Die Eier am Strand Can Pere Antoni gehören zu einer Unechten Karettschildkröte (span. tortuga boba, lat. Caretta caretta). Obwohl als gefährdet eingestuft, ist diese Art die häufigste unter den Meeresschildkröten im Mittelmeer. Es sind große Tiere: Ihr rotbrauner Panzer ist bis zu 120 Zentimeter lang, eine erwachsene Karettschildkröte wiegt ganze 110 Kilo. Wie alt sie werden, ist selbst Wissenschaftlern unklar. Manche schätzen 60 Jahre, andere 80.

Im Meer vor Mallorca leben die Tiere seit Menschengedenken. Dass ein Exemplar sich dazu entschlossen hat, hier Eier am Strand abzulegen, ist dennoch eine Sensation. Denn normalerweise kriechen Meeresschildkröten immer dort an Land, wo sie geboren wurden: im östlichen Mittelmeer an Stränden der Küsten Griechenlands, Zyperns und der Süd-Türkei. Oder aber auch an der Atlantikküste der Kapverden oder Floridas. Ihrem Geburtsstrand sind sie eigentlich bis an ihr Lebensende bei jeder Eiablage treu.

An vielen der angestammten Strände ist die Eiablage jedoch rückläufig. Außerdem ist das Gleichgewicht der Art aus den Fugen geraten: Denn bei niedrigeren Temperaturen schlüpfen eher Männchen, bei höheren Temperaturen eher Weibchen. Weil der Klimawandel zu immer heißeren Sommern und damit auch zu wärmerem Sand führt, schlüpfen oftmals zu viele Weibchen. Wahrscheinlich ist das der Grund, weswegen Karettschildkröten aktuell immer wieder an neuen Stränden ihre Eier ablegen. Wobei Wissenschaftler nicht sicher sind, woher die Tiere wissen, dass sie kühlere Orte aufsuchen müssen.

Schildkröten ernähren sich von Quallen

Fakt ist: An mehreren Stränden Spaniens gab es in den vergangenen Jahren Eiablagen von Meeresschildkröten. Darunter zwei auf Ibiza und drei auf Menorca. Mallorca stand bis vergangene Woche noch aus. Und auch hier könnte es bald zu einer zweiten Eiablage kommen, denn oft legen Karettschildkröten nach zwei Wochen ein weiteres Nest unweit vom ersten.

Das erste Foto der Meeresschildkröte auf Mallorca Alans Medina

Die Unechte Karettschildkröte wurde lange wegen ihrer Eier, ihres Fleisches und ihres Fettes gejagt. Heute geht die größte Gefahr von Schleppnetzen aus, in denen sich die Tiere verfangen. Und von Plastiktüten, die die Schildkröten irrtümlich für Nahrung halten. Erst am Montag (12.6.) suchte die Stiftung Palma Aquarium nach einer verletzten Meeresschildkröte zwischen Sa Calobra und Cala Sant Vicenç.

Dabei finden die Tiere vor Mallorca genug zu essen: Neben Kopffüßern, Seeigeln, kleinen Fischen und Krustentieren ernähren sich die Schildkröten von Quallen, von denen es rund um die Balearen bekanntlich einige gibt.