Trockenheit auf Mallorca: Bauern wissen nicht mehr, wie sie ihr Vieh durchbringen sollen

Die Landwirte auf der Insel kämpfen mit Ernteausfällen, müssen aber trotzdem ihre Tiere ernähren

Der Vorsitzende des Bauernverbandes Unió de Pagesos, Joan Gaià, auf einem Getreidefeld bei Sineu.

Der Vorsitzende des Bauernverbandes Unió de Pagesos, Joan Gaià, auf einem Getreidefeld bei Sineu. / Joan Frau

Wer wissen will, wie schlimm es um die Trockenheit auf den Feldern von Mallorca inzwischen steht, der muss nur Joan Gaià zuhören. Der Vorsitzende des Bauernverbandes Unió de Pagesos kniet auf einem staubtrockenen Feld mit Getreideanbau nahe Sineu und sagt: „Einige Bauern denken ernsthaft darüber nach, in diesem Jahr gar nicht zu säen. Das ist vorher noch nie passiert.“ Vor allem der Getreideanbau werde aufgrund des ausbleibenden Regens dezimiert. Gaià rechnet damit, dass Hunderte Hektar, auf denen bisher Weizen und andere Sorten angebaut wurden, in diesem Jahr erstmals verwaist sein werden.

Dabei versucht so mancher Landwirt nach den zwar wenig ergiebigen, aber immerhin endlich wieder einsetzenden Regenfällen in der ersten Januarhälfte nun doch noch Getreide anzupflanzen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und er ist kaum zu gewinnen. Die Regenfälle könnten die Versorgungsengpässe für das Nutzvieh nicht lösen, denn das frühe Grünfutter sei bereits vertrocknet, sagt Joan Company, der Präsident des Verbandes Asaja, in dem sich die größeren Landwirte zusammengeschlossen haben. Im Dezember fielen gerade einmal 8 Liter auf den Quadratmeter, 88 Prozent weniger als im Mittel.

Das Getreide, das trotz der schwierigen Bedingungen anschlägt, ist in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit deutlich weniger kräftig als gewöhnlich. Viele Triebe kommen gar nicht aus der Erde, und die, die es schaffen, sind dünner und kaum widerstandsfähig.

Der Vorsitzende des Bauernverbandes Unió de Pagesos, Joan Gaià, auf einem Getreidefeld bei Sineu. | FOTO: JOAN FRAU

Diese Mandelfelder bei Montuïri fielen unter anderem der Trockenheit zum Opfer. / DM

Ruf nach der Politik

Die beiden Bauernverbände haben die Balearen-Regierung nun in einem dringenden Appell aufgefordert, den für Dürre-Episoden vorgesehenen runden Tisch einzuberufen. „Die Leute sind extrem angespannt und wollen Antworten“, sagt Joan Gaià. Die Regierung müsse überlegen, wie sie die Bauern entschädige, die sich entschieden hätten, nichts anzupflanzen. „Wir werden finanzielle und wirtschaftliche Hilfen fordern“, erklärt Gaià. Ein Hektar Getreideanbau koste einen Landwirt rund 250 Euro, schätzt der Vorsitzende der Unió de Pagesos.

Dass es in den kommenden Jahren mehr regnen wird, daran glauben die Bauern angesichts des Klimawandels nicht. Deshalb müsse man das Problem „ganzheitlich betrachten“ und ebensolche Lösungen finden, findet Gaià. Ein paar Ideen hat er schon: „Vielleicht müssen wir auf Stoppelfeldern anpflanzen, mehr Tröpfchenbewässerung einplanen oder einen widerstandsfähigeren Weizen verwenden, der auch mit höheren Temperaturen gut zurechtkommt“, sagt er. Solche Strategieänderungen seien für manche Landwirte allerdings schwierig zu stemmen, vor allem für kleinere Familienbetriebe. Die größeren Betriebe, die moderner aufgestellt sind, stelle das vor weniger Anpassungsprobleme.

Keine Nahrung mehr für die Tiere

Joan Company ordnet ein, welche Ausmaße ein Wegfall von Getreide oder Grünfutter haben kann. Sollten diese Sorten nicht mehr zur Verfügung stehen, „was rund 70 Prozent dessen ausmacht, was wir auf Mallorca anbauen“, dann gebe es schlicht und einfach keine Nahrung für die Tiere. „Das Grünfutter, das im September und Oktober angepflanzt wird, ist vertrocknet. Die Bauern geben ihren Tieren schon seit Längerem von den Strohballen, die eigentlich für den Winter reserviert sind“, warnt Company. Und beim derzeitigen Verbrauch werde bei 90 Prozent der Betriebe im Februar Schluss sein mit dem Stroh.

Auch im lokalen Handel sei das Futter knapp, denn „die Landwirte heben das wenige, das sie haben, für ihre Tiere auf, statt es zu verkaufen“, sagt Joan Gaià. Sollte sich nicht etwas dramatisch an der Situation ändern, müssten die Bauern Stroh und Getreide importieren – und die hohen Preise zahlen, die derzeit auf dem Weltmarkt dafür abgerufen werden, speziell aufgrund des Krieges in der Ukraine. Die Folge werde sein, dass die Landwirte ihre Bestände verkleinern müssten, um durch den Winter zu kommen. Dieser Trend ist auf Mallorca nicht neu: Laut Schätzungen von Joan Company hat Mallorca in den vergangenen 30 Jahren bereits 20.000 Schafe verloren. Und ohne sie sei die Landschaft nicht im selben Zustand wie mit ihnen, betont Joan Company.

Furcht vor dem Frost

Indes haben die Weinreben aufgrund der milden Temperaturen vielerorts bereits wieder ausgetrieben. „Das ist gefährlich, denn es können noch Frostnächte kommen, die die Triebe abtöten“, warnt Joan Gaià. Anfang der Woche sank das Thermometer dann tatsächlich örtlich unter die 0-Grad-Marke. In Verbindung mit der Trockenheit keine günstige Ausgangsposition: „Ohne Regen hat der Weinstock keine Reserven“, erklärt Mireia Majoral von der Bodega Can Majoral in Algaida. Die Brunnen müssten nun als Wasserspender herhalten.

So sie denn überhaupt einigermaßen gefüllt sind: Viele Brunnen sind nach Wochen ohne Niederschläge weitgehend ausgetrocknet. Besonders dramatisch stellt sich die Situation rund um Sa Pobla dar. Dort befinden sich die Wasserreservoirs auf dem gleichen Stand wie im Sommer oder gar darunter. Ausgerechnet in dieser Region wird ein großer Teil des einheimischen Gemüses angebaut.

Bauern hadern mit Wasserverbrauch der Urlauber

Schäden verursacht die Trockenheit auch auf den Mandelfeldern. Auf der Finca Son Costa Nou zwischen Montuïri und Sant Joan haben die Eigentümer 800 Mandelbäume gefällt. Die 80 bis 90 Jahre alten Bäume seien schon zuvor geschwächt gewesen, die Trockenheit aber habe ihnen den Rest gegeben.

Noch aus einem anderen Grund hadern die Bauern mit der Trockenheit: Joan Gaià ärgert sich darüber, dass es vor allem die Urlauber sind, die mit Beginn der Saison große Mengen Wasser verbrauchen. Dort verliere die Insel sehr viel Wasser, nicht in der Landwirtschaft. Das Problem sei „nicht das Wasser, das die Bauern aus der Erde holen und das nach dem Gießen wieder dorthin zurückgeht, sondern das Wasser, das von der Tourismusbranche abgezweigt wird und das dann, einmal geklärt, ins Meer fließt.“

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