Es ist heiß und staubig, obwohl es erst zehn Uhr morgens ist. Die Sonne scheint unerbittlich auf den Weg, der vom Hofladen der Biofinca Sa Teulera bei Manacor zu den Tomatenfeldern führt. Unser Begleiter, Andreu Adrover (30), ist mit der Besitzerfamilie Adrover nicht verwandt, arbeitet jedoch schon seit sieben Jahren auf deren Hof. Seit sechs Jahren ist er bei der Vereinigung lokaler Obst und Gemüsezüchter (Associació de Varietats Locals) aktiv, seit Kurzem auch deren Vorsitzender.

Die Bodendecker

Die Begegnung mit den ersten Tomatenstauden überrascht, denn der Boden des Feldes ist dicht mit Ästen und Blättern bedeckt, sie wirken wie ein großflächiger Bodendecker. Da drängt sich die Frage auf, warum die Stauden nicht auf Schilfstangen, den canyas, befestigt sind. „Es kostet viel Arbeitszeit, die Stangen aufzustellen, die Pflanzen festzubinden und die Triebe auszugeizen“, sagt Adrover. Das alles ist bei den sich am Boden ausbreitenden Pflanzen nicht nötig. In Sa Teulera kaufe man die Samen dieser Sorte im Winter, ein Züchter mit Biozertifikat liefere die Setzlinge, die dann im Frühjahr in die Erde kommen. Und jetzt liegen unter dem Blattwerk versteckt Tomaten in verschiedenem Reifestadium. Die roten unter ihnen verströmen in der Wärme einen intensiven, köstlichen Duft.

Lokale Tomaten

„Die Tomaten von Varietats Locals sind im Aroma unschlagbar, sie eignen sich gut für private Gemüsegärten oder für den Direktverkauf“, sagt Adrover. Allerdings hätten sie eine geringe Lagerfähigkeit, was die Vermarktung erschwert. Bei tomàtigues mit längerer Haltbarkeit gehe das Aroma meist zulasten einer geringeren Produktion, wie das Angebot in den großen Supermärkten beweise. Dort ordere man bei den Züchtern produktivere Sorten. Die Tomaten würden zudem geerntet, noch bevor sie reif sind. Andreu Adrover empfiehlt deshalb, möglichst in kleinen, lokalen Geschäften einzukaufen oder direkt bei den Landwirten. Jetzt geht er aber zunächst mit einem Korb auf das Feld und pflückt reife Früchte von sechs verschiedenen Sorten und erklärt, wie sie in der Inselküche eingesetzt werden und einiges mehr.

Der Pfad zu dem Feld führt an abgeernteten Getreidefeldern vorbei, linker Hand stehen Schweine, die sich unter Bäumen im Schatten zusammendrängen. Adrover erklärt, dass die Stauden, die den Winter über in den Gewächshäusern von Sa Teulera Tomaten lieferten, ausgedient hätten. Jetzt beginne die Ernte der Tomaten, die in den vergangenen Wochen unter der intensiven Sonneneinstrahlung im Freien reif geworden sind.

Die Sorten

Die Samen der Ramallet-Tomate (tomate ramallet span., tomàtiga ramallet mall.) lieferte Varietats Locals. Ursprünglich wurde sie erst am Ende des Sommers geerntet und den ganzen Winter über gelagert. „Heute setzen wir die Zopftomaten früher“, sagt der Mallorquiner. Sie kann also schon jetzt auf das pa amb oli oder in die Saucen gerieben werden. Noch ist die Haut zart und rosa, erst am Sommerende wird sie dick und eher ungenießbar.

Die Ramallet-Tomate kann den Sommer über schon frisch auf das "pa amb oli" gerieben werden. Nele Bendgens

Die Ochsenherztomate (corazón de buey span., cor de bou kat.) schmeckt sehr süß und verfügt nur über einen geringen Säuregehalt. Mehrere Kammern liefern Fruchtfleisch und Saft, deshalb ist sie neben Zwiebel und Paprika wichtige Zutat für den mallorquinischen Sommersalat trampó.

Die Ochsenherztomate verfügt über sehr viel Fruchtzucker und wenig Säure. Nele Bendgens

Dafür sowie für andere Gerichte eignet sich auch die Salattomate (tomates para ensalada span., tomatiga ensalada mall.), die etwas mehr Säure als die Ochsenherztomate bildet. Sie war immer ein Allrounder, der auf die Teller kam, wenn die anderen Sorten noch nicht reif waren. Gab es zu viele davon, schnitt man sie in kleine Stückchen und kochte sie im Wasserbad ein.

Die Salattomate ist eine Allround-Zutat für die Küche, auch konserviert im Glas. Nele Bendgens

Auch die Eiertomate (tomate de pera span., tomàtiga de pera mall.) diente früher dazu, im Winter tomàtigues auf den Tisch zu bringen. Weil sie über viel Fruchtfleisch und wenig Saft verfügt, kochte man sie im Sommer zerkleinert oder als Ganzes ein. Man strich sie aber auch auf das pa amb oli, wenn die Ramallet-Tomaten noch nicht reif waren.

Die Rosa Tomate (tomate rosa span., tomàtige rosada mall.) kann riesige Exemplare bilden. Weil die Fruchtkammern in Scheiben interessante Strukturen zeigen, werden sie oft als Garnierung eingesetzt. Zudem heißt es, sie sei die ideale Tomate für den Gazpacho, bei dem allerdings vor allem die Fruchtreife zählt. Die Rosa Tomate ist arm an Säure, aber reich an Fruchtzucker, die Haut sehr empfindlich.

Die Rosa Tomate ist arm an Säure und umgeben von zarter Haut. Vorsicht beim Transport! Bendgens

Die Kirschtomaten (tomate cherry span., tomàtiga de cirera mall.) zählen nicht zu den klassischen Inseltomaten. Da sich die Produzenten nach den Kundenwünschen richten, darf diese Sorte, eine Kreuzung aus der wilden peruanischen Johannisbeertomate mit einer Kultursorte, aber nicht fehlen.

Kirschtomaten bilden im Freiland eine dickere Haut als diejenigen, die im Gewächshaus reifen. Nele Bendgens

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Auf dem Rückweg berichtet Adrover, dass der Arbeitstag auf Sa Teulera derzeit um sechs Uhr morgens beginnt. Es gäbe sehr viel zu tun, aber leider nur wenige kühle Stunden am Tag. Trotzdem werden täglich Kisten mit Tomaten ausgeliefert. Gekühlt werden sie auf dem Transport nicht, denn künstliche Kühlung ist Gift für das Aroma der Tomaten. Zu Hause lagern sie am besten an einem kühlen, dunklen Ort, aber nicht im Kühlschrank.

Verkaufspunkte: ecosateulera.com