl aufstehen müssen. „Es sind kleine Handgriffe. Es ist für die Zentrumsmitglieder eine sinnvolle Tätigkeit, sie sind in den Arbeitsprozess der Endfertigung eingebunden.“

So wird das Holz verarbeitet

Die dicken Stämme der gestürzten Kiefern werden geschnitten in die Werkstatt nach Vilafranca geliefert. „Wir markieren die Schnittflächen farbig, damit wir wissen, woher der Baum stammt und wann er umgestürzt ist“, sagt Martínez. Mit einer Säge werden Bretter aus den Stämmen geschnitten, die ein Jahr lang trocknen müssen. Danach werden sie je nach Design zurechtgeschnitten und von den Helfern aus dem Zentrum zusammengesetzt. Dabei wird kein Teil verschwendet. „Was übrig bleibt, verarbeitet Esment in der Gärtnerei oder wir machen Pellets daraus.“

400 Tische und Stühle sollen in dem Projekt entstehen. Derzeit werden die fertigen Möbelstücke ausschließlich im Behindertenzentrum benutzt. Doch dabei soll es nicht bleiben. Martínez will einen Verkaufsraum in der Tischlerei einrichten, um dort die Tische und Stühle ausstellen zu können.

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