Regionalwahl in Galicien: Es wird kein Heimspiel für die Konservativen

Beim Urnengang im Nordwesten Spaniens steht auch die Zukunft von Spaniens Oppositionschef Núñez Feijóo auf dem Spiel. Ein Eigentor im Wahlkampf könnte dem Galicier zum Verhängnis werden

Faraldo (Podemos), Pontón (BNG), Rueda (PP), Gómez Besteiro (PSdeG), Lois (Sumar, v. li.).

Faraldo (Podemos), Pontón (BNG), Rueda (PP), Gómez Besteiro (PSdeG), Lois (Sumar, v. li.). / EFE

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Galicien im Nordwesten Spaniens ist die konservative Hochburg schlechthin. Seit Wiedereinführung der Demokratie hat die Volkspartei zehn von elf Wahlen an der schroffen Atlantikküste gewonnen. Dabei sprang meistens eine absolute Mehrheit der Sitze heraus, so wie bei den letzten vier Mal mit Alberto Núñez Feijóo. Der tritt bei den Regionalwahlen am Sonntag (18.2.) nicht mehr für das Amt des galicischen Ministerpräsidenten an, weil er vor knapp zwei Jahren an die Spitze des Partido Popular (PP) nach Madrid wechselte und seitdem Oppositionsführer in Spanien ist.

Doch könnte der Urnengang in seiner Heimat Folgen für seine politische Zukunft haben. Sollten die Konservativen ihre absolute Mehrheit oder Premier Alfonso Rueda gar die Macht verlieren, wäre auch Núñez Feijóo stark angeschlagen. Auch wenn die PP in den jüngsten Umfragen weiterhin klar vorne liegt, ist ein Regierungswechsel nicht mehr ganz auszuschließen, anders als noch vor ein paar Wochen. Der Vorsprung vor dem linksgerichteten Nationalistischen Block BNG und den Sozialisten (PSOE-PSdeG) ist in der Schlussphase des Wahlkampfs hauchdünn geworden.

Eigene Fehler

Dass man um den Machterhalt in Galicien zittern muss, hat sich die PP-Führung selbst zuzuschreiben. In einer für Politikbeobachter bislang schwer erklärbaren Aktion vollzogen die Konservativen eine Kehrtwende in ihrer Haltung gegenüber den Separatisten in Katalonien. Am Samstag (10.2.) berichteten mehrere spanische Medien unterschiedlicher Ausrichtung von einem Hintergrundgespräch mit einer Spitzenkraft der PP.

Diese berichtete, dass man eine Begnadigung des Separatistenführers Carles Puigdemont unter bestimmten Bedingungen in Erwägung gezogen und auch eine Amnestie für die katalanischen Nationalisten kurzzeitig geprüft hätte. Denn mit den sieben Abgeordneten von Junts, der von Puigdemont geführten Partei, im spanischen Parlament hätte Núñez Feijóo zum Ministerpräsidenten gewählt werden können.

Alberto Núñez Feijóo könnte seiner PP geschadet haben.

Alberto Núñez Feijóo könnte seiner PP geschadet haben. / KIKO HUESCA/EFE

Verwirrung in der Volkspartei

Im konservativen Lager herrschte nach dem Eingeständnis große Verwirrung. Schließlich hatte die PP in den vergangenen Monaten, speziell nach der Wiederwahl des Sozialisten Pedro Sánchez zum Regierungschef im November, ihre Opposition praktisch auf die geplante Amnestie und die Separatisten reduziert. Die PP warf Sánchez vor, seine Wahl mit dem geplanten Amnestiegesetz erkauft zu haben. Nun soll Núñez Feijóo selbst auf die katalanischen Nationalisten zugegangen sein.

