Entrevista | Biel March i Simó Veranstalter der Setmana d’Arquitectura i Disseny

Wie die Architekturwoche in Pollença seit zehn Jahren das Publikum auf Mallorca begeistert

Veranstalter Biel March i Simó bringt dieses Jahr Star-Architekt Daniel Libeskind und das Büro OHLAB zusammen

Das von dem Architekturbüro OHLAB im Boutique-Hotel Can Bordoy gestaltete Treppenhaus.

Das von dem Architekturbüro OHLAB im Boutique-Hotel Can Bordoy gestaltete Treppenhaus. / José Hevia

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Zwei Highlights stehen bei der aktuellen Architektur- und Designwoche, die zum zehnten Mal im Club Pollença stattfindet, noch aus. Biel March i Simó ist der Veranstalter.

Die Setmana d’Arquitectura i Disseny feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Wie hat sich das Event seit den Anfängen entwickelt?

Damals traf ich mich mit Rafel Moranta, einem befreundeten Architekten, Pep Quetglas und Magdalena Jaume in Pollença. Dabei entstand die Idee zur Architekturwoche. Erst sollte es nur eine kleine, einmalige Tagung werden. Doch am Ende war es eine sehr interessante, starke und erfolgreiche Konferenz. Sie funktionierte so gut, weil es eine Möglichkeit bot, Architektur ungezwungener und weniger akademisch als an anderen Orten zu vermitteln. So sagten wir uns: Warum machen wir nicht weiter? Im zweiten Jahr kam das Thema Design hinzu. Lluís Clotet sagte 2014: „Wir verbringen mehr als 90 Prozent unserer Lebens in Architektur. Deshalb ist es wichtig, sie gut zu machen.“ Und wir wollten von Anfang an Architektur und Design nicht nur Studierenden und Fachleuten, sondern Menschen ohne Vorkenntnisse näherbringen. Denn wir alle „ertragen“ – oder erfreuen uns gemeinsam an – Architektur.

Wie schlägt sich das im Programm nieder?

Wir bitten unsere Referenten, die Vorträge didaktisch zu gestalten und zum Beispiel nicht nur mit Planzeichnungen zu arbeiten – das würden die Zuhörer nicht verstehen. So aber gefällt es den Leuten, sie kommen wieder und füllen bei jeder unserer Veranstaltungen den Saal.

Der Künstler und Architekturliebhaber Biel March i Simó.

Der Künstler und Architekturliebhaber Biel March i Simó. / privat

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Sehr fähige balearische Architekten treffen bei Ihnen auf große Namen aus dem Ausland. Am 31. August gibt es eine solche Begegnung zwischen den Gründern des renommierten lokalen Architekturbüros OHLAB und Stararchitekt Daniel Libeskind. Was erwartet uns, und wo finden beide Gäste Anknüpfungspunkte?

OHLAB ist ein mallorquinisches Büro, das auf internationales Niveau aufgestiegen ist und Preise abräumt. Und den Humanisten Daniel Libeskind bei uns zu haben, ist ein großer Glücksfall. Er ist stark involviert in Prozesse der Aufarbeitung der Vergangenheit. OHLAB hingegen widmet sich zwar einerseits Neubauten, aber andererseits auch sehr intensiv der Renovierung historischer Gebäude, wie etwa in Palma dem Umbau des Stadtpalastes Can Bordoy zu einem Boutique-Hotel. Wir suchen bei den Begegnungen bewusst solche Synergien. Und falls aus so einem Austausch von Ideen etwas Neues entsteht – umso besser.

Am 1. September findet der letzte Vortrag statt. Dabei trifft der IBAVI-Architekt Carles Oliver auf den Schweizer Architekten Roger Boltshauser. Warum diese Kombination?

Wir spielen damit, dass die prestigeträchtige spanische Architekturzeitschrift „El Croquis“ sowohl dem Wohnungsbauinstitut IBAVI – was absolut ungewöhnlich ist – als auch Roger Boltshauser eine monografische Publikation gewidmet hat. IBAVI ist zu einer Referenz für sozialen Wohnungsbau geworden – und das nicht nur in Spanien, sondern europaweit. Dazu passt ein Satz, den die Architektin Rozana Montiel 2019 sagte: „Die Armen haben ein Recht auf Schönheit.“ Das heißt: Auch Sozialwohnungen können von guter Qualität sein, ohne dass dafür mehr Ressourcen benötigt werden. Genau das ist dem IBAVI mit seinen ebenso avantgardistischen wie nachhaltigen und bereits international ausgezeichneten Bauten gelungen. Natürlich wissen wir schon sehr viel darüber, aber Carles Oliver als Verantwortlicher wird uns sicher noch einige neue Aspekte erklären. Roger Boltshauser auf der anderen Seite ist ein hervorragender Architekt und Hochschullehrer. Auch er ist sehr engagiert bei Themen wie Nachhaltigkeit und lokalen und innovativen Baumaterialien.

Wenn Sie die Anfänge der Architekturwoche vor zehn Jahren mit heute vergleichen: Wo stand die Architektur auf Mallorca damals und welche Themen sind heute zentral?

Es hat sich unglaublich viel verändert! Das Einbeziehen von Aspekten wie Nachhaltigkeit steckte damals noch in den Kinderschuhen und stand absolut nicht im Mittelpunkt. Vielmehr wirkte die Finanzkrise von 2008 noch nach. Es ging auch darum, sich von Mega-Projekten abzuwenden, bei denen der Architekt wie ein gottgleicher Star behandelt wurde. Dann kam die Pandemie, und plötzlich wurden Elemente wichtig, denen Architekten bislang kaum Beachtung geschenkt hatten – zum Beispiel Balkone. Auf den Balearen sind die Auswirkungen des Tourismus natürlich immer Thema. Was uns aktuell massiv umtreibt, sind Probleme wie die Gentrifizierung in den Städten und der fehlende Zugang junger Menschen zu eigenem Wohnraum – allerdings nicht nur auf der Insel, sondern überall.

Architektur und Design in Pollença Letzte Vorträge: 31.8. (OHLAB + Daniel Libeskind), 1.9. (Carles Oliver + Roger Boltshauser), je 20 Uhr, Club Pollença, Plaça Major, 10, Eintritt frei, Karten gibt es nur noch an der Abendkasse

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