Das Konzept des slow food sollte gemeinhin bekannt sein. Doch es gibt auch Verfechter des slow cinema: Einer von ihnen ist der 1982 in Madrid geborene und unter anderem auf Mallorca aufgewachsene Filmemacher Miguel Eek. Seit 2019 organisiert er das Filmfestival MajorDocs.

„Langsamkeit ist bei uns ein wichtiges Thema“, sagt er im MZ-Gespräch. „Wir leben in einer wahnsinnig hektischen Welt, sind ständig in Eile und von unseren Handys abgelenkt. Deshalb wollen wir eine Erfahrung schaffen, in der das Publikum und die Filmemacher für vier Tage innehalten und nur insgesamt acht ausgewählte Filme sehen.“ Das Festival ist in dieser Hinsicht ein Gegenentwurf zu den größeren Events wie dem Atlàntida Film Fest oder dem Evolution Film Festival, deren Angebot die Besucher schon mal erschlagen kann.

Zutiefst persönliche Dokumentarfilme

Doch der wichtigste Unterschied: Das MajorDocs konzentriert sich ausschließlich auf Dokumentarfilme – ein Genre, das laut Eek auf Mallorca noch viel zu unbekannt ist. „Wir kennen zwar Dokus aus dem Fernsehen oder von Netflix, aber die gehen in der Regel sehr journalistisch und sachlich an Themen heran“, erklärt der Regisseur. „Uns sind die zutiefst persönlichen Dokumentar- und Autorenfilme wichtig.“

Das Ziel sei, dass eine Begegnung und Reflexion stattfindet – das Publikum soll nicht nur Filme schauen, sondern sich auch in intimem Rahmen darüber austauschen. Dazu kann man auf Tuchfühlung mit den Filmemachern gehen und etwas über ihre kreative Arbeit erfahren. Sie alle werden für das Festival nach Mallorca kommen.

Nur acht Filme aus 400 Einsendungen

Die erste Ausgabe hatte noch einen lokalen Fokus, inzwischen sind die Beiträge international. Wachsen soll das MajorDocs allenfalls bei den Besuchern, nicht in Sachen Programm. Doch je bekannter das Festival, desto schwieriger die Auswahl für das fünfköpfige Komitee. „Es ist ein Prozess voller Verzicht und Opfer, wir haben rund 400 Einsendungen bekommen“, sagt Eek. Das wichtigste Werkzeug für die Entscheidung ist ein Manifest, dessen Inhalt der Festivalleiter so zusammenfasst: „Wir suchen gewagtes Kino mit einer kühnen und originellen Erzählweise und einem ausgeprägten subjektiven Blick des Autors.“

Für den Eröffnungsfilm „Film About a Father Who“ (4.10., 18.30 Uhr, Fundació Sa Nostra) verwendete die US-amerikanische Regisseurin Lynne Sachs in über 35 Jahren gesammeltes Material über ihren Vater, eine schillernde Persönlichkeit. Die autobiografische Abhandlung einer Vater-Tochter-Beziehung zeigt, wie enorm ergiebig und bereichernd Aufnahmen aus privaten Familienkreisen für Dokumentarfilme sein können – das Potenzial des cine doméstico spielt beim Rahmenprogramm für die Filmemacher dieses Jahr eine große Rolle.

Große Vielfalt bei den Themen

Mit dabei ist auch „Ardenza“ von Daniela de Felice (5.10., 19.30 Uhr, 6.10., 17.30 Uhr, CineCiutat), ein Coming-of-Age-Film aus dem Italien der 90er-Jahre oder „We, Students“ von Rafiki Fariala aus der Zentralafrikanischen Republik (5.10., 17.30 Uhr, 7.10., 19.30 Uhr, CineCiutat) – ein Debüt über Freundschaft und Utopie. Ein anderer Film spielt an einer indischen Universität: „A Night of Knowing Nothing“ von Payal Kapadia erzählt von einer Studentin, die Briefe an ihren Geliebten schreibt, durch die man von drastischen Umbrüchen im Land erfährt (5.10., 19.30 Uhr, 8.10., 17.30 Uhr, CineCiutat).

Ebenfalls sehenswert: Die vielschichtige Doku „Aftersun“ von Lluís Galter (8.10., 17.30 Uhr und 19.30 Uhr, CineCiutat), die Zuschauer in die Welt und Ästhetik von Camping-Sommerurlauben aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen eintauchen lässt. „Herbaria“ des argentinischen Filmemachers Leandro Listorti (6.10., 17.30 Uhr, 7.10., 19.30 Uhr) schlägt eine poetische Brücke zwischen Herbarien und Filmarchiven. Und „La playa de los enchaquirados“ von Iván Mora Manzano gibt Einblicke in das Leben einer transsexuellen Fischerin und Barbesitzerin in Ecuador (6.10., 17.30 Uhr, 7.10., 19.30 Uhr).

Für Eek persönlich ist es bei einer Dokumentation wichtig, emotional bewegt zu werden. „Filme, die mir viele Antworten geben, interessieren mich nicht. Ich suche nach Filmen, die mir Fragen stellen – und die mir eine Verbindung zu mir selbst und zu einer anderen Sicht auf die Welt eröffnen.“

Weitere Infos und Tickets: majordocs.org