Der Oppositionsführer schob den Grund für die Kontroverse auf eine Kampagne der Linken. „Wir erleben eine Hinterhältigkeit und Verleumdung nach der anderen“, wetterte der Konservative auf einer Wahlkampfveranstaltung. Doch kann von einem Ausrutscher oder bösartiger Manipulation der Medien keine Rede sein. Bei einem Mittagessen in Galicien erzählte die unbenannte „autorisierte Quelle“ der PP gegenüber 16 Journalisten ausgiebig von den Plänen der Partei zur „Versöhnung“ im Katalonien-Konflikt.

"Notwendige Versöhnung"

Núñez Feijóo selbst sprach am Tag danach in einer Rede von der „notwendigen Versöhnung“ und der „Möglichkeit“ einer Begnadigung Puigdemonts. Die Bedingungen dafür seien aber der Verzicht auf eine Unabhängigkeitserklärung oder ein weiteres Referendum sowie die Anerkennung des spanischen Rechtsstaates. „Ich sagte und ich sage weiter Nein zu jeglicher Begnadigung. Denn es wird nicht eine einzige der Bedingungen für eine mögliche Begnadigung erfüllt“, stellte Núñez Feijóo klar und bestätigte damit selbst entsprechende Gedankenspiele.

Nicht nur in der PP rätselt man über die Beweggründe für die außergewöhnliche mediale Operation. Eine These besagt, dass man Enthüllungen der Separatisten über die Kontakte im Sommer, als Núñez Feijóo eine absolute Mehrheit zur Wahl des Regierungschefs gebraucht hätte, zuvorkommen wollte. Puigdemont hatte Tage zuvor damit gedroht, heikle Details zu enthüllen. Die Regierung bezeichnete den Oppositionschef als „Lügner“, nachdem er in den vergangenen Monaten Demonstrationen gegen die Amnestie angeführt hatte.

Vox könnte der PP schaden

Auch die rechtsextreme Vox versucht Nutzen aus der Situation zu ziehen und unterstellt der PP Heuchelei. Galicien ist die einzige der 17 Regionen in Spanien, in der Vox nicht im Parlament vertreten ist. Und das wird den Umfragen nach auch so bleiben. Doch könnte ein Stimmenzuwachs der Rechtsextremen dem Ergebnis der Konservativen schaden.

Möglicher Gewinner der Wahl am Sonntag könnte der BNG werden. Die Nationalisten regierten schon einmal mit der PSOE, nach der bisher einzigen Wahlniederlage der PP im Jahr 2005. Die Spitzenkandidatin Ana Pontón könnte nun umgekehrt mit den Sozialisten als Juniorpartner Ministerpräsidentin werden. Während sich PSOE und PP um den Separatismus streiten, setzt der Block auf lokale Themen wie die Mängel bei der Gesundheitsversorgung, die Landflucht, die Abwanderung und den Verlust von Arbeitsplätzen in der Industrie. Bei den Wahlen ginge es „um die Galicier und Galicierinnen und nicht um madrilenische Kleinkriege“, so Pontón.

Hat Podemos eine Chance?

Ein interessanter Nebenschauplatz ist das Abschneiden von Sumar, dem linken Wahlbündnis der spanischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz, selbst Galicierin. Die Linkspartei Podemos, die sich bei den spanischen Parlamentswahlen im Juli 2023 Sumar angeschlossen hatte, geht mittlerweile eigene Wege und tritt auch in Galicien mit eigener Liste an. Die Umfragen räumen Podemos keine Chance auf einen Sitz ein. Aber ihre Stimmen könnten am Ende Sumar für einen Einzug ins Regionalparlament in Santiago de Compostela fehlen.

Am meisten steht jedoch für die PP und Núñez Feijóo auf dem Spiel. Der Oppositionschef hatte die Regionalwahlen ganz auf nationale Themen ausgerichtet, allem voran die Amnestie. Das könnte sich rächen. Die parteiinternen Rivalen stärken ihrem Parteichef den Rücken, beziehen aber schon einmal Position für den Fall einer Niederlage, die eine Diskussion um die Führungsrolle entfachen würde. „Man darf niemanden begnadigen, der schwere Delikte begangen hat“, sagte die Ministerpräsidentin von Madrid, Isabel Díaz Ayuso.

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