"Wie ein Treffen von Öko-Aktivisten": Die neue Sprache der Mallorca-Hoteliers

Die Tourismusmesse Fitur in Madrid zeigt, dass die Tourismusbranche auf neue Botschaften setzt. Aber wie ernst sind diese gemeint?

Marga Prohens (3.v.re.) und Carmen Riu (2.v. re.) bei einer von Exceltur veranstalteten Podiumsdiskussion auf der Messe Fitur.

Marga Prohens (3.v.re.) und Carmen Riu (2.v. re.) bei einer von Exceltur veranstalteten Podiumsdiskussion auf der Messe Fitur. / CAIB

Elena Vallés

Elena Vallés

Am Sonntag (28.1.) geht die internationale Tourismusmesse Fitur zu Ende. Und neben einem deutlichen Besucheranstieg von zwölf Prozent bleibt vor allem eine Erkenntnis von Spaniens wichtigstem Branchentreffen: Die Botschaften der Hoteliers und anderer Player im Tourismussektor hat sich deutlich gewandelt.

Meliá-Chef Gabriel Escarrer warnte vor der "außer Kontrolle" geratenen Ferienvermietung. Riu-Vorsitzende Carmen Riu befürwortete ein Referendum darüber, ob die Menschen auf Mallorca noch Urlauber empfangen wollen. Und Ministerpräsidentin Marga Prohens erklärte, es gehe nicht mehr um grenzenloses Wachstum.

Die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" hat drei Tourismusforscher und Analysten gebeten, ihre Sicht auf die neue Sprache der Tourismusbranche darzulegen.

Joan Buades | Schriftsteller und Forscher

Der radikale Wandel im Diskurs der Hoteliers ähnelt jenem der fossilen Industrien. Man leugnet nicht mehr das Problem, sondern stellt sich als Akteur für die Lösung dar. Dies beweist, dass sich die Klimakrise nicht mehr schönreden lässt. Gleichzeitig wird die Warnung Orwells wahrgemacht: "Krieg ist Frieden; Freiheit ist Sklaverei; Unwissenheit ist Stärke". Die großen Hoteliers führen einen Kulturkrieg, in dem sie sich die Sprache der Bewegungen aneignen, die das selbstmörderische System kritisieren, das sowohl den globalen Süden als auch künftige Generationen bedroht.

Keine Hotelkette hat ihren ökologischen Fußabdruck veröffentlicht, in dem die Anreise per Flugzeug, die Herstellung von Lebensmitteln und Materialien inbegriffen ist. Die meisten Hoteliers reisen im Privatjet, der Gipfel der Nicht-Kreislaufwirtschaft, der fossilen Energien und des asozialen, umweltschädlichen Konsumverhaltens.

Ivan Murray | Geograf

Diese Messen sind üblicherweise Zeremonien, auf denen die Mythen des Tourismus verherrlicht werden. Die Fitur ist ein Lautsprecher für die Slogans der politischen und wirtschaftlichen Eliten. Normalerweise werden die Botschaften von der Presse und anderen Content Creators übernommen. Deshalb hört man seit Jahrzehnten in Davos und bei ähnlichen Treffen Aufrufe für eine bessere Justiz, mehr Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit. Diese guten Absichtserklärungen stehen im Gegensatz zu dem, worum es wirklich geht: Wachstum und Gewinne - oder der Tod.

Gabriel Escarrer bei seiner Rede auf einer Auftaktveranstaltung zur Fitur.

Gabriel Escarrer bei seiner Rede auf einer Auftaktveranstaltung zur Fitur. / Efe

Auf der Fitur haben wir widersprüchliche Botschaften gehört. Zum einen wurde viel darüber geredet, dass man Beschränkungen einführen und den Tourismus angesichts der begrenzten Ressourcen unseres Planeten neu erfinden muss. Zum anderen war die Rede von unglaublichen Gewinnen und unkontrollierter Internationalisierung.

Was jedoch immer deutlicher wird, ist, dass die Bedingungen im 21. Jahrhundert ganz andere sind als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der die Balearen sich zum Mekka des Massentourismus verwandelt hat. Dies war damals möglich, weil es Öl günstig und in rauen Mengen gab, zudem waren die klimatischen Bedingungen stabiler.

Margalida Ramis | Vorsitzende des Umweltschutzverbandes GOB

Schon auf dem Treffen der europäischen Tourismusminister in Palma vergangenes Jahr war die neue Sprache zu hören. Es war die Rede von Gentrifizierung und dem mangelnden Wohnraum. Das Ergebnis war das gleiche wie immer: Wir wollen mehr Fördergelder von der EU. Der neue Diskurs auf der Fitur wurde vor allem vom Lobbyverband Exceltur und den Hoteliers vorangetrieben. Wenn man sich die Begriffe anschaut, die gefallen sind, wirkte es eher wie ein Treffen von Öko-Aktivisten.

Tourismus-Staatssekretärin Rosana Morillo (Spanien) und Hubert Martin Gambs (Europäische Kommission, Österreich) halten die Erklärung von Palma in Händen.

Tourismus-Staatssekretärin Rosana Morillo (Spanien) und Hubert Martin Gambs (Europäische Kommission, Österreich) halten die Erklärung von Palma in Händen. / EU

Ich glaube, sie haben begriffen, dass sie nicht mehr die gleiche soziale Akzeptanz wie früher haben und dass der Tourismus zu großen Belastungen führt. Deshalb übernehmen sie diese anderen Sprachmuster, setzen etwa auf Kulturtourismus. Dabei geht es einfach nur darum, auf andere Weise die Insel auszupressen. Es ist eine Methode, um den Widerstand zu reduzieren. In den vergangenen acht Jahren hat die Linksregierung genau das Gleiche getan, die Hoteliers hatten also gute Lehrmeister.

Andererseits habe ich das Gefühl, dass der Tourismussektor in Absprache mit der öffentlichen Verwaltung eine Offensive vorbereitet. So wurde etwa eine Initiative vorgestellt, um die bürokratischen Hürden zu senken, unter anderem auch im Bereich der Umweltkommission, die die Gutachten für neue Projekte erstellt. Prohens hat sogar erklärt, dass die Kommission nach Meinung der Unternehmer ihre Kompetenzen überschreitet. Das ist beunruhigend.

Wir müssen darauf hinweisen, dass die neue Sprache nicht damit zusammenpasst, dass man das Moratorium auf Gästebetten aufheben und die Branche deregulieren möchte.

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