Mallorca Zeitung

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Hilfsorganisation Hope Mallorca muss abspecken – das sind die Gründe

Die während der Pandemie gegründete deutsche Hilfsinitiative muss sich wegen ausbleibender Subventionen neu aufstellen. Wie es nun weitergeht

Heimke Mansfeld und ihr Mann Juan Santa Cruz Ferrer mit Hope-Weinen auf einem Benefizmarkt. JAVIER FERNÁNDEZ

Einen Satz schickt Heimke Mansfeld direkt voraus. „Hope Mallorca wird weiter bestehen.“ Klar sei aber auch, dass man abspecken werde. „Hope Mallorca wird nicht aufhören mit der Unterstützung, aber wir werden in dem Rahmen weitermachen, wie es uns möglich ist“, erklärt die Präsidentin der Hilfsorganisation. Mansfeld hatte Hope Mallorca in der Corona-Pandemie gemeinsam mit zwei anderen deutschen Frauen gegründet und danach zu einem weitverzweigten Netzwerk ausgebaut. Nun muss sich Hope wegen des Ausbleibens von Subventionen der öffentlichen Verwaltung neu aufstellen.

Was genau ist passiert? Bei der Vergabe von Hilfen durch die Sozialbehörde IMAS des Inselrats Anfang des Jahres ging Hope Mallorca teilweise leer aus. Zwar erhielt die Hilfsorganisation den Zuschlag für 104.000 Euro, die zweckgebunden für Lebensmittelkäufe über einen Zeitraum von zwei Jahren ausgegeben werden dürfen. Gleichzeitig wurde es nichts mit einer erhofften Hilfe über 160.000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren, die man unter anderem für die Finanzierung der Gehälter der vier fest angestellten Mitarbeiter gebraucht hätte.

Subvention wird zurückgegeben

„Die Lebensmittel fliegen ja nicht alleine zu den Bedürftigen“, sagt Mansfeld – ohne ihre vier hauptberuflichen Mitarbeiter für Logistik, Verwaltung, Transport und Sozialarbeit sei das nicht zu stemmen. „Die Subvention über 104.000 Euro werden wir zurückgeben, da wir das ohne Unterstützung im Büro gar nicht in dieser Größenordnung verwalten können“, sagt die Stylistin aus Santanyí, die der Stiftung ehrenamtlich vorsitzt. „Da steht der gute Name Hope dahinter und letztendlich auch mein Name.“

Hintergrund der Probleme bei der Subventionsvergabe ist ein komplexes Punktesystem, das auch anderen Hilfsorganisationen zu schaffen mache. „Wir sind wegen drei fehlender Punkte gescheitert, dabei machen wir diesselbe Arbeit wie die anderen Organisationen auch.“ Es gebe zwar eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem IMAS, und man habe Hope dort auch Hoffnungen auf eine anstehende neue Subventionsrunde gemacht. Doch im Moment gebe es keine Basis für eine Fortführung der Arbeit in der bisherigen Größenordnung, so das Ergebnis einer fünfstündigen Sitzung des Stiftungspräsidiums.

Acht Standorte

Dazu muss man wissen: Hope betrieb bislang zwei feste Stationen für Essensausgaben in zum Freundschaftspreis angemieteten Lokalen in Santanyí und Portocolom, die einmal pro Woche öffneten, und fährt mit dem Lkw sechs weitere Standorte an, um Lebensmittel auszugeben: Cala Bona und Can Picafort alle zwei Wochen, Arenal, Manacor und Felanitx einmal pro Woche sowie Palma einmal im Monat – eine Fahrt, die auch gleich für die Betreuung von zahlreichen Obdachlosen im Stadtgebiet genutzt worden sei.

