Mallorca Zeitung

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Eine Nonne auf Mallorca ist TikTok-Star

Xiskya Valladares ist Ordensschwester, Journalistin, Internet-Missionarin, Synoden-Mitglied – und Tiktok-Star. Wofür Papst Franziskus sie bestellt hat und was sie in Palma zukünftigen Journalisten beibringt

Ordensschwester Xiskya Valladares mit einer ihrer Unterrichtsutensilien. Nele Bendgens

Eine Nonne als Social-Media-Berühmtheit. Klingt konträr, doch Glaube kennt keine Grenzen. Ob Twitter, Instagram, Linkedin oder Tiktok: Die Welt will lesen, sehen und hören, was Xiskya Valladares zu sagen hat. Die aus León in Nicaragua stammende Nonne des Ordens Pureza de María lebt und unterrichtet als Dozentin in Palma und begeistert ihre Fan-Gemeinde mit ihren Videos. In Zahlen heißt das: 770.000 Follower auf Tiktok. Zum Vergleich: Tennis-Star Rafael Nadal hat im Dezember 2023 nur 95.000.

Außerdem folgen Valladares 77.500 Menschen auf X (ehemals Twitter), 44.000 bei Instagram, und mehr als 2.000 abonnieren ihre Beiträge auf Linkedin. Als „Twitter-Nonne“ ist sie bekannt für ihre authentischen Beiträge, die auch auf dem offiziellen Account des Vatikan geteilt werden. Für die Social-Media-Fachfrau, die an der kirchlichen Hochschule CESAG, einer Außenstelle der Päpstlichen Universität Comillas in Madrid unterrichtet, ist das quasi gelebter Berufsalltag.

Einblick in den Alltag als Nonne

Die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin hat in Barcelona Spanische Sprachwissenschaft und in Madrid Journalismus studiert und auch drei Jahre für die konservative Tageszeitung „El Mundo“ als Redakteurin gearbeitet. Heute ist sie an der kleinen Hochschule mitten in einem Wohngebiet im Stadtteil Son Rapinya für ihren lebhaften Unterricht sowie ihre Internet-Expertise bekannt. Sie lebt im selben Gebäude mit vier weiteren Ordensschwestern zusammen, die aus Nicaragua, vom spanischen Festland und von Mallorca stammen. In ihren Videos gibt sie Einblick in ihren Alltag als Nonne und als Lehrkraft inmitten ihrer jungen Studenten. Der Tag beginnt mit einem Frühstück, dessen Zubereitung sie ebenso mit ihren Followern teilt wie die Vorher-Nachher-Ansichten beim Hausputz in der Wohngemeinschaft. Als die MZ sie in der Cafeteria der Hochschule trifft, sitzt sie in ihrer beigen Tracht mit Gewand und Schleier inmitten der Heranwachsenden, die in Sporthose und ärmellosem T-Shirt in Gruppen ihr Mittagessen einnehmen. Neben Journalismus und Pädagogik wird hier auch Sport studiert. Sich zur katholische Kirche zu bekennen ist keine Zugangsvoraussetzung.

Follower befragen sie auch zum Thema Homosexualität

„Ich nutze Social Media, um mein Leben zu zeigen und möglichst vielen Menschen Religion näherzubringen“, sagt Valladares. „Viele kennen das Leben einer Nonne nicht und sind schockiert, dass wir ganz normal wie jeder andere Mensch frühstücken.“ Ihre Follower würden sie zu allen möglichen Themen des Katholizismus befragen. Etwa: Wie finde ich zu Gott? Oder: Kann ich mit einem Gebet Entschleunigung in der heutigen Welt finden und Antworten in mir selbst finden? Auch das Thema Homosexualität komme häufig vor. Menschen, die aufgrund ihrer Homosexualität und eines Outings Probleme mit ihrer Familie hätten, wendeten sich an sie und suchten spirituellen Beistand. Die spanische Kirche hat sie für die Thematisierung der Homosexualität bereits kritisiert. „Für viele Kirchenoberen ist Homosexualität eine Sünde“, sagt Valladares. „Ich persönlich denke, wir sollten akzeptieren, wenn jemand anders denkt oder liebt.

Valladares gehört zu den Erneuerern der Kirche. Papst Franziskus ließ ihr dieses Jahr eine besondere Ehre zuteil werden und ernannte die 54-Jährige zum Mitglied der laufenden Bischofssynode, als einzige Vertreterin der Balearen. Die Versammlung der Bischöfe aus der ganzen Welt kommt zu bestimmten Anlässen zusammen, um die Beziehungen zwischen dem Vatikan und den Bistümern zu stärken und kirchliche Themen zu überprüfen. Valladares vertritt sozusagen die digitale Kirche und kann bei den Treffen bis Ende 2024 ihre Themen einbringen. Im Oktober war sie bereits für eine dreiwöchige Versammlung im Vatikan. Es ist die erste Bischofssynode, an der Frauen stimmberechtigt teilnehmen. Auch wenn sie mit 52 von 363 Mitgliedern nur 14 Prozent der Versammlung stellten: für die Ordensschwester ein gutes Zeichen.

Kreis von digitalen Missionaren

Nach dem Unterricht am Vormittag stehen einige Sitzungen an. Die Nicaraguanerin engagiert sich in gleich mehreren Projekten, will die Stimme der Frauen in der Kirche stärken und setzt sich als Mitgründerin der Vereinigung Imisió für die Evangelisierung des Internets ein. Die Mitglieder bezeichnen sich als „digitale Missionare“. „Wir arbeiten gerade an einem Projekt, deshalb besteht mein Tag aus vielen Besprechungen, allein heute habe ich drei Zoom-Calls“, sagt Valladares.

Die Tochter eines Kardiologen und einer Anwältin lebt bereits seit 32 Jahren in Spanien. Den Kontakt zur alten Heimat und ihren Freunden hält sie aufrecht, immer wieder prangert sie in ihren Beiträgen auch die Entwicklung Nicaraguas in Richtung Diktatur an. Auf Mallorca habe sie eine einzigartige Kombination aus dem Leben in der Glaubensgemeinschaft in Verbindung mit ihrem Beruf gefunden. Sorgen um den Journalismus in Spanien mache sie sich dennoch. Eigenständige Verlage verschwänden, eine zunehmende Polarisierung im Internet führe zu mehr Manipulation. „Als Stimme der Demokratie müssen Journalisten gegen Polemik und Falschinformation vorgehen“, sagt sie.

Journalistin bringt bei, was eine gute Botschaft ausmacht

Bis zum Abend setzt sich ihr Tag mit Seminaren fort. Am CESAG unterrichtet die Journalistin unter anderem „Community Management“. Ihre Studierenden erlernen darin, wie man mit einem Social-Media-Plan erfolgreich andere Menschen an Unternehmen und Informationsquellen „bindet“. Valladares, die neben Spanisch auch Französisch und Italienisch spricht, weiß aus eigener Erfahrung, was Wort und Bild bewirken können. Neben einer Drohne kommen dabei dieser Tage auch Spielzeugautos wie ein kleiner weißer Geländewagen zum Einsatz, der von den Studierenden im Fach Fotografie bestmöglich in Szene gesetzt werden soll. „Mein Unterricht ist immer sehr interaktiv und praktisch“, sagt Xiskya Valladares. Ein Grundsatz ist ihr dabei besonders wichtig: „Jede Botschaft muss auch einen Wert für die Nutzer haben.“

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