Der frühere Ballermann-Star Ikke Hüftgold hat am Freitagabend (3.3.) die Teilnahme am Eurovision Song Contest in Liverpool verpasst. Der 46-Jährige landete beim vom NDR organisierten Vorentscheid mit seinem Song "Lied mit gutem Text" auf dem zweiten Platz. Freuen durfte sich die Hamburger Metalband "Lord Of The Lost", die das Publikum mit ihrem Song "Blood & Glitter" überzeugen konnte und Deutschland am 13. Mai in der britischen Hafenstadt vertreten wird. Matthias Distel, wie der Sänger mit bürgelichem Namen heißt, leitet das Plattenlabel "Summerfield Records", das unter anderen den umstrittenen Vorjahres-Hit "Layla" rausgebracht hat.

Der Zweite ist der erste Verlierer. Überwiegt die Freude oder die Trauer?

Die Freude überwiegt. Der ganze Druck ist weg und ich muss nicht nach Liverpool fliegen. Natürlich hätte ich mit Stolz Deutschland vertreten, aber das wäre auch eine große Verantwortung gewesen. Musikalisch gesehen war es für mich so schon die größte Reise. Es gab ein unfassbares Interesse an Ikke Hüftgold, das Medienecho war enorm. Das hat mir einen riesigen Schub gegeben. Ich habe nun diverse Einladungen in neue Fernsehformate erhalten. Stündlich bekomme ich neue Anfragen. 

Beim Publikum kamen Sie gut an, die Jury war jedoch komplett dagegen…

Mir war von Anfang an klar, dass mein Auftritt bei der Bewertung der internationalen Jury völlig in die Hose geht. Die ganzen ESC-Strukturen sind verkrustet. Ich verstehe nicht, warum ausländische Experten über den deutschen Beitrag entscheiden oder warum ich der einzige Bewerber war, der auf Deutsch gesungen hat. Wahrscheinlich ist es die Angst, dass ein deutscher Titel sang- und klanglos untergeht. Früher war das mal anders. Sollte ich mich noch einmal bewerben, wird das erneut mit einem deutschen Song sein. Ich hoffe, dass sich im kommenden Jahr auch bekanntere Künstler für eine ESC-Bewerbung interessieren. Dieses Jahr waren das doch durchweg eher kleinere Namen. Es hat eine etablierte Rockband zu Recht gewonnen, aber ich würde mir mehr Aufmerksamkeit für das Event wünschen.

Ist ein neuer Anlauf im kommenden Jahr quasi schon geplant?

Ich glaube, der NDR war froh, mich als Zugpferd gehabt zu haben. Es braucht ein Holpern und Poltern für so einen Wettbewerb. Da geht die Angst um, dass jemand wie ich gewinnen könnte. Das tut dem Event gut. Der NDR sieht das ähnlich. Nächstes Jahr werde ich sicher wieder in irgendeiner Form eine Rolle spielen.

Was ist eigentlich aus Ihrer vor einem Jahr angekündigten Idee geworden, die Niederlade beim ESC vertreten zu wollen?

Das war ein Scherz. Wobei, vielleicht ist dort die Humorschwelle niedriger und ich bewerbe mich parallel im nächsten Jahr.

Warum wollen Sie so unbedingt zum ESC?

Ikke ist schon immer größenwahnsinnig gewesen und will an die Spitze. Im Partyschlager habe ich das mit meiner Firma geschafft. Wir sind Marktführer in Sachen Partymusik und meine Kunstfigur spielt eine wichtige Rolle. Früher war Mickie Krause mein großes Vorbild, heute kann er sich warm anziehen. Er singt bei den Shows von Florian Silbereisen, bei mir tanzt der Silbereisen auf der Matte. Ich habe 200 Songs in der Hinterhand, die wir diese Saison mit tollen Künstlern rausfeuern werden. Da sind Isi Glück, DJ Robin & Schürze, Honk und neue Leute dabei. 

Was halten Sie vom Sieger „Lord of the Lost“?

Bei denen poltert es wie bei mir. Sie sind ein ähnliches Nischenprodukt. Wir konnten uns von diesem Einheitsbrei abheben. Diese internationalen Balladen kamen in den vergangenen vier Jahren einfach nicht mehr beim Publikum an. Jetzt ecken wir einmal an. Wenn das nicht funktioniert, können wir immer noch zu den Balladen zurückkehren. 

Wird Deutschland so mal nicht Letzter?

Die Jungs werden es auch nicht einfach haben. Ich sehe aber mehr Potenzial als bei den Vorgängern. Deutschland wird mit „Lord of the Lost“ Aufsehen erregen. Das hätte auch mit mir klappen können, wobei fraglich ist, ob die Ausländer meinen Humor verstehen.

Sie haben schon eine Kampfansage für die Saison gemacht. Sieht man Sie dieses Jahr wieder auf der Bühne an der Playa de Palma?

Ich habe 180 Auftritte geplant, aber keinen einzigen auf der Insel. Ich habe mit Mallorca abgeschlossen. Ich habe bei dem Thema einen inneren Frieden gefunden. Theoretisch stehe ich noch beim Bierkönig unter Vertrag. Die wollen mich aber nicht mehr und tun sich damit keinen Gefallen. Ich bin in Deutschland einer der größten Publikumsmagnete. Vielleicht ist Ikke Hüftgold denen nicht politisch korrekt genug, dabei hat er am Freitag gezeigt, wie Mainstream er ist. Regelmäßige Auftritte im Bierkönig möchte ich gar nicht mehr haben. Ich wünsche mir aber ein Abschiedskonzert. Das wurde mir bislang verwehrt. Dass früher der Druck zu groß war, kann ich verstehen. Mittlerweile könnte man es wagen. Seit meinem Rauswurf gab es keine größeren Schäden mehr bei meinen Veranstaltungsorten.

Sie werden als Leiter Ihres Plattenlabels Mallorca wohl kaum den Rücken kehren können…

Ich habe noch keine schönere Insel gesehen und Mallorca ist immer eine Reise wert. Natürlich werde ich auch privat wiederkommen.

In der Vorsaison waren Sie das Zugpferd in der Stürmer-Arena. Was ist aus der angekündigten "dritten Macht am Ballermann" geworden?

Stefan Stürmer ist weg und heute existiert der Laden als MK-Arena. Es war ein netter Versuch, ist aber an den Umständen dort gescheitert. Die Disko liegt unter der Erde, die Decke hängt tief und die Leute haben sich einfach nicht wohlgefühlt. Es war zu warm, zu stickig und zu nass. Betreiberin Gerlinde Weininger hat viele Dinge nicht in den Griff bekommen. Aber vielleicht wird es diese Saison mit einem neuen Konzept besser. Ich würde es Gerlinde wünschen, sie hat viel Herzblut da reingesteckt.

Viele Leute waren überrascht, wie schnell die Playa im vergangenen Jahr zu ihrer üblichen Form zurückgekehrt ist…

Der Ballermann war im vergangenen Jahr in Hochform. Ich habe nichts anderes erwartet. Nicht nur dort, sondern überall sind die Corona-Hürden gefallen. Die Leute haben keine Angst mehr, gemeinsam zu feiern. Und das ist gut so. 

Wird das "Lied mit gutem Text" der neue Hit an der Playa?

Das ist einer der schlechtesten Songs aus meiner Feder. Das wusste ich bei der ESC-Bewerbung schon. Für den Ballermann hätte ich das Lied so nie geschrieben. Es war ein Kompromiss, um mit einer Satirenummer in die ESC-Blase reinzukommen. Nur so bin ich überhaupt in das Auswahlverfahren gekommen.