Frischer Farbkick aus Südamerika: Hier gibt es auf Mallorca junge brasilianische Kunst zu sehen

Der Kurator Victor Valery durfte die Ausstellung „Vandl Art“ für die Galerie Baró in Palma gestalten. Sie zeigt sehr zeitgenössische Kunst von drei aufstrebenden Talenten aus seinem Heimatland

Weiß sich auch selbst gekonnt in Szene zu setzen: der 1994 in der brasilianischen Stadt Santos geborene Kurator Victor Valery.

Weiß sich auch selbst gekonnt in Szene zu setzen: der 1994 in der brasilianischen Stadt Santos geborene Kurator Victor Valery. / Jonathan Wolpert

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Victor Valery könnte mit seinem Look gut als Frontmann einer Psychedelic-Rockband durchgehen, doch der 28-jährige Brasilianer lebt sein Stilgefühl in einem ganz anderen Feld aus: Mit seinem Projekt „Vandl Art“, einer Art Plattform / Kunstagentur / Galerie, vertritt er vielversprechende junge Talente aus seinem Land und will ihnen zu internationaler Präsenz auf dem Kunstmarkt verhelfen.

Für die gleichnamige Ausstellung in Palma de Mallorca holte ihn die Baró Galería ins Boot. Es ist die erste Schau des neuen Programms „Baró Generations“, das jungen Künstlern und Kuratoren mehr Sichtbarkeit verleihen soll. Valery kennt María Baró schon seit zehn Jahren, er besuchte damals oft Ausstellungen in ihrer Galerie in São Paulo.

Repräsentanten von drei Regionen Brasiliens

Die ausgewählten Künstler repräsentieren nun drei sehr verschiedene Regionen von Brasilien. Neben Jugend und Herkunftsland verbindet sie, dass sie viel von ihrer Lebensrealität – dem Leben auf den Straßen oder in der Universität, dem sozialen Umfeld oder den Verbindungen zur urbanen Kunst – in ihr Werk einfließen lassen. „Außerdem sind die drei inzwischen Freunde“, erzählt Valery.

Eines der Talente, die der Kurator in seine „Familie“ aufgenommen hat, ist Antonio Kuschnir, ein 21-jähriger Kunststudent aus Rio de Janeiro, der zum ersten Mal in Europa ausstellt. „Ich verfolge seinen Werdegang, seit er 16 Jahre alt war. Und ich habe immer etwas Gutes und Besonderes in seiner Arbeit gesehen“, sagt Valery. Als Kuschnir 18 wurde, nahm er ihn unter seine Fittiche.

„Privacidade nas coisas do amor“ von Antonio Kuschnir.

„Privacidade nas coisas do amor“ von Antonio Kuschnir. / Baró Galería

Starke Kontraste

Seine Arbeiten in der Schau erzählen von Intimität. Runde, weiche, Wonne versprühende Figuren lächeln den Betrachter an und künden von der Botschaft der liebevollen Akzeptanz aller Körper, unabhängig von Form oder Farbe. Eine aus sieben Brüsten zusammengesetzte, mondgesichtige Göttin erinnert an die Antike. Auch Selbstporträts sind vertreten: Der Künstler und sein Modell, der Künstler in seinem Atelier sind wiederkehrende Motive – diese Bilder entstanden während der Pandemie.

Einen starken Kontrast dazu bilden die unter dem Titel „Vudú Punk“ vereinten Werke der Künstlerin Brenda Nicole (Campinas, 1998): Deren von monströsen Figuren bevölkertes Universum oszilliert zwischen Traum und Albtraum, Bezauberndem und Verstörendem – eine Transformation von Unterbewusstem und von Emotionen. „Es geht darum, sich völlig unvoreingenommen auf diese Malerei einzulassen. Und jedes Mal, wenn man sie betrachtet, entdeckt man neue Details – das hängt auch von unserer Stimmung und Tagesform ab“, sagt der Kurator.

Zwei Werke, die etwas isoliert im Nebenraum mit niedrigem Gewölbe platziert sind, würden jedoch selbst auf das fröhlichste Gemüt düster wirken: Schreiende und weinende Köpfe und alienartige Figuren lassen an Lord Voldemort und die Kammer des Schreckens denken. „Ich glaube, das sind die zwei krassesten Arbeiten“, stimmt Valery zu. „Diese dunkle Höhle schafft genau das richtige Ambiente, um sie wahrzunehmen.“

„Río sagrado“ von Brenda Nicole.

„Río sagrado“ von Brenda Nicole. / Baró Galería

Basquiat als Zweifler

Weniger emotional und mehr verkopft zeigen sich die Werke von Jamex (Salvador de Bahia, 2001). „Ihn interessiert die Lücke, die sich zwischen dem Künstler oder Betrachter und dem Werk auftut – von dieser Idee spricht er“, so der Kurator. Die Figuren auf seinen Bildern sind allesamt tief in Gedanken versunken.

Eine davon ist der Künstler Jean-Michel Basquiat. „Diese Referenz ist heute nichts Neues, aber Jamex zeigt ihn als jemanden, der an seinen Fähigkeiten zweifelt. Selbst er, der heute als Genie betrachtet wird, war nicht frei von Zweifeln“, erklärt Valery. Jamex schlägt Brücken zur Kunstgeschichte und zur Street-Art. Er selbst fing damit an, auf Holz, das er auf der Straße fand, auf Papier und auf Häuserwände zu malen, weil er kein Geld für Material hatte. Einige seiner Werke handeln von der Diskriminierung Schwarzer durch die Polizei.

„Jean-Michel“ von Jamex.

„Jean-Michel“ von Jamex. / Baró Galería

Der Background der drei Künstler, ihre Themen und ihr frischer Blick stoßen offenkundig auf Neugier: Bei der Vernissage sei ein „internationales und sehr interessiertes Publikum“ zugegen gewesen, freut sich Valery. Ein erster Schritt, um der auf Mallorca noch wenig bekannten, aber spannenden jungen Kunst aus Brasilien Anerkennung zu bescheren.

"Vandl Art", bis 15. März, Mo.–Fr. 10.30–14 Uhr und 15–18.30 Uhr, Sa. 11–14 Uhr, Carrer de Can Sanç, 13, Palma. Kontakt: barogaleria.com. Anfang März ist eine Führung durch die Schau auf Deutsch geplant.

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