Warum Spanien die Goldenen Visa für ausländische Immobilienkäufer abschafft

Die Linksregierung beendet die Sonderregelung zum Immobilienkauf. Doch was bringt das im Kampf gegen die Wohnungsnot?

Beim Kauf von Wohnungen von mehr als einer halben Million Euro ist der Residentenstatus dabei.  | FOTO: EFE

Beim Kauf von Wohnungen von mehr als einer halben Million Euro ist der Residentenstatus dabei. | FOTO: EFE / Aus madrid berichtet Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist zu einer der größten Sorgen der Spanier geworden, nach Arbeitslosigkeit und Korruption, wie die jüngsten Umfragen des staatlichen Meinungsforschungsinstituts CIS belegen. Kein Wunder, dass die Politik dem Thema immer mehr Priorität einräumt. In den Wahlkämpfen für die Urnengänge im Baskenland am 21. April und in Katalonien am 12. Mai debattieren die Kandidaten über Lösungen des Problems. In den beiden spanischen Regionen sind die Mietpreise besonders hoch.

Premier Pedro Sánchez hat das Thema zur Chefsache erhoben und für Donnerstag (11.4.) die Vertreter der Verbände der Immobilienbranche, der Bauwirtschaft und der Banken zu sich in den Moncloa-Palast einbestellt. Zuvor traf der Regierungschef eine medienwirksame Entscheidung: Am Dienstag (9.4.) beschloss das Kabinett das Ende der sogenannten Goldenen Visa, die Investoren aus Nicht-EU-Ländern für den Kauf einer Immobilie im Wert von mindestens einer halben Million Euro eine Aufenthaltsgenehmigung ermöglicht. „Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, damit Wohnraum ein Recht ist und kein Spekulationsobjekt“, erklärte Sánchez.

Bisherige Bilanz

Doch Experten unterstreichen, dass die Auswirkungen der Goldenen Visa auf den Immobilienmarkt vernachlässigbar seien. Seit Einführung der Sonderregelung im Zuge der Finanzkrise von 2013 wurden knapp 15.000 Aufenthaltsgenehmigungen erteilt, wie die Regierung am Dienstag mitteilte. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sei „ein komplexes Problem, für das es keine einfachen Lösungen gibt“, räumte Bauministerin Isabel Rodríguez am Dienstag ein.

Die Linksregierung hat bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um das Angebot an erschwinglichen Wohnungen auszubauen. Im Haushalt wurden die Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau deutlich hochgefahren. Baugrund in öffentlicher Hand soll verstärkt für Sozialwohnungen genutzt werden, genauso wie auch die Immobilienbestände der halbstaatlichen Sareb, der Bad Bank, wo Spaniens Banken große Teile problematischer Objekte aus der Immobilienblase abladen konnten.

Sozialwohnungen und Mietpreisbremse

Zur Förderung von Sozialwohnungen kann Spanien auch auf EU-Gelder zurückgreifen. Gegenüber Brüssel versprach die spanische Regierung den Bau von 20.000 Wohnungen mit europäischen Fördermitteln. Die Anträge für die Fonds lägen bereits jetzt bei fast 25.000 Einheiten, teilte Rodríguez mit. Vor allem in Katalonien und auf den Balearen ist die Nachfrage nach Fördergeldern groß.

Die Gelder werden nicht nur für den Neubau, sondern auch für die Sanierung von Gebäuden verwendet, ein Bereich, in dem Spanien Nachholbedarf hat, wie Rodríguez betonte. Die staatliche Förderbank ICO gewährt Personen bis 35 Jahren Garantien für den Wohnungskauf. Das neu eingeführte Wohnungsgesetz sieht eine Mietpreisbremse in Gegenden vor, wo die Preise besonders hoch sind. Als erster Landesteil hat dies Katalonien umgesetzt und damit Proteste in der Immobilien- und Finanzbranche ausgelöst. Dort wird gewarnt, dass die Beschränkung das Angebot an Mietwohnungen eher reduzieren werde.

Um 89 Prozent ging das Angebot an Mietwohnungen im April gegenüber 2020 zurück, wie das Immobilienportal Idealista vermeldet. Besonders stark ausgeprägt sind die Probleme in Städten wie Madrid, Barcelona oder San Sebastián sowie in den beliebten Urlaubsgebieten wie etwa den Balearen.

Nicht nur Immobilienerwerb

Klar ist, dass das erklärte Aus für die Goldenen Visa nicht die Lösung des Problems ist. Das Programm, mit dem Investoren und Unternehmer aus dem Ausland ins Land geholt werden sollten, gewährt eine Aufenthaltsgenehmigung auch für den Kauf von Staatsanleihen in Höhe von zwei Millionen Euro, den Erwerb von Anteilen an spanischen Firmen für eine Million Euro oder die Gründung eines Unternehmens. Doch 94 Prozent der Goldenen Visa wurden Immobilienkäufern erteilt. Die Objekte konzentrierten sich wiederum zu 90 Prozent auf nur sechs Provinzen: die Metropolen Madrid und Barcelona, auch Valencia, Alicante, Málaga und die Balearen.

Situation auf den Balearen

Auf den Inseln wurden im vergangenen Jahr rund 300 Goldene Visa gewährt. Die Immobilienkäufe entsprachen zwei Prozent aller Operationen, wie der Maklerverband ABINI versichert. Die meisten Käufer waren demnach Briten, die sich seit dem Brexit so einen Residentenstatus sichern konnten.

In ganz Spanien lagen Käufer aus China bei der Vergabe der Goldenen Visa weit vorne, gefolgt von Russen. Der Einmarsch in der Ukraine vor zwei Jahren brachte die Europäische Kommission auf den Plan, sie riet zur Abschaffung der Maßnahme. Andere Länder wie Portugal und Irland beendeten die Sonderprogramme daraufhin bereits vor Spanien. Bauministerin Rodríguez stellte aber klar, dass ausländische Investoren im Immobilienbereich auch weiterhin in Spanien willkommen seien – vor allem wenn sie ihr Geld in Wohnungen zu erschwinglichen Preisen anlegten.

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