Portocolom ist nun bereits zu, auch Santanyí wird geschlossen. Die Versorgung werde an beiden Standorten ambulant weitergehen, aber in abgespeckter Form. „Der Lkw wird nur mit so viel kommen, wie wir Unterstützung haben“, so Mansfeld. „Klar kommen noch Hilfsgüter an, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher.“ In Portocolom habe man zuletzt 54 Familien versorgt. „Es erreichen uns wahnsinnig viele Nachrichten von den Menschen. In Felanitx haben wir ihnen gesagt, dass sie nicht mehr damit rechnen können, wöchentlich den Einkauf von uns zu bekommen, Fleisch, Fisch, Gemüse, Nudeln.“

So sehen die Lebensmittelboxen bei Hilfsorganisationen wie Hope aus. Nele Bendgens

Auch Jobvermittlung und Schülerbetreuung

Verteilt werden zum einen Lebensmittel, die die Supermarktketten wegen des Ablaufdatums ohnehin aussortieren – unter anderem von Mercadona, Aldi oder Lidl, in letzterem Fall via Lions Club –, zum anderen werden Artikel für den Grundbedarf dazugekauft. „Unser Lkw fährt umgerechnet im Jahr eine Tour von Deutschland bis nach Australien, um Lebensmittel aus Supermärkten abzuholen“, so Mansfeld. Neben der Versorgung mit Nahrungsmitteln weitete die Stiftung ihr Engagement zudem auf weitere Bereiche aus, beispielsweise die Vermittlung von Jobs, die Betreuung von Schülern oder auch eine Möbelbörse.

Die Arbeit soll nun allein mit freiwilligen Helfern und auf der Basis von Spendengeldern weitergehen. Diese beziffert die Stiftungsvorsitzende auf zuletzt rund 50.000 Euro im Jahr. „Die Spenden gehen zurück, das ist auch verständlich“, so Heimke. „Aber die Not hat nach Corona nicht aufgehört.“

Falsches Bild der Armut

Auch wenn der Tourismus auf der Insel wieder boome, kämen viele Menschen angesichts der immens gestiegenen Mietpreise trotz Job finanziell nicht über die Runden. „Wir sind so weit, dass Menschen, die in Lohn und Brot stehen, sich das Leben nicht mehr leisten können.“

Viele hätten ein falsches Bild von der Armut auf der Insel. Die Lage habe sich verändert, aber in keiner Weise verbessert. Inzwischen machten Bedürftige mit Job mehr als die Hälfte der zu versorgenden Menschen aus, und rund 40 Prozent seien Spanier. Das Abrutschen der Mittelschicht sei ein soziales Phänomen, das auch Mallorca mit voller Härte treffen werde.

Heimke Mansfeld, Sonja Willner und Jasmin Nordiek bei der MZ-Preisverleihung im September 2021. Nele Bendgens

Neue Phase für Hope

Mit dem Abspeckkurs trete Hope in eine dritte Phase ein. Die erste war die Hilfe gegen den sozialen „Flächenbrand“ Corona. Damals gründete Mansfeld die Initiative zusammen mit Jasmin Nordiek und Sonja Willner, zunächst im Südosten der Insel, später auch anderswo. Nach Corona verließen die Unternehmensberaterin Nordiek und die Rechtsanwältin Willner, die beide beruflich stark eingebunden sind, die Stiftung, und die frei gewordenen Präsidiumsplätze nahmen Mansfelds Mann Juan Santa Cruz Ferrer sowie der ehemalige Banker Bartolomé Canals Adrover ein.

Jetzt beginne eine dritte Phase. „Wir fühlen uns in der Pflicht, nachdem wir den Menschen viel Hoffnung geschenkt haben“, so Mansfeld. Ist Hope vielleicht zu schnell und zu stark gewachsen? „Nein“, sagt die Deutsche ohne Zögern, „wir sind in dem Maße gewachsen, wie auch die Not gewachsen ist.“ Eine Not, die ja weiterhin massiv zu spüren sei. Und ohne die Probleme mit der Subventionsvergabe wäre Hope Mallorca auch weiter gewachsen. „Aber ich bin superdankbar, in welcher Größe wir das alles machen konnten.“

Nun müssen die Hilfsleistungen an die verbleibenden Ressourcen angepasst werden. Die Spenden ließen sich durch Freiwillige verwalten – die bisherigen festen Mitarbeiter seien dazu bereit –, man brauche auch nicht mehr einen täglichen Fahrer. „Die mobilen Stationen wird es nur in dem Rahmen geben, wie wir das als ehrenamtliche Helfer weiterführen können“, sagt Mansfeld. Es werde zwar alles irgendwie weiterlaufen, „aber wir können keine 900 Personen mehr versorgen“.

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