Zwei Senioren wagen einen Neuanfang: Durch einen glücklichen Zufall konnten Elisabeth Wohlwender und Gerd Rethage ein Haus mit 12.000 Quadratmetern ebener Gartenfläche nahe Biniali günstig mieten. Die beiden sind keine Unbekannten, schon vor gut 20 Jahren porträtierte die MZ ihren damaligen Garten, der zu einem Anwesen der Bankiersfamilie March gehörte. Dort hatten die beiden eine spektakuläre Sammlung verschiedener Sorten Englischer Rosen gepflanzt.

Noch einmal zusammen wohnen

Das Paar führte zu diesem Zeitpunkt ein Geschäft für Inneneinrichtung in Santa Maria del Camí. Dann kam die Finanzkrise, und sie mussten das Geschäft aufgeben. Wohlwender und Rethage trennten sich, er lebte und arbeitete fortan in der Schweiz. Sie blieb auf der Insel und legte weitere Gärten an. Im vorigen Jahr kam es dann zu der Idee, erneut ein Anwesen zu suchen, in dem sie gemeinsam wohnen und noch einmal zusammen einen Garten anlegen können. Heute ist Wohlwender in den 70ern, Rethage in den 80ern, ursprünglich stammt sie aus Lindau, er aus Bielefeld.

Statt wie früher Englische Rosen zu ziehen, betreiben sie nun ökologisch verträglichen Gemüseanbau und legen Beete mit mediterranen Gewächsen an, die zur Biodiversität auf der Insel beitragen.

Der Nachbar mäht die Wiese

„Bevor wir einzogen, war das hier eine Wildnis“, sagt Wohlwender. Ein benachbarter Landwirt pflügte anfangs gründlich. Seither kommt er regelmäßig mit dem Traktor und mäht die Wiese zwischen dem Nachbargrundstück und dem Hausgarten, wobei das Schnittgut als Mulch liegen bleibt. Die Wiese bietet beim MZ-Besuch Ende April mit blühenden Wildkräutern eine prächtige Farbskala. Weitere Sorten sollen im Winter ausgesät werden.

Die Wildwiese begrenzt eine Reihe mit Orangen-, Zitronen-, Granatapfel- und Aprikosenbäumen. Parallel dazu wachsen Oleander- und Pfeifenputzersträucher. Danach beginnt der Hausgarten, bei dem das Gras öfter geschnitten wird, Gerd Rethage ist hier gerade mit dem Rasenmäher unterwegs.

Gegen Austrocknen sind Kieselsteine ausgelegt, Nährstoffe liefert Pflanzenkohle. Nele Bendgens

Das Gemüsebeet

Elisabeth Wohlwender zeigt währenddessen den Hausgarten: Hinter dem Gebäude wachsen Salat, Kohl und Sellerie auf einem Hügelbeet. Dafür entschied sich das Paar im Frühjahr, nachdem Wohlwender intensiv recherchiert hatte, wie Gemüse biodynamisch gedeihen kann. So erfuhr sie, dass ein Hügelbeet ein perfektes Mikroklima entwickelt, in dem die Pflanzenwurzeln aktiv mit den Mikroorganismen im Boden interagieren. Diese Symbiose fördert das Immunsystem der Pflanzen und macht sie stark gegen Schädlinge und Krankheiten. „Die Erde im Hügelbeet wird sich im Lauf der Zeit in reinen Humus verwandeln, der dauerhaft die Pflanzen versorgt“, erklärt Wohlwender. Gegen die gefräßigen Schnecken am Kohl habe sie aber noch kein Mittel gefunden.

Dann erläutert Wohlwender den Bau des Beets: Zuerst hoben die beiden spatentief eine Grube in ovaler Form von etwa 1,25 Meter aus. Diese füllten sie mit groben Ästen und Pflanzenresten auf. Die konische Form des Beetes entstand durch weitere Erdschichten: Schnittgut, mit veganem, unreifem Kompost bedeckt, der von einem Haufen im Garten stammt, und darauf die Erde des Aushubs. Für die oberste Schicht kauften die beiden besten, reifen Kompost hinzu.

In dem Gemüsebeet wachsen Salat, Kohl und Sellerie. Nele Bendgens

Mediterrane Vielfalt

Neben der Terrasse am Haus bepflanzten Wohlwender und Rethage ein 30 Quadratmeter großes Beet mit Gewächsen, die dafür bekannt sind, das mediterrane Klima zu vertragen, einige von ihnen sind sehr blühfreudig. Für die Pflanzen hoben sie etwa 30 Zentimeter tiefe Gruben aus und mischten danach ein Drittel des Aushubvolumens an Pflanzenkohle (Biochar) unter die Erde. Die Flächen zwischen den Stauden legten die zuoberst mit weißen Kieselsteinen aus – sie schützen vor Feuchtigkeitsverlust. Wohlwender und Rethage wässern sparsam und ganz altmodisch mit der Gießkanne.

Zum alten Baumbestand im Hausgarten zählt ein Peruanischer Pfefferbaum (Schinus terebinthifolia). Seine gefiedert-zarten Blätter spenden im Sommer Schatten. Auch die Aloe mariothii, deren Blattwerk mit aggressiven Dornen besetzt ist, stand schon da, als das Paar einzog, wie auch die einheimische Zwergpalme (Chamaerops humilis) und die Fächerpalme (Washingtonia robusta).

Diese Pflanzen haben schon viele Umzüge erlebt

Zu Füßen der hohen Gewächse recken zwei Reihen Lavendel (Lavandula dentata) ihre Blüten in die Höhe. Zwischen den Pflanzreihen wachsen die Polster der Reisblume (Pimelea rosea), in Kürze werden sich an den Spitze der Ästchen rosafarbene Blüten bilden. Mittendrin wächst noch eine Bananenstaude (Musa basjoo). Am Rand der Terrasse gedeihen in Terrakottatöpfen Bougainvilleen und andere Blüher, die Wohlwender schon seit Jahrzehnten liebevoll pflegt und von Garten zu Garten mitgeschleppt hat. Etwas weiter entfernt hat eine Kokospalme (Cocos nucifera) genügend Sonne, um in die Höhe zu wachsen.

Schwere Arbeit?

Rethage hat jetzt den Rasenmäher verstaut und nimmt gut gelaunt einen Spaten in die Hand. Auf die Frage, ob ihm die Arbeit im Garten nicht manchmal zu viel wird, antwortet er: Wenn man 60 Jahre als Selbstständiger gearbeitet hätte, könne man sich nicht wirklich zur Ruhe setzen. Die Arbeit an der frischen Luft tue ihm gut, durch die körperliche Anstrengung setze er kein Fett an, und obendrein schlafe er nachts bestens. Sogar ein Mittagsschlaf wäre drin, sagt er, und fügt noch hinzu: „Aber jetzt gibt erst einmal einen Apéro.“