Der Baulärm übertönt die Schreie der Möwen, die sich um einen Fischkutter im Hafen von Cala Ratjada tummeln. Wer auf Ruhe in erster Meereslinie hofft, der ist im Küstenort in diesem Winter falsch. Große Teile der Promenade sind abgesperrt. Wo sonst Spaziergänger oder Cafébesucher die Sonne genießen, türmen sich seit Wochen Erde und Steinbrocken. Am 22. März soll alles fertig sein, heißt es. Viele der angesiedelten Gastronomen bezweifeln, dass es tatsächlich so schnell geht. Und einige trauern jetzt schon ihren Außenbereichen direkt am Meer nach. Denn die Arbeiten machen den Paseo Marítimo nicht nur sicherer, sondern strukturieren auch seine Nutzung neu.

Die größte Änderung: Der öffentliche Spazierweg soll in Zukunft direkt am Meer verlaufen. Bisher war dieser Bereich auf weiten Teilen der kurvigen und nicht immer gleich breiten Promenade den Gästen der gastronomischen Betriebe vorbehalten. Der Fußgängerweg schlängelte sich bislang zwischen den zahlreichen Cafés und Restaurants auf der Landseite und dessen Außenbereichen am Meer hindurch. Die Kellner mussten regelmäßig den Spazierweg kreuzen, dafür konnten die Gäste den Premiumblick genießen. Laut den Plänen des Rathauses rücken die Terrassen nun unmittelbar an die Lokale heran.

Menschen wollen direkt am Meer sitzen

„Für uns ist es totaler Mist. Wir hatten die großen Möbel extra für die ursprünglichen Terrassen anfertigen lassen, jetzt müssen wir alles noch einmal neu bauen. Und außerdem wollen die Menschen doch direkt am Meer sitzen“, ärgert sich Steff Jerkel, der im Mai 2021 das Lokal Martiki an der Promenade eröffnet hat und durch seine Teilnahme bei der Vox-Auswandererserie „Goodbye Deutschland“ vielen deutschen Urlaubern ein Begriff ist. „Wir haben noch Glück im Unglück, dass wir überhaupt noch eine Terrasse haben. Andere verlieren ihren Außenbereich komplett.“

Die Mehrheit der Gastronomen, die mit der MZ sprechen, stehen den Neuerungen gelassener gegenüber. „Natürlich verliert man die Poleposition, aber die Leute setzen sich auch in die zweite Reihe“, sagt Frank Scheltzke. Seit 25 Jahren betreibt der Berliner das Café Noah’s, eines der wenigen Lokale, die ganzjährig geöffnet haben.

"Arbeiten sind notwendig"

Selbst jetzt, wo die Bauarbeiter mit den Presslufthammern direkt neben seinen Gästen ackern – der Einlass erfolgt übergangsweise durch den Hinterausgang. „Die Arbeiten sind notwendig, zumal man hier ja auch unterscheiden muss“, betont Scheltzke, der in den vergangenen Monaten in engem Kontakt mit dem Rathaus stand und auch gegenüber seinen Kollegen vermittelte, da es keine offizielle Restaurant-Vereinigung gibt.

Ein Teil der Ende vergangenen Jahres gestarteten Arbeiten wird von der zentralspanischen Küstenbehörde finanziert. Hierbei handelt es sich um die Stabilisierung der Promenade, die einst auf den Küstenfelsen gebaut wurde und von jahrzehntelangen Stürmen und den Gezeiten mittlerweile unterhöhlt ist. „Das muss einfach gemacht werden, sonst wäre uns hier eines Tages alles eingebrochen“, sagt Scheltzke. Parallel dazu koordiniert das Rathaus Capdepera die eher oberflächlichen Verschönerungsarbeiten am Küstenweg, die Umgestaltung der Nutzung eingeschlossen.

„Auch das wurde in den vergangenen Jahrzehnten nie gemacht und ist überfällig“, findet Scheltzke. Dass sich einige der Lokalbetreiber noch immer über die Maßnahmen aufregen, kann er nicht nachvollziehen. „Es war schon lange klar, die Pläne gibt es seit Jahren, sie wurden nur nie umgesetzt. Aber wir mussten alle damit rechnen.“

Das Beste daraus machen

„Wir müssen das Beste daraus machen“, findet auch Andreas Schweighofer, der seit mehr als 30 Jahren das Mama Pizza betreibt und die Winterpause wie viele andere erst beenden wird, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. Er wird nach der Renovierung fast keine Tische mehr auf die Promenade stellen dürfen und muss sich mit den Außenplätzen direkt am Restaurant begnügen.

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„Aber die Menschen werden sich daran gewöhnen. In zwei oder drei Jahren denkt niemand mehr daran, wie es vorher war“, ist er sich sicher. Paco Heredia, Geschäftsführer des Café del Mar, stimmt zu. „In jedem Fall wird alles schöner aussehen, wenn es fertig ist und die Leute direkt am Wasser entlanglaufen können. Es wäre nur gut, wenn die Arbeiten früher angefangen hätten, denn nun wird es schon wieder knapp bis Ostern.“

Auch am Hafen von Cala Ratjada sind mittlerweile Bagger am Werk. Hier ist es die Landesregierung, die investiert. 4,85 Millionen Euro sollen dafür sorgen, dass die marode Kaimauer erneuert und der Hafen funktionaler gestaltet wird . Das dürfte bis Ende des Jahres dauern, gab vergangene Woche der für die Häfen zuständige balearische Verkehrsminister Josep Marí bei einem Ortstermin bekannt. Man werde die Abläufe im Hafen aber auch im Sommer so wenig wie möglich stören – denn die Hauptarbeit finde ohnehin auf der Seeseite hinter der Kaimauer statt.