Die Redewendung los experimentos con gaseosa, wörtlich übersetzt „die Experimente mit Limonade“, verwenden Spanier dann, wenn sie lieber auf Altbewährtes zurückgreifen. Statt eine neue Partei zu wählen, bleibt man bei der Volkspartei. Statt Geld in einen Fonds zu investieren, kommt es auf das Sparbuch. Experimentieren sollte man bitte nur mit unwichtigen Dingen wie Limonade. Das Weingut Can Vidalet bei Pollença hält sich nicht daran – und experimentiert stattdessen mit Wein.

Das hat viel mit der 38-jährigen Elisabet Fuentes zu tun. Die Frau mit modischem Kurzhaarschnitt und schiefem Pony ist Önologin bei Can Vidalet und stammt aus Cádiz. Zwischen den 700-Liter-Fässern aus französischer Eiche in der Kellerei sieht sie noch zierlicher aus, als sie sowieso schon ist. Sie ist der kreative Kopf hinter so manchem Experiment hier. So war es etwa ihre Idee, Portwein zu machen. 230 Flaschen weißen und 500 Flaschen roten Port bringt Can Vidalet jetzt jährlich auf den Markt. „Diese Projekte sind es, die mir am meisten Spaß machen“, sagt Fuentes.

Can Vidalet auf Mallorca: Wein aus dem Meer

Ihr aktuell originellstes Experiment sind die Barros de Cecili. Dafür gären und lagern Trauben der heimischen Rebsorte Prensal Blanc insgesamt elf Monate lang in einem 1.000 Liter fassenden Tongefäß. 700 Liter Wein werden danach in Flaschen abgefüllt, die frühestens nach neun weiteren Monaten verkauft werden. Die anderen 300 Liter kommen in Amphoren und werden neun Monate im Mittelmeer gelagert.

Wein in Amphoren im Meer zu versenken ist alles andere als die sichere und übliche Art, Getränke herzustellen. „Wir sind hier alle etwas verrückt“, sagt Fuentes lachend. Allerdings haben solche extravaganten Sondereditionen natürlich auch ihren Preis. Während die normalen Flaschen Barros de Cecili für 16 Euro verkauft werden, kostet eine Meer-Amphore 125 Euro. Projekte wie der Meeres-Wein geben Fuentes zum einen die Chance, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, zum anderen helfen sie dem kleinen Weingut in einem Meer an Weingütern auf dieser Insel herauszustechen. Das eigentliche Geschäft von Can Vidalet besteht aber aus den üblichen Rot- und Weißweinen zu verträglicheren Preisen mit jungen Weinen für zwölf Euro und im Fass gelagerten Weinen für 15 Euro. Davon werden jährlich rund 40.000 Flaschen produziert.

Das Weingut Can Vidalet bei Pollença verkauft Weinamphoren, die neun Monate lang im Meer gelagert wurden. Nele Bendgens

Can Vidalet baut bereits seit 1996 Weine an. Der Besitzer ist der Hamburger Unternehmer Thomas J. C. Matzen, der sich aber in den laufenden Betrieb nur wenig einmischt. Verkaufen muss die Flaschen, die sich Fuentes überlegt, der argentinische Sommelier Federico Oddino. Er führt die MZ über das Weingut. Mit weitem Blick über die Felder bis zum Puig de Maria auf der einen Seite und Pollença auf der anderen ist der Ausblick beeindruckend. In einem kleinen Garten werden Kräuter für Can Vidalets Gin „Once“ angebaut, es riecht nach Lavendel und Rosmarin. Dann geht es weiter zu einem Weinfeld mit weißen Steinen, die das Licht der Sonne reflektieren. „Diese Weintrauben reifen durch die von den Steinen verstärkte Sonne immer als Erstes“, sagt Oddino. Er schwärmt von den Böden der Gegend, die den Weinen einen sehr mineralischen Geschmack gäben.

MZ-Weinexperte Wolf Wilder empfiehlt den "Blanc de Negres 2021" von Can Vidalet

Auf zehn Hektar sind zum einen heimische Rebsorten wie Prensal, Giró Ros, Callet und Gorgollassa angebaut, zum anderen wachsen hier auch Moscatel, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Syrah, Merlot und Cabernet Sauvignon. Aktuell werden eineinhalb Hektar „fremder“ Trauben durch weitere heimische Rebsorten wie Es cursac und Esperó de Gall ersetzt. Fuentes ist eine Verfechterin der lokalen Rebsorten, die in den vergangenen Jahren allgemein immer mehr verwendet werden. Sie hofft, damit eine Menge neuer Experimente machen zu können.

In der weiten Produktpalette fällt eine Auswahl schwer, daher eine Nachfrage beim Experten: Vinos.de-Gründer Wolf Wilder schlägt den „Blanc de Negres 2021“ von Can Vidalet vor, gekeltert aus den roten Sorten Merlot, Syrah und Callet: „Der erste Sommertag wartet auf diesen besonderen, leichten Wein. Ein blasses Rosé im Glas mit herrlichen Aromen von Bergpfirsich und Aprikosen. Frische gepaart mit dezenten Fruchtaromen, schlankem, aber nicht schwachem Mittelbau“, beschreibt der MZ-Weinexperte. Er empfiehlt ihn zu sommerlichen Salaten (12 Euro ab Bodega).

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Besuch auf dem Weingut

Wer eine Weinverkostung mit oder ohne Tour über Weinfelder machen möchte, kann sich über www.canvidalet.com oder per Telefon unter 971-53 17 19 anmelden.

Adresse: Straße zwischen Alcúdia und Pollença (Ma-2201) bei Kilometer 4,85, 07460 Pollença.