Als die Küken geschlüpft waren, bekamen die Eltern sogar Namen: Bel und Vent wurde das erste Paar Habichtsadler genannt, das an der Felsküste von Mortitx erfolgreich gebrütet hatte. Heute kreisen wieder 39 Paare über Mallorca. „Wir erinnern uns immer noch gern an den ersten denkwürdigen Erfolg dieser Greifvögel bei der Wiederansiedlung von Wildtieren auf der Insel“, sagt Cristina Fiol.

Das Gespräch mit der Biologin findet im Natura Parc in Santa Eugènia statt. Das Zentrum ist Mitglied im europäischen Verband Aguila a-Life. Die Organisation, der Vertreter aus Frankreich, Griechenland, Italien und Andalusien angehören, beobachtet und schützt den Bestand der Habichtsadler (Aguila fasciata zool., águila de Bonelli span., àliga periguera kat.) im Mittelmeerraum. In den 1960er-Jahren waren die auf der Insel sesshaften Vögel ausgestorben. Ornithologische Aufzeichnungen aus diesen sowie den Folgejahren sind spärlich. Die Raubvögel, die mit gut einem halben Meter größer als der Milan und kleiner als die Mönchsgeier sind, waren damals Opfer von Jägern geworden oder auch von Landwirten, die in dem Beutejäger eine Gefahr für ihre Nutztiere vermuteten.

Ausgeschüpft: Nest im Inselinneren Quintana

Als das balearische Umweltministerium die Mittel zum Wiederaufbau der Habichtsadler-Population bereitstellte, kamen vor zehn Jahren die ersten Jungvögel aus Zuchtbetrieben im Mittelmeerraum auf die Insel. Nachdem sie sich langsam an das neue Territorium gewöhnt hatten, wurden sie in die Freiheit entlassen, wie Fiol berichtet. Wie auch der Nachwuchs von Bel und Vent wurden alle Küken, die in vom Menschen erreichbaren Nestern ausschlüpften, mit Metallringen zur Identifikation sowie mit GPS-Sendern ausgestattet.

Die Biologin zeigt auf einem Bildschirm, wie sie die Flugrouten der flinken Greifvögel verfolgen kann. Die meisten Nistplätze befinden sich in der Serra de Tramuntana, in Mortitx, Ariant und Sóller. Es gibt aber auch welche bei Llucmajor, Manacor und s’Avall im Inselsüden. Spalten und Höhlen in steil abfallenden Küstenfelsen sind bevorzugte Nistplätze, jedoch auch auf Bäumen abseits von Dörfern oder Wanderwegen entstehen Nester.

Wenn die Jungtiere im Alter von etwa vier Jahren knapp zwei Kilo auf die Waage bringen, paaren sie sich. Doch zuvor legen sie als Singles auf der Partner- und Reviersuche weite Strecken zurück. Hat sich ein Paar gefunden, wird es sesshaft. In der Folge brüten die beiden alle ein oder zwei Jahre im Frühjahr zwei bis drei Küken aus. Das Weibchen bleibt im Nest, das Männchen sucht Nahrung.

Jungvogel im Adlerblick. Quintana

Im Herbst sind die Jungtiere flügge und haben gelernt, ihre Beute selbst zu suchen. „Die águilas de Bonelli bei Sóller beispielsweise ernähren sich vorwiegend von Möwen“, berichtet die Biologin. Kaninchen zählten zu den Beutetieren, aber auch Reste von Igeln habe man in verlassenen Nestern gefunden. Die Tiere spezialisierten sich innerhalb ihres Habitats meist auf die Wirbeltiere, die in großer Zahl zur Verfügung stehen.

Die Jagd auf Habichtsadler ist streng verboten – und trotzdem gibt es vom Menschen verursachte Gefahren: Wenn sich deswegen einer der Punkte auf dem Bildschirm längere Zeit nicht bewegt, schickt die Biologin, wie es das Programm von Aguila a-life vorsieht, Mitarbeiter zu dem Standort, um nach dem Vogel zu sehen. Eine ernsthafte Gefahr stellen Strommasten dar, auf denen die Greifvögel bevorzugt ausruhen. Ein Stromschlag kann sie töten, wenn es bei ihrer Flügelspannweite von anderthalb Metern und ihren Schwanzfedern von 30 Zentimetern Länge zur Berührung mit zwei Polen gleichzeitig kommt. Fiol kann sich dann nur noch mit dem Umweltministerium in Verbindung setzen, damit von den Stromanbietern eine bessere Isolierung der betroffenen Masten gefordert wird.

Das könnte Sie interessieren:

Eine weitere Gefahr sind Wasserreservoirs, die safareigs. Wenn die Vögel im Sommer versuchen, dort ihren Durst zu stillen, ist der Wasserstand oft so niedrig, dass sie aus eigener Kraft nicht mehr nach oben kommen. Deshalb installieren die Vogelschützer schwimmende Holzplateaus, auf denen die Greifvögel ihr Federkleid trocknen und wieder starten können.

Da der Habichtsadler an der Spitze der ökologischen Nahrungspyramide steht, hat er selbst keine Fressfeinde, wie Fiol erklärt. „Deshalb reicht die Population von 39 Paaren aus, um den Bestand dieser Art zu sichern